Auch die Menschen, die uns unterhalten, sind essenzielles Personal
Georg Leyrer
27.01.22, 18:00Erstaunlich wenig von dem, was uns die Pandemie über uns lehrt, wollten wir wirklich wissen: Wir haben den Kopf und das Herz voll mit dem Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit, mit Streit und Gereiztheit. Und mit diesem eigenartigen Schrecken, dass Menschen, die man mag, plötzlich in unverständliche Meinungen hineinverschwinden.
Etwas Positives, Wertvolles wird sich jedoch aus der Corona-Zeit mitnehmen lassen: eine neu aufgeflammte Bewunderung und Dankbarkeit für jene Menschen im Fernsehen und im Kino und auf den Bühnen, die es schaffen, uns zu unterhalten.
Das klingt leicht. Und sich unterhalten zu lassen wird in einfachen Zeiten gerne als Nebensache oder gar als Schwäche abgetan. Man könnte doch stattdessen Gewichtigeres oder Wichtigeres tun. Oder zumindest jene Form von Hochkultur konsumieren, die alles andere als unterhaltsam ist. Aber welchen Wert das reuefrei Lustige, freundlich Kantenfreie oder lustvoll Klamaukige hat, all das eben, das das Zuseherherz mit Freude und Leichtigkeit erfreut, das führt man sich im Normalfall viel zu wenig vor Augen.
Nun wurde es uns allen von außen vor Augen geführt. Wie nämlich sollten wir die Pandemie überstehen ohne jene Art von Kultur, die sich nicht aufplustern und in den Weg stellen muss, sondern den Zuseher emotional umarmt – und dieser vor Schwere platzenden Welt da draußen für einige Viertelstunden die Schärfe nimmt?
Der Anlass für dieses Loblied auf die Unterhaltung ist natürlich ein trauriger: Zwei herausragende Vertreter des Genres, TV-Produzentenlegende Karl Spiehs und Schauspieler Ernst Stankovski, sind jüngst gestorben. Sie stehen exemplarisch für die Freude am Leichten: Spiehs produzierte wunderbaren Nonsens mit den „Supernasen“ und Hits wie das "Schloss am Wörthersee" (siehe Hauptbild des Artikels). Er brachte „die Kritiker zum Weinen und das Publikum zum Lachen“, sagte Thomas Gottschalk einmal.
Stankovski bleibt nicht nur mit „Erkennen Sie die Melodie“ in Erinnerung.
Beide reihen sich ein in eine lange Kette jener Menschen, die die hohe Kunst des vermeintlich Trivialen beherrschten und beherrschen: von Peter Alexander über Franz Antel und, ja, Rosamunde Pilcher bis hin zur wirklich wunderbar positiven Serie „Ted Lasso“ auf Apple TV+.
Von den Operetten- und Schlagerkomponisten bis hin zum Pop und zurück zum Schlager.
Man darf es nicht kleinreden: Diese Menschen haben für das Zusammenleben genauso viel getan wie die Politik und die Wirtschaft. Sie haben die Menschen zusammengebracht, miteinander und über sich selbst lachen lassen. Und das Traurige, das ja immer bei allem mitschwingt, so klein gemacht, dass es beherrschbar ist.
Sie sind derzeit so wichtig für unser aller Wohl wie schon lange nicht mehr. Und man müsste ihnen dafür viel öfter Danke sagen.
Kommentare