Sage nein. Und sage ja - zu dir

Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Sexualisierte Diskriminierung hat viele Gesichter und Facetten, das ist wichtig, zu unterscheiden.

von Gabriele Kuhn

zur "Alltagssexismus-Debatte".

Wer sich dazu entscheidet, eine Sexkolumne zu schreiben, muss vorher wissen, dass da was kommen wird.

Anzügliche eMails (gelinde gesagt), anzügliche Blicke, Nachfragen ("Sind Sie so wie Sie schreiben?"), Fotos, Witze, schmutziges Lachen. Ich mache das, weil ich weiß, wer ich bin. Und wann meine Grenze erreicht ist. Das gilt/galt auch für mein Leben. Ich komme aus Verhältnissen, wo es nicht gerade zimperlich zugegangen ist, Grenzüberschreitungen habe ich als Kind und Jugendliche nicht nur beobachtet, sondern auch (hautnah) erlebt. Und dabei spreche ich nicht nur von "Sexismus im Alltag", sondern von einem konkreten Eindringen in meine Intimsphäre.

Einschub: Sexualisierte Diskriminierung hat viele Gesichter und Facetten, das ist wichtig, zu unterscheiden. Sie beginnt beim angeblich so coolen Spruch und endet - über Anstarren, zufällige Berührungen - beim konkreten sexuellen Übergriff. Wer was als Demütigung empfindet, wird individuell entschieden werden müssen. Aber jeder Mensch hat das Recht, sich gegen jede Form von Grenzverletzung zu wehren. Es kommt natürlich auch auf den Kontext an - es ist ein Unterschied, ob mir ein Mann auf meinen Oberschenkel greift, wenn ich mit ihm seit zwei Stunden in einer Bar sitze, ihm signalisiere, dass er mir gefällt, mit ihm flirte, ihn ermutige, ihn eigentlich will. Oder mir jemand, den ich gerade Mal 10 Minuten kenne, blöd mit einer Berührung kommt, die absolut unangebracht ist. Was mir ganz sicher nicht gefällt: Männer unter Generalverdacht zu stellen. Dies schadet nur der Diskussion.

So.

Aber was tun? Für mich persönlich (und bitte nur für mich!!!) ist die eigene Ermächtigung eine wichtige Facette rund um dieses Thema. Noch einmal - ich spreche hier ganz konkret von den klassischen Formen des Alltagssexismus in Form von Witzchen und Anspielungen. Für mich ist diesbezüglich klar, dass ich mich ermächtigen muss, die Wahl zu haben, was und wen ich wie sehr an mich ranlasse und was nicht. Diese Macht muss ich in mir spüren. Sie macht micht stark und groß und konkret. Ich habe also die Macht nein zu sagen, mich in der Sekunde zu wehren, erhobenen Hauptes ungeduldig zu werden, oder durch einen Gegenwitz das Niveau des Gegenübers sarkastisch zu entlarven. Das gibt mir eine Form von Spielraum, den ich Freiheit nenne. Eine Freiheit, die mir, nur mir gehört. Und Freiheit war für mich immer schon ein sehr zentrales Thema.

Wie gesagt - ich habe auf diesem Sektor schon sehr früh sehr viel erlebt. Und daraus gelernt: Vor allem, dass ich kein Mitleid will, dass ich kein Opfer sein möchte. Dass ich es in der Hand habe, mich zu wehren, stopp zu sagen, mein Gegenüber mit meinen Waffen zu schlagen. Ich habe mich nie klein machen lassen und werde mich nicht klein machen lassen. Ganz im Gegenteil: Ich mache mich stark für mich.

Dies wäre übrigens ein wichtiger Aspekt, die Erziehung unserer Töchter betreffend (auch Burschen, übrigens. Wer glaubt, sie wären ausschließlich die Täter, lügt). Wir müssen Ihnen sagen mach dich nicht klein, lass dich durch die Gedanken anderer Menschen nicht klein machen, bleib bei dir. Denn in dir findest du den Platz, der sicher ist. Hab den Mut dem, der dich klein macht in die Augen zu sehen, und zeig ihm mit der ganzen Kraft deiner Seele, deines Blickes, deines Mensch-seins, dass er dir egal ist, dass seine Worte lächerlich und unbedeutend sind. Und dass sich dadurch an deiner Integrität nichts ändern wird, sich deine Welt weiterdreht und zwar mächtig. Sage nein. Und sage ja - zu dir.

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