Abschiebungen reichen nicht

Allein die nackten Zahlen zeigen, wie wichtig das Thema der ÖVP ist: Gleich acht Aussendungen (und damit wesentlich mehr als zu allen anderen innenpolitischen Themen) hat der türkise Generalsekretär Nico Marchetti in den vergangenen vier Wochen zum Thema Abschiebungen verschickt. Am gestrigen Dienstag gleich deren zwei, als es galt, die erste Abschiebung nach Afghanistan seit der Machtübernahme des Taliban-Regimes 2021 als großen Erfolg von Innenminister Gerhard Karner zu verkaufen.
Die Außerlandesbringung des verurteilten Sexualstraftäters, betont Marchetti, stelle einmal mehr den „konsequenten Asylkurs der Volkspartei unter Beweis“. Ähnlich die Tonart, als es zuletzt um die Wiederaufnahme von Abschiebungen nach Syrien und Somalia ging. Gerne verbunden mit dem gar nicht dezenten Hinweis darauf, dass der nunmehrige FPÖ-Chef Herbert Kickl als seinerzeitiger Innenminister nichts annähernd Vergleichbares zustande gebracht habe.
Ob man es besonders geschmackvoll findet, wenn zwei Parteien darüber streiten, wer härter gegen Flüchtlinge vorgeht und mehr Abschiebungen zu verantworten hat, muss jeder für sich entscheiden. Fakt ist jedenfalls, dass der „konsequente Asylkurs“ der ÖVP selbst bis dato nur wenig gebracht hat. Trotz des Stakkatos der „Erfolgsmeldungen“ auf diesem Gebiet deutet aktuell nichts darauf hin, dass die Bevölkerung der ÖVP beim Thema Migration mehr Kompetenz einräumt als der FPÖ. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: In den jüngsten Umfragen liegt die ÖVP auf einem Rekordtief. Womit die Nachfolger von Ex-Kanzler Sebastian Kurz endgültig daran gescheitert sind, dessen Erfolgsrezept zu kopieren und der FPÖ auf ihrem Kerngebiet das Wasser abzugraben.
Denn so alternativlos die Abschiebung von straffälligen Flüchtlingen auch ist, die großen Brocken im Bereich Migration bleiben weiterhin ungelöst. Es sind gleichzeitig jene, die die Bevölkerung am stärksten im Alltag wahrnimmt: die völlige Überforderung des Bildungswesens mit Kindern, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind; die mehr als mangelhafte Integration migrantischer Jugendlicher in den Arbeitsmarkt; die wachsenden Sicherheitsprobleme in bestimmten Vierteln heimischer Großstädte; und die unsichtbare Bedrohung durch islamistisch geprägten Terror, die spätestens seit der Bluttat von Villach selbst über beschaulichen Siedlungen auf dem flachen Land schwebt.
Einzelne Abschiebungen, ein Kopftuchverbot und ähnliche symbolische Maßnahmen ändern daran nichts. Die ÖVP würde gut daran tun, endlich auch hier einen konsequenten Kurs einzuschlagen.
Kommentare