Der Wiener Verein ist die einzige Anlaufstelle für dolmetscht-gestützte medizinische, psychologische und psychotherapeutische Betreuung von Folter- und Kriegsüberlebenden.
Denn Kriege hinterlassen oft Spuren, die besonderer und geschulter Betreuung bedürfen. Im Jahr 2021 erhielten bei Hemayat 1.271 Menschen insgesamt 15.936 Therapiestunden, um ihre Traumata zu überwinden. Die Klienten kamen dabei aus 50 verschiedenen Ländern. Menschen aus der Ukraine waren da wohl noch keine der dominanteren Gruppe. In Zukunft könnte das anders aussehen.
Belastend für alle
„Wir merken solche Ereignisse immer etwas zeitverzögert, da therapeutische Hilfe meist erst dann in Anspruch genommen wird, wenn Grundbedürfnisse wie Wohnen oder Arbeit schon abgedeckt sind. Zudem war die Situation bei den Menschen, die ganz am Anfang des Kriegs geflüchtet sind, noch relativ gut. Das ist jetzt anders. Es würde mich nicht wundern, wenn es bald losgeht“, sagt Rieckh. Bei Hemayat wurden daher schon die ersten Vorbereitungen getroffen. Es wurden russische und ukrainische Dolmetscher organisiert sowie die Anzahl an Psychologen und Psychiatern aufgestockt. „Wir stellen zudem fest, dass der Bedarf allgemein steigt“, sagt Rieckh.
Auch geflüchtete aus anderen Ländern stark betroffen
Grausame Kriegsvideos, täglich Nachrichten über Angriffe und Tote: Es sind Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen. Während das schon für Menschen ohne Kriegserfahrung schwierig ist, ist es für jene, die selbst solche Erfahrungen gemacht haben, nochmal schlimmer. Der Krieg in der Ukraine kann auch bei Geflüchteten aus anderen Regionen Erinnerungen wieder auferleben lassen und so sogar erneut Traumata auslösen. „Wir haben sehen, dass Klienten, die ihre Therapie schon lange abgeschlossen haben, nun wieder zu uns kommen müssen“, erzählt Rieckh. Besonders bemerkbar sei das bei Geflüchteten aus Tschetschenen. „Wir merken es zwar bei all unseren Klienten, aber bei Tschetschenen ganz besonders. Einfach weil das Szenario, das sich damals in Tschetschenien abgespielt hat, und jetzt in der Ukraine passiert, sehr ähnlich ist“, so Riekh. Diese Menschen dürften auch nicht vergessen werden.
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