Schönheitstourismus in die Türkei: Haartransplantation all-inclusive

Schönheitstourismus in die Türkei: Haartransplantation all-inclusive
Warum sich immer mehr Menschen aus europäischen Ländern in Istanbul ihre Nase richten oder Haare transplantieren lassen.

Man könnte fast meinen, sie gehören mittlerweile zum Stadtbild dazu. Ob man  nun der Hagia Sophia einen Besuch abstattet, auf dem Taksim-Platz bummelt oder in einem Einkaufszentrum shoppt. Wer in Istanbul ist, kommt an ihnen nicht vorbei: Menschen mit blauen Augenringen und einbandagierten Nasen. Oder Männer mit geröteten Köpfen und einem Stirnband. Das geschulte Auge weiß: Diese erholen sich gerade von einer Haartransplantation. 
 

Gesundheitstourismus, insbesondere jener für Schönheitsoperation und plastische Eingriffe, ist in der Türkei ein Multimilliardengeschäft. Im Jahr 2021 wurden auf diese Weise mehr als zwei Milliarden Dollar in das Land eingeführt. Für heuer werden fünf Milliarden prognostiziert

70 Prozent aus Europa

Nach Angaben des türkischen Gesundheitsministeriums wurden im vergangenen Jahr 718.164 Patienten aus dem Ausland registriert. Die am meisten bevorzugten Gesundheitsdienste sind neben künstlicher Befruchtung (IVF-Therapie) und Onkologie vor allem ästhetische Chirurgie, etwa Nasenkorrekturen (Rhinoplastik), und Haartransplantation. Laut den „Global Survey 2020 Reports“ der International Society of Aesthetic Surgery (ISAPS) war die Türkei eines der fünf Länder, in denen während der Pandemie weltweit die meisten plastischen Operationen durchgeführt wurden. Allein 2.000 Haartransplantationen finden täglich statt.

Patienten nach einer Haartransplantation in Istanbul am Taksim-Platz.

In Istanbul ein häufig anzutreffendes Bild: Vor allem Männer mit dem typischen Stirnband, das nach einer Haartransplantation getragen werden muss 

Dabei machen 25,8 Prozent des gesamten türkischen Chirurgie-Sektors  Patienten aus dem Ausland aus. 30 Prozent der Menschen, die die Türkei in diesen Bereichen bevorzugen, stammen aus arabischen Ländern. 70 Prozent entfallen auf Europa. Hier ist die Nachfrage vor allem aus Deutschland, England und Frankreich groß. 

Doch warum bevorzugen so viele Menschen gerade die Türkei für Schönheitsoperationen und Haartransplantationen? 

Großer Preiskampf

Die Branche rund um Schönheitseingriffe hat in der Türkei Tradition und ist seit Anfang der 2000er-Jahre stetig am Wachsen. Dementsprechend viele Anbieter gibt es. „Die Türkei verfügt über eine gut erfahrene Haartransplantationsbranche mit Hunderten von zertifizierten Kliniken. Das Gleiche gilt für plastische Operationen. Es wird auf ein Maß an medizinischem Fachwissen gesetzt“, betont   Regionalleiter Oğuz Can Şahin von  Acibadem. Mit jährlich 50.000 Patienten aus mehr als 100 Ländern  ist dieser Marktführer im türkischen Gesundheitstourismus und eine der größten privaten Krankenhausketten der Welt. 

Der ausschlaggebende Grund, für einen Schönheitseingriff die Türkei zu wählen,  dürfte jedoch der Preisfaktor sein. Mit mindestens 5.000 Euro muss man in Österreich oder Deutschland etwa für eine Haartransplantation rechnen. In der Türkei gibt es den Eingriff schon ab 2.000 Euro – inklusive Flughafentransfer, Übernachtung im Sternehotel und Dolmetscher. Nur der Flug ist selber zu buchen, werben viele Anbieter. Websites und Kontaktformulare auf Deutsch gehören zum Standard.  

Höhere Bereitschaft ins Ausland zu gehen

Möglich sind die  Preise durch niedrigere Lohn- und Lebenshaltungskosten. Ein starker Konkurrenz- und Preiskampf zwischen den  Kliniken kommt hinzu. 
Seit April hat der Anbieter Acibadem auch ein Büro in der Wiener Innenstadt. Denn auch in Österreich  steigt die Nachfrage und die Bereitschaft  für medizinische Anliegen ins Ausland gehen. Auch die Pandemie habe die Anfragen in die Höhe getrieben. „Wie erleben eine erhöhte Nachfrage, da viele die Patienten  gerade durch das Homeoffice flexibler geworden sind“, so  Şahin. Für den Heilungsprozess müsse man sich dadurch nicht mehr unbedingt Urlaub nehmen.  

Und er fügt hinzu: „Ein weiterer Faktor ist die vermehrte Online-Sichtbarkeit. Die Leute, die sich aufgrund langer Online-Meetings häufiger mit sich selbst konfrontiert sehen, kümmern sich mehr um ihre Attraktivität vor der Kamera.“

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