Taubenabschuss im Stadtzentrum: Wo man eine Plage immer noch mit Waffen löst

Zusammenfassung
- In Vukovar, Kroatien, wurde eine umstrittene Taubenabschussaktion durchgeführt, überwacht von Polizisten und genehmigt von den Behörden.
- Naturschutzorganisationen und Anwohner kritisieren die Praxis als grausam und ineffizient, da sie nicht auf Daten zur Taubenpopulation basiert.
- Die Stadt Vukovar hat eine Genehmigung zum Abschuss von 300 Tauben, was in der kriegsgeprägten Stadt als besonders sensibel angesehen wird.
In den sozialen Netzwerken geistert dieser Tage eine Aufnahme, die in Kroatien für viel Zündstoff sorgt. Darauf zu sehen ist ein Mann, der mitten in der Nacht im Zentrum der Kleinstadt Vukovar mit einem auf einem Auflagestativ sitzenden Gewehr nach oben schießt.
Sein Ziel sind die Tauben, die auf einem der Balkons im Häuserblock der Siedlung Olajnica stehen.
Polizisten überwachten die Abschuss-Aktion
Noch skurriler ist die Tatsache, dass seine Aktion auf einem Parkplatz in Anwesenheit von Polizisten stattfindet. Die zwei Beamten sind zwar auf der kurzen Aufnahme nicht zu sehen, ihre Anwesenheit wird aber nicht nur bloß vom Autor des Videos behauptet, sondern auch von der örtlichen Polizei bestätigt.
Die Aktion sei genehmigt und gesetzeskonform, heißt es in einer Stellungnahme. Hierbei würde es sich um ein gemeldetes Verfahren zur Säuberung von Vögeln handeln, die der Stadt Schaden zufügen. Der Abschuss von Tauben wurde also veranlasst. "Die Polizeidirektion Vukovar-Srijem hat die Entscheidung des Ministeriums für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei erhalten und im Interesse der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit des Menschen und ihres Guts durchgeführt. Bei der Umsetzung haben Polizeibeamte keine Widrigkeiten festgestellt", sagt die Polizei.
Entsetzt zeigte sich der Anrainer, der das Video auf der Plattform Facebook gepostet hatte. Unter dem Video schrieb er von einer "kompletten Niederlage unserer Gesellschaft, die moralisch inakzeptabel" sei. "Man muss kein Tierliebhaber sein, um sich davor zu grauen, dass jemand mit einem Gewehr auf den Straßen seiner Stadt umhergeht und Tiere abschießt. Einst tat man dasselbe mit Hunden und Katzen. Ich dachte, dass wir uns als Gesellschaft weiter- und nicht zurückentwickelt haben ...“, schrieb er.
"Große blutige Spuren"
Ein in der Nähe wohnender Facebook-Nutzer schrieb von mehreren toten Tauben, die man in der Früh sehen konnte. Es hätte noch mehr davon gegeben, jedoch hätten Katzen und andere Tiere die Kadaver verstreut. "Große blutige Spuren und ein blutüberströmter Gehweg zeugen von der Qual für die Tauben. Ich glaube, dass die Abschüsse jede oder fast Nacht stattfinden", schrieb der User.
Die Naturschutzorganisation "Biom" erklärte in einer Stellungnahme, dass sich dieser "sinnlose Akt" am 22. Jänner ereignet - und zwei Tage später ebenso in der Nacht ereignet hätte. Die Stadtbehörden informiert sie darüber, dass sie eine Genehmigung für den Abschuss von 300 Tauben hätten. "Dies deutet darauf hin, dass die Stadtbehörden in Vukovar diese sinnlose Praxis, wilde Vögel zu töten, weiter umsetzen wollen, was für jegliche Verurteilung wäre", heißt es von "Biom".
Die Organisation kritisierte das Landwirtschaftsministerium scharf. Dieses würde verbotene Maßnahmen für die Bekämpfung von Tierplagen umsetzen, die "grausam sind, sich als ineffizient erwiesen und nicht auf Daten zur Anzahl der Vögel in der Stadt basieren." Dass diese Praxis "nutzlos" sei, hätte das Beispiel Basel gezeigt.
"In den späten 1980er Jahren wollte man dort die Population von Tauben reduzieren, also tötete man 100.000 Tauben, senkte ihre Anzahl um 80 Prozent. Trotzdem hat sich die Taubenpopulation in ihrer anfänglichen Häufigkeit in nur einem Jahr erholt. Was die Anzahl der Tauben in der Stadt wirklich bestimmt, ist die Menge an Nahrung und die Anzahl der günstigen Orte zum Nest, die sich nicht ändert. Die Tauben können den größten Teil des Jahres nisten und werden getötet, indem sie tatsächlich eine Bevölkerung verjüngen, die einen neuen Wohnraum eröffnet und die sich genügend Nahrung erholt."
"Biom" wies schließlich daraufhin, dass die Einwohnerinnen und Einwohner Vukovars aufgrund des letzten Krieges zu Beginn der 1990er Jahre sehr sensibel seien. "Das Schießen mit Gewehren mitten in einer Stadt, die große Zerstörung im Krieg erlitten hat, ist inakzeptabel - insbesondere das Schießen auf die Taube des Friedens, deren Charakter eines der mächtigsten Symbole von Vukovar ist."
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