Dass ein Großteil der Wiener Jugend den Samstagabend nicht im Burgtheater verbringt, ist wohl kein Geheimnis. Ein Rezept, junge Leute doch für die Szene zu begeistern, hat womöglich Aladdin Gedik Jameel gefunden. Der im Irak geborene Comedian füllt Säle in Österreich, Deutschland und der Schweiz.
Mit seinem Programm will er nicht nur Menschen zum Lachen bringen, sondern auch seine Vergangenheit verarbeiten. Jameel erzählt gerne Geschichten aus seinem eigenen Leben und imitiert dabei die gängigen Akzente aus Wien. Mit dem KURIER sprach er über seinen Werdegang, die österreichische Comedy-Szene und darüber, was sein Programm ausmacht.
KURIER: Starten wir das Interview so, wie du oft Menschen in den Shows ansprichst: Wer sind Sie und was machen Sie?
Aladdin Gedik Jameel: Ich bin Aladdin Gedik Jameel, bin 31 Jahre alt und seit sechs Jahren Stand-up-Comedian.
Wie bist du Comedian geworden?
Freunde haben mich motiviert, es zu versuchen. Das wollte ich anfangs gar nicht. Ich habe mich nicht wohlgefühlt. Dann habe ich alle möglichen Jobs ausprobiert, aber war nie wirklich zufrieden. Ich habe mich dann gefragt „So, was mache ich jetzt?“ Das Einzige, was ich kann, ist lustig sein. Und dann bin ich zu einem Open Mic gegangen. Ich habe erzählt, wie ich in der Hauptschule meine drei besten Freunde kennengelernt habe. Dabei habe ich auch ihre Akzente nachgemacht. Es war Liebe auf den ersten Blick.
Und wieso gerade Stand-up-Comedy?
Für mich ist es die reinste Kunstform, die es gibt. Keine Verkleidung, keine Tänzer. Außerdem hat mich das klassische Kabarett hier in Österreich nie wirklich angesprochen, sondern immer ehermehr die Stand-up-Comedy Szene in Amerika. Es gab ein paar Migranten, die Comedy gemacht haben hier in Österreich, wie Jack Nuri, Mario Lucic, John Smile, Walid Azak oder Soso Mugiraneza. Das, was die machen, fand ich authentisch. Das spricht mich an, da lache ich.
In deinem Programm kommen oft Geschichten aus deinem eigenen Leben vor.
Ich fand Comedians, die aus ihrem eigenen Leben erzählen, immer witzig. Ich wollte aus dem eigenen Schmerz, aus den eigenen Erlebnissen, Comedy machen. Auf diese Weise kann ich mich auch selbst therapieren und so gewisse Dinge aus meinem Leben verarbeiten.
Die Grundlage deiner Comedy ist oft auch das Publikum. Geht das auch mal schief?
Da muss man schon ein Feingefühl dafür entwickeln, um Leute nicht zu verletzen. Ich merke oft durch ihre Körpersprache, ob sie sich wohlfühlen oder nicht. Dadurch lerne ich sie aber auch kennen und das fasziniert mich. Das neue Format basiert auch darauf, dass ich Menschen etwas kennenlerne und nicht nur einen Monolog führe.
Gibt es Themen, über die du nie Witze machen würdest?
Ich rede meistens über meine eigenen Erfahrungen. Das heißt, wenn ich es selber erlebt habe und dabei niemanden aufgrund der Sexualität, Ethnie oder Religion beleidige, finde ich, gibt es keine Grenzen.
Aber versuchst du mit deinem Programm eine gewisse Message rüberzubringen?Für mich ist es einfach eine Art Therapie. Auch, weil es mir Spaß macht. Und das Gefühl, wenn du das Publikum zum Lachen bringst, ist unbeschreiblich.
In deinen Shows imitierst du sehr häufig verschiedene Akzente. Welche Akzente machst du am liebsten nach?
Ich imitiere sehr gerne die typischen Ausländer “aus dem Park”. Wiener Proleten Slang mag ich auch gerne. Einfach das, was uns in Wien umgibt.
Du spielst sehr bewusst mit bestimmten Stereotypen und verwendest etwa auch Wörter wie „Kanake“ oder „Tschusch“. Wo ist da für dich die Grenze?
Wenn mich ein Österreicher Kanake nennt, kann man schon abwiegen, ob der nur cool sein möchte oder versucht, einen abzuwerten. Durch den Kleidungsstil, die Körpersprache und das Auftreten kann man das schon irgendwie herauslesen. Man spürt, wie das jemand meint. Es geht einfach um Realness.
Bei vielen anderen Shows kann man Menschen mit Migrationshintergrund an einer Hand abzählen. Bei dir ist das genau umgekehrt. Wie hast du das geschafft?
Weil sich viele in erster Linie mit meinen Geschichten identifizieren können, nicht nur Migranten. Bei anderen Shows haben sie das halt nicht, weil sie vielleicht den Zeitgeist nicht treffen.
In einem Interview meintest du mal, dass man als Migrant in Österreich oft in Schubladen gesteckt wird, aus denen man schwer wieder herauskommt. Denkst du das noch immer?
Der Kuchen ist einfach nicht so groß hier. Ich glaube auch, es braucht in Österreich etwas länger, bis die Leute checken, dass Migranten zur Gesellschaft dazugehören. Deinen Platz musst du dir hier erkämpfen. Das, was ich veranstalte, ist alles Selfmade. Mit den Locations bin ich selber in Kontakt. Und die Reichweite kommt über Instagram oder TikTok.
Hat deine Comedy ein Ablaufdatum?
Natürlich. Aber man entwickelt sich immer weiter. Ich mache jetzt auch nicht das, was ich vor vier Jahren gemacht habe. Das ist auch das Schöne, es entsteht immer etwas Neues.
Sie meintest mal, dass aus Comedians gute Schauspieler werden. Kannst du dir das auch vorstellen?
Das ist auch mein Ziel. Irgendwann möchte ich selber Filme drehen. Wir schreiben auch gerade an einem Drehbuch. Es sollen aber authentische Comedy-Filme werden. Natürlich wird die Stand-up-Comedy aber nie aufhören. Ich werde das machen, bis ich sterbe.
Kommentare