Von Fetzenhüten, Larven und Geldtaschen waschen: Faschingstraditionen im Salzkammergut
Im Salzkammergut wird die Faschingszeit und die damit verbundenen Traditionen bis heute hochgehalten. Seinen Ursprung nahm das Brauchtum mit der Faschingsrevolte im Jahre 1733, als die Salinenverwaltung 36 Gulden sparen wollte, indem den Arbeiter der dienstfreie Nachmittag am Faschingsdienstag bei voller Entlohnung gestrichen wird. Schon im Vorfeld gab es Einsparungsmaßnahmen, die anstandslos hingenommen wurden – nun wurde es den Beschäftigten in der Saline aber zu viel: Am Nachmittag des Faschingssamstags des Jahres 1733 verließen Hunderte von Arbeitern ihren Arbeitsplatz, um vor dem Amtshaus zu demonstrieren. Sobald der Salzamtmann Seeau in Gmunden von der Revolte hörte, sprach er das entscheidende Machtwort: Der Faschingsdienstagsnachmittag war wieder frei.
➤ Mehr lesen: Von Bällen und Umzügen: Faschingsbräuche in Österreich
➤ Mehr lesen: Das Imster Schemenlaufen
➤ Mehr lesen: Die wichtigsten Faschingsveranstaltungen in Österreich
➤ Mehr lesen: Der Glöcklerlauf in Ebensee
Fetzenzug in Ebensee
Seit 1900 wird der Fetzenzug in Ebensee dokumentiert. Über seinen Ursprung gibt es zwar zwei Versionen, über die allerdings nicht diskutiert wird. All jene die nicht wissen, dass die Arbeiter in Armut vertreten die Vorstellung, dass die Fetzen eine Persiflage auf die aristokratischen Besucher im Salzkammergut und deren Kurtisanenen darstellen, die hier ihre Sommerfrische verbrachten. Denn das Geld, sich eigene Kostüme zu leisten um sich über die Sommerfrischler lustig zu machen, war sicherlich nicht vorhanden. Am Faschingsmontag zog man sich stattdessen das „bessere“ Gewand an und schmückte es mit Fetzen.
Mit den als „Larven“ bezeichneten Masken unkenntlich gemacht und dem Verwenden einer Fistelstimme konnte man endlich alles loswerden, was man das ganze Jahr über verborgen hielt – ob Freunden, Nachbarn oder der Obrigkeit gegenüber. Der als „Austadeln“ bezeichnete Faschingsbrauch sorgte dafür, dass alle hierarchischen und gesellschaftlichen Grenzen – zumindest für einen Nachmittag – aufgehoben waren.
Als immanenter Bestandteil der Ebenseer Ortskultur, das als gelebtes Brauchtum von Generation zu Generation mündlich weitergegeben wird, wurde der Fetzenzug 2011 offiziell in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturguts aufgenommen.
Larven und Fetzenhüte
Die als „Larven“ bezeichneten Masken werden größtenteils aus Lindenholz geschnitzt und an ein aus Ebensee bekanntes Gesicht angepasst. Somit gibt es im Salzkammergut den Berufsstand des „Larvenschnitzers“ - und wenn ein solcher etwas auf sich hält, fertigt er die Masken auch nur für Einheimische an. Sie sind somit individuelle Einzelstücke und das Ergebnis eines Kennenlernprozesses, denn Larven, Gesicht und Identität müssen sich erst finden.
Besondere Kunstwerke sind die Fetzenhüte, die ganze Geschichten erzählen können. Entsprechend der Tradition des Vogelfangens im Salzkammergut, sind sie oftmals mit echten, ausgestopften Vögeln geschmückt.
Um Übergriffe zu vermeiden, wurde in den 1950ern dem Fetzenumzug am Faschingsmontag eine eigene Fetzenpolizei vorangestellt. Als Harlekin-ähnlich verkleidete Pritschenmeister verteilen sie Holzschläge, die gefürchtet sind. Auch Harlekin-Kinder sind schon dabei und führen gemeinsam mit der Blasmusik den Fetzenzug an, der um 15.00 Uhr beim Gasthof Neuhütte, unweit der Feuerkogel Talstation, beginnt. Dieser hat leider, wie viele andere Traditionsgasthöfe, nur mehr zu den Heiligen Tagen geöffnet – der Faschingsmontag ist so einer.
Hutzn, Fetzn, Lempm auf und nieda, hi und he, alles fährt nach Ebensee!
So schallt es durch die Langbathstraße, nachdem die Rindbacher aus dem Ortsteil Rindbach auf ihrem Wagen eingetroffen sind. Das war der Startschuss für den „Paraplui-Marsch“, der als eigentliche Nationalhymne der Ebenseer gilt. Der ganze Tross zieht nun an den Besuchern vorbei bis zum Rathaus. Dann verteilen sich die Fetzen in der örtlichen Gastronomie – und manche von ihnen tauchen erst wieder beim Fetzenverbrennen am Aschermittwoch wieder auf.
Fetzenverbrennen am Aschermittwoch
Am Aschermittwoch ist die närrische Zeit in Ebensee schließlich vorbei, wenn ein Leichenzug zur Einmündung des Langbathbaches in die Traun zieht. Ein überdimensional großer Fetzen wird hinter melancholischer Musik hinterhergezogen – Trauerstimmung liegt in der Luft. Aber das gehört in Ebensee einfach dazu.
Anschließend werden die Geldtaschen in der Traun gewaschen. Nun sind die Feiertage vorbei, alles Geld ist ausgegeben und man kann gereinigt ins neue Jahr starten.
Wer mehr über die Faschingsbräuche oder allgemein über gelebtes Brauchtum im winterlichen Salzkammergut erfahren möchte – dem legen wir das Buch „Winterzauber im Salzkammergut“ von Ilse Retzek ans Herz. In dem neu im Styria-Verlag erschienenen Buch stellt die Autorin ihr Heimatregion auf sehr authentische Weise vor: Seien es Schneeschuhwanderungen, Kulturerlebnisse oder eben auch Traditionen wie den Miglotag im Salzkammergut.
Die Faschingszeit im Salzkammergut ist voll von Traditionen und gelebtem Brauchtum!
Kommentare