Reise ins Morgen
Fahrerlose Autos gleiten geräuschlos durch die Stadt, Taxis werden von ihrem Zentralrechner auf die Minute genau zum Flughafen geschickt, um Reisende abzuholen, die vor nur 90 Minuten noch im sonnigen Sydney waren – und am Wochenende geben wir uns mit der ganzen Familie einen wilden Ritt durchs All, um mal wieder ein wenig Spaß in der Schwerelosigkeit zu haben. Und die gute alte Erde von oben zu betrachten.
Fliegen wir dann wenigstens alle mit den in Deutschland so gehypten „Spacelinern“, also Superjets, die in einer Höhe von 90 Kilometern auf bis zu 25-fache Schallgeschwindigkeit kommen, auf Urlaub? Damit wären wir in einer knappen Stunde in Kalifornien. Das wäre doch ein netter Tages-Trip als Alternative zum Wechsel oder zur Rax: Surfen, Strandliegen, Rockmusik hören ... „Ich fürchte, ich muss Sie schon wieder enttäuschen“, sagt Wolfgang Baumjohann ein wenig traurig. „Technisch ist das Alles natürlich machbar – aber viel zu teuer, um es für ein breites Publikum anbieten zu können. Für derartige Superflieger ist der Markt einfach zu klein.“ Trotzdem wird es im Weltraum in den nächsten 20 Jahren ziemlich zugehen. Die Menschen breiten sich in ihrem Sonnensystem so richtig aus. Das James Webb Space Telescope soll 2018 endlich in seine Umlaufbahn geschossen werden und uns als Nachfolger des Hubble Teleskops das Universum so nahe bringen wie noch nie. Und auch wir Österreicher sind im Weltall tätig. Zumindest einige von uns. „Von unseren Venus- und Saturn-Missionen erwarte ich mir noch interessante Daten, und auf den Jupiter freue ich mich schon“, sagt Wolfgang Baumjohann. „Dann natürlich ,BepiColombo’, die erste europäisch-japanische Mission zum Merkur – und ,Cheops’, eine österreichisch-schweizerische Kooperation, die erstmals Exoplaneten im Detail charakterisieren wird.“ Werden wir bis 2030 Leben im Weltall gefunden haben? „Wir werden viele erdähnliche Planeten entdeckt haben. Vielleicht gelingt es uns auch, Gase zu identifizieren, die auf Leben hindeuten – andererseits können diese Gase aber leider auch einen Ursprung haben, der nicht mit Leben, so wie wir es kennen, zu tun hat.“ Apropos Leben im All: Werden wir Menschen jemals fremde Planeten bereisen? „Für die Forschung macht es keinen Sinn, einen Menschen ins All zu schicken“, erklärt Direktor Baumjohann. „Dass wir es dennoch tun, liegt daran, dass der Mensch seit jeher versucht, genau das zu tun, was er erreichen kann. Denken Sie an die Besteigung der 8.000er im Himalaya. Machen die wirklich Sinn? Trotzdem tun wir es, es liegt in unserer Natur. Und deshalb werden wir, davon bin ich zutiefst überzeugt, auch auf den Mars fliegen. Technisch ist das praktisch jetzt schon machbar – es ist hauptsächlich eine Kostenfrage. Leider ist uns da die Weltwirtschaftskrise dazwischengekommen, es wird also wohl noch bis 2050 dauern. Sollte es nötig sein, weil etwa auf der Erde alles kollabiert, wären wir in einem absoluten Kraftakt auch in der Lage, einen kleinen Teil der Menschheit in eine Art Kolonie auf dem Mars zu retten. Das müsste man sich vorstellen wie die Forschungsstationen in der Antarktis. Auch eine Art ,Generationenschiff’ mit Ionenantrieb wäre denkbar.“
Dafür, dass auf der Erde nichts kollabiert, sollen in Zukunft auch intelligente Verkehrskonzepte sorgen. Weniger Schadstoffe (siehe „Freie Fahrt“), und mehr Sicherheit auf der Straße. „Konkret arbeiten wir daran, die Vielzahl an vorhandenen Verkehrsdaten wie Verkehrskameras, Wetter- oder Stausensoren, aber auch Informationen aus dem öffentlichen Verkehr zu bündeln und den Verkehrsteilnehmern zugänglich zu machen. Dadurch soll der Verkehr insgesamt sicherer werden und durch einen besseren Fluss weniger Abgase verursachen“, erklärt Wolfgang Hesoun, Generaldirektor von Siemens Österreich.
Kein Leben auf dem Mars also – und die schöne neue Verkehrswelt, in der alles automatisch und geräuschlos und 100 Prozent zuverlässig abläuft, wird noch ein wenig länger auf sich warten lassen. Aber: „Die intelligente Verknüpfung und Verarbeitung von Daten aus den unterschiedlichsten Quellen lenkt den Verkehr in die richtigen Bahnen“, so Hesoun. „Und macht die Straßen frei für verbleibende private Autofahrten und die Lieferlogistik. So lässt sich der Energieverbrauch für den Verkehr um 40 Prozent senken, die Luft sauber halten und eine Reduktion des Lärms erreichen. Allerdings wird dieses Zukunftsbild nur dann funktionieren, wenn wir liebgewonnene Gewohnheiten, insbesondere rund um das Auto, ändern. Elektroautos, die im Stau stehen, sind keine Lösung.“
FREIE FAHRT?
Das fahrerlose „Google Car“ sorgte letztens für Schlagzeilen. Werden wir in 20 Jahren das Steuer komplett aus der Hand geben?
Das glaube ich nicht. Die naehrere Zukunft wird dahin gehen, dass das Fahrzeug immer mehr zu einem Co-Piloten wird, vergleichbar mit einem Flugzeug. Ein Airbus 380 kann heute bereits autonom fliegen, benoetigt aber auf Langstrecke noch immer drei Piloten.
Aber prinzipiell funktioniert die Technik bereits jetzt?
Ja, ich bin selbst schon damit gefahren – oder besser: wurde gefahren. Ein faszinierendes Gefühl, auch ein wenig unheimlich, man muss schon einiges Vertrauen in den ,Fahrer’ haben. Aber der Weg bis zur Serienreife ist einfach sehr lang, an der Erkennungstechnik muss noch gefeilt werden, und auch Punkte wie die Schuldfrage bei Unfällen müssen noch klar ausgearbeitet werden.
Gehört den Elektroautos die Zukunft?
Das ist ein wenig zu vereinfacht. Wir arbeiten daran, aber auch an möglichen Alternativen wie der Brennstoffzelle. In 20 Jahren sollten sich vor allem die „Plug- in-Hybride“ völlig durchgesetzt haben. Also Autos mit Verbrennungsmotor, deren Batterie eine Reichweite von mehr als 20 km hat. In der Nacht wird die dann wieder geladen.
Werden wir uns in 20 Jahren vom Konzept „Mein Auto und ich“ verabschiedet haben?
Es wird sicher so sein, dass Car- Sharing-Modelle und Cars-on- Demand eine größere Rolle spielen. Dazu wird der öffentliche Verkehr immer besser ausgebaut. Da stellt sich dann die Frage, wie lege ich die „last Mile“ zum Arbeitsplatz zurück. Dafür gibt es jetzt schon einige interessante Konzepte für klappbare Mini- Fahrzeuge. Aber ganz aufgeben wird man den privaten Autobesitz sicher nicht. Wobei es einen deutlichen Unterschied zwischen Stadt und Land geben wird.
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