Bei der Erforschung der weiblichen Libido seien gesellschaftliche Faktoren bisher weitgehend außen vor gelassen worden, betonen Emily Harris, Psychologin und Genderforscherin an der australischen University of Melbourne, und Sari van Anders, Neurowissenschafterin an der Queen's University in Kanada.
Versuche, das geringe sexuelle Verlangen von Frauen "mit Medikamenten, Stressabbau oder Achtsamkeitstherapie zu beheben, kann nicht erfolgreich sein, weil dabei die Ursachen für das Gesamtbild, zu denen auch geschlechtsspezifische Ungleichheiten gehören, außer Acht gelassen werden", heißt es in der Erhebung, die im Fachblatt Archives of Sexual Behavior erschienen ist.
Lustkiller Staubwischen
Um herauszufinden, ob die ungleiche Aufteilung der Hausarbeit ein geringes sexuelles Verlangen bei Frauen zumindest in Teilen erklären könnte, führten die beiden Wissenschafterinnen Online-Befragungen durch. Sie baten die Teilnehmerinnen, Aussagen über den Sex in ihrer Beziehung, die Aufteilung der Arbeit im Haushalt und ihr emotionales Erleben zu machen.
Es zeigte sich: Frauen, die im Vergleich zu ihren Partnern mehr Hausarbeit verrichteten, berichteten auch über ein geringeres sexuelles Verlangen. Sie empfanden diesen Zustand auch eher als ungerecht und sahen ihre Partner als von ihnen abhängig an, was wiederum beides mit einem geringeren sexuellen Verlangen verbunden war.
Längst überholte Rollenbilder werden auch durch die Werbeindustrie genährt. Ein Mann in der Waschmittelwerbung? Nach wie vor eine Seltenheit. Genderneutrale Werbung für Haushaltsprodukte steckt zwar noch in den Kinderschuhen, progressive Tendenzen lassen sich aber erkennen. Zumindest in der Küche sind Männer in der Werbung öfter zu sehen als noch vor 20 Jahren. Das belegen aktuelle Analysen von Fernsehwerbespots an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Generell seien Männer heute häufiger im häuslichen Umfeld zu sehen.
Ran an den Putzfetzen
Traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen, könnte die sexuelle Zufriedenheit von Frauen potenziell steigern, sind sich Emily Harris und Sari van Anders sicher. Sie empfehlen Frauen, die gerechte Aufteilung der Hausarbeit offen anzusprechen und Männer nicht aus der Verantwortung zu entlassen. Man(n) solle mit Neugier an die Sache herangehen. Heißt: Ran an den Putzfetzen!
Der Weg zur echten Gleichstellung von Mann und Frau im Haushalt mag noch ein weiter sein. Ihn konsequent zu beschreiten, würde sich aber für beide Geschlechter lohnen.
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