Werkstatt wie damals
Aber wie wird man eigentlich Bürsten- und Pinselmacher? „Ich bin mit 14 Jahren in die Fußstapfen meines Vaters getreten. Der hat 1918 in Hernals mit einer Bürstenproduktion begonnen. Besen- und Pinselmacher gab es dazumal Dutzende.“ Und heute? Von ehemals 30 Bürstenmachern in Wien ist Norbert Meier heute der Letzte. 1973, mit 23 Jahren, hat er den väterlichen Betrieb in der Taubergasse 23 übernommen. Dort ist er heute noch, mit einer Werkstatt wie aus einer anderen Zeit. Mit viel Patina und monumental anmutenden Maschinen. „Alt, aber gut“, sagt Maier und wirft eine Drehmaschine an. Die Rauchfangkehrer-Innung hat Tschimperlinge bestellt. Dazu spannt Meier bereits zur Schlaufe gearbeitete Metallstränge in die Maschine ein, legt büschelweise Borsten – eine Mischung aus exakt 50 Gramm Rosshaar und Nylon – dazwischen und drückt den Startknopf. Flugs verdreht das Gerät alles kunstvoll zum Strang, automatisch entsteht am oberen der typische Bürstenkopf.
Bürsten und Pinsel
Meiers einziger Mitarbeiter, Herr Adam, auch gelernter Bürsten- und Pinselmacher, schießt unterdessen mit einer anderen Maschine kleine Metallstifte in vorgebohrte Löcher eines Buchenholzkörpers. „Das werden Handbürsten zum Reinigen von Backöfen“, verrät Adam. Der Kunde hat mehrere hundert Stück bestellt. Ein ansehnlicher Auftrag, wenngleich Meier auch solche mit 1.000 oder 2.000 Stück übernimmt.
Kunden aus China
Kunden aus Saudi-Arabien, den USA oder China schätzen die gute Handarbeit aus Wien. Das ist insofern witzig, da ausgerechnet China den Weltmarkt mit billigen Besen und Bürsten überschwemmt. Vor allem aber beherrschen die Chinesen längst auch den Markt für Naturhaar wie Rosshaar, Schweineborsten, Marder- oder Ziegenhaar, alles Materialien, die hierzulande entsorgt werden. Damit aber haben die Asiaten preislich das Sagen. "In den vergangenen fünf Jahren sind die Naturhaarpreise um gut 150 Prozent in die Höhe geschnellt. Alleine der Preis für Marderhaar ist derzeit so hoch wie der Goldpreis“, sagt Meier und bedauert, dass man in Europa das Wissen für diese nachhaltig produzierte Gerätschaft aus der Hand gegeben hat. Doch Meier hält tapfer mit seinen handwerklich solide gemachten Besen dagegen.
Sonderanfertigungen für Industriebetriebe, Bäckereien oder Druckereien sind ein wichtiges Standbein. So bestellt etwa die österreichische Nationalbank regelmäßig Bürsten aus Messingdraht, um damit die Druckmaschinen für die Geldscheine abzubürsten. Ein Kekshersteller aus Deutschland ordert Bürstchen, um damit Kekse zum Glänzen zu bringen. Apropos Glänzen: Selbstverständlich macht Meier auch Einzelstücke. "Will jemand eine gute Schuhputzbürste, machen wir die genauso wie feine Abstaubbürsten aus Ziegenhaar. Und natürlich Besen für jeglichen Bedarf“, sagt Meier und greift selbst zu einem, um Sägespäne aufzukehren. "Der ist schon 40 Jahre in Verwendung. Kehrt immer noch wie die Hölle.“ Von wegen Goethe und "Besen! Besen! Seid’s gewesen“.
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