Selbstcoaching beim Gemeinsam-Reisen
Dem behüteten Wiener Vorort Langenzersdorf haftet ein biederes Image an, dem Berliner Stadtteil Friedrichshain ein hippes. Insofern versteht man Autorin Katrin Zita, die hier aufwuchs und dort einen zweiten Wohnort eingerichtet hat, wenn sie sagt: "Ich liebe die Vielfalt, denn jedes Land hat seine Facetten."
Einen Spagat hat Zita auch mit ihrem zweiten Buch gemacht: Nach ihrem Bestseller "Die Kunst, allein zu reisen und bei sich selbst anzukommen" im Vorjahr erschien nun "Die Kunst, gemeinsam zu reisen und bei sich selbst zu bleiben". Wieder eine Anleitung zum Selbstcoaching auf Reisen, Zita nennt es einen "Reiseführer in die Gefühlswelt".
Der KURIER traf die "bei sich selbst angekommene" Zita in ihrem Langenzersdorfer Garten zum reisephilosophischen Austausch.
Katrin Zita: Es passiert ganz alleine beim Reisen, weil wir eine Metaebene erreichen, auf Distanz zu uns selber gehen. Viele Menschen bewegt die Sehnsucht nach Veränderungsprozessen. Die kann man in Seminaren höchstens punktuell erfahren. Im ersten Buch formulierte ich Fragen, die man auf solche Reisen mitnehmen kann. Das war sehr persönlich, da ist meine Lebensgeschichte drin. Beim neuen Buch geselle ich mich an die Seite des Lesers und erzähle Geschichten von Gemeinsam-Reisenden. Das erste Buch ist ein Mutmacher-Buch. Im zweiten geht es um Demut: Wie können wir gemeinsam fließen?
Gehen Menschen demütig mit Reisen um? Haben Sie nie das Gefühl, dass viele ihre Reisezeit mit langweiligen Urlauben verschwenden?
Das ist eine Wertung, und die nehme ich nicht vor. Ich wäre kein guter Coach, wenn ich meine Meinung als absolut sehe. Ich kann nur Inspiration durch meine Bücher geben. Das ist mein Handlungsrahmen, alles Weitere würde die Grenze zur Bevormundung verletzen. Aber es wollen immer mehr durch Reisen etwas in sich in Bewegung setzen.
Kann eine solche Selbstveränderung nach Patentrezepten funktionieren? Muss nicht jeder seinen Weg finden?
Wie individuell das ist, berücksichtige ich im Buch: Ich gebe Anregungen, welche Anker sich jeder auf diesem Weg setzen kann. Wählen muss jeder für sich. Man kann im Leben nur denen etwas geben, die es annehmen wollen. Aber Menschen sagen mir, dass sie sich durch das Buch begleitet fühlen, dass es Impulse gibt und dadurch eine Entspannung durch Klarheit entstanden ist.
Auf Reisen birgt Klarheit auch immer die Gefahr, dass man das Neue nicht mehr aufsaugt.
Ein guter Überblick hindert ja nicht, die spontanen Glücksmomente zu erleben. Ich lasse mich vom Leben führen, das passiert, wenn man Freude am Reisen hat. Menschen sollen sich gut gerüstet fühlen, um dann entdecken zu können. Und beim gemeinsamen Reisen passiert Interaktion. Da gehört einiges gut bedacht, um bei sich zu bleiben. Zum Beispiel, welche Rolle man auf einer Reise mit anderen einnimmt.
Im ersten Buch haben Sie geschrieben: "Jeder Mensch sollte irgendwann im Leben lernen, allein zu sein."
Ich wollte damit den Menschen aufzeigen, dass Alleinreisen auch möglich ist. Ich würde sogar in einer Partnerschaft empfehlen, einmal getrennt zu reisen. Auch weil das Wieder-Zusammenfinden sehr gut tut. Es gäbe viele Probleme auf der Welt nicht, wenn mehr Menschen alleine, bei sich sein könnten. Da entdeckt man Freude in sich, das entwickelt die Persönlichkeit. Für mich selbst ist Alleinsein auch eine Regenerationszeit. Es hat etwas Reinigendes, da kommen immer Ideen. Es macht nicht einsam, sondern stark.
Ich habe gar keine negativen Reiseerlebnisse, weil ich mir genau überlege, wohin ich fahre. Wo es einem gefällt, darf jeder für sich finden. Wir sind immer auf der Reise, deswegen spreche ich von Reiseziel und Lebensreise. Und beides hat viel mit der individuellen Situation zu tun, mit der Lebensphase, in der man gerade steht.
Wie nimmt man die Erkenntnisse vom Reisen in den Alltag mit? Oft geht das verloren.
Es ist wichtig, etwas schriftlich festzuhalten, welche Gedanken auf Reisen da waren und ins Leben mitgenommen werden sollen. Ich halte viel auf die Kraft der Worte. Im Buch habe ich einen Vertrag mit mir selbst verfasst.
Sie wollen eine "Orientierungshilfe geben, damit der Urlaub Sie sein lässt, wie Sie sind". Was wäre ein erster Schritt?
Zur Person
Katrin Zita, geboren 1972, besuchte – inspiriert durch den Architekten-Vater – die HTL für Hochbau, tauschte das Architektur- aber nach fünf Jahren gegen ein Publizistikstudium. Nach einigen Jahren als Journalistin, unter anderem im Bereich Reise, machte sie sich als Coach und Mentaltrainerin selbstständig.
Bücher
Ihr Buch-Erstling „Die Kunst, allein zu reisen … und bei sich selbst anzukommen“ hielt sich 2014 lange auf der Bestsellerliste. Schon bei der Entstehung plante Zita das Folgewerk „Die Kunst, gemeinsam zu reisen … und bei sich selbst zu bleiben“, derzeit auf Platz 2. (19,95 Euro, 230 Seiten; beide Bücher sind im Goldegg-Verlag erschienen)
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