Hallo, wir sind auch noch da!

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Eine Woche lang stehen selten gewordene Tiere und Pflanzen im Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die Artenvielfalt auf der Erde nimmt ab. "Es ist höchste Zeit, etwas für die Erhaltung der Biodiversität zu tun", fordert der deutsche Biologe Florian Leese von der Ruhr-Universität. In Österreich sind aktuell 4000 Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Aus Anlass der bevorstehenden Woche der biologischen Vielfalt (17.–25. 5.) organisiert der Naturschutzbund Hunderte Veranstaltungen, Führungen, Wanderungen und Workshops in allen Bundesländern. Der KURIER wirft einen Blick auf jene Biotope, die man (noch) als Hotspots des Landes bezeichnen kann.

Im Nationalpark Gesäuse ist Alexander Maringer für den Naturschutz zuständig. Das "Gseis", wie die Steirer ihren kleinen, aber feinen Nationalpark nennen, ist ein Zentrum des Endemismus in Österreich. Endemiten sind Lebewesen, die nur in einer bestimmten Gegend vorkommen, manche nur auf einem Berg oder in einer Schlucht. Einige dieser Arten haben an Ort und Stelle mehrere Eiszeiten überdauert. Im Gesäuse kennt Maringer 15 Pflanzen, auf die diese Beschreibung zutrifft. Das Gesäuse ist ein Ausnahmegebiet, auch für Insekten. Eine Untersuchung der Insektenfauna am Buchstein (2224 m) habe gezeigt, "dass wir praktisch keine Allerweltsarten haben, sondern nur Spezialisten". 82 Prozent der Weberknechte und 45 Prozent der Spinnen waren schon vor der letzten Eiszeit im Gesäuse anzutreffen, sagt Maringer.

Endemiten sind für ein Land wichtig, weil sie zu seiner Identität gehören, weil sie gewissermaßen Ur-Österreicher sind. Und diesen geht es jetzt an den Kragen. Maringer: "Am Buchstein haben wir endemische Spinnen und Laufkäfer in großer Zahl gefunden, aber nur in der obersten Gipfelregion." Wird es wärmer, müssten sie nach oben in kältere Regionen ausweichen, "aber das geht nicht mehr".

Die Abhänge des Leithagebirges waren einst von mageren Weiderasen dominiert. Diese Kulturlandschaft brachte eine Artenvielfalt hervor, die im Burgenland ihresgleichen sucht. Die Heidelandschaft des Thenau-Riegels bei Breitenbrunn, die Purbacher Hutweide, das Windener Tal mit dem Zeilerberg oder die beiden Vorhügel des Leithagebirges, der Jungerberg bei Jois und der Hackelsberg bei Winden, werden von naturinteressierten Wanderern geschätzt. 1080 Schmetterlinge unterschiedlicher Provenienz wurden hier schon gezählt.

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Statt einer Beschreibung eine botanische Liste: Steirischer Enzian, Zierliche Feder-Nelke, Österreich-Glockenblume, Nordöstlicher Alpenmohn, Ennstaler Frauenmantel, Österreich-Soldanelle, Clusius-Primel, Österreich-Wolfsmilch, Sternhaar-Felsenblümchen, Ostalpen-Täschelkraut, Traunsee-Labkraut, Clusius-Schafgarbe, Schwarzrand-Margerite, Bleicher und Eigentlicher Kurzrispen-Bunt-Schwingel. Das sind Pflanzen, die nur in Österreich (manche geringfügig darüber hinaus) vorkommen und im Gesäuse konzentriert sind. „Ein tolles Gebiet“, wirbt der Biologe Alexander Maringer. Besonders stolz sind dieEnnstalerauf ihre endemische Feder-Nelken, die Gesteinsschutt und Latschengebüsche besiedelt.

Der Frühling am Bisamberg (359 m) ist blau-gelb. Schon von Weitem sichtbar sind die bandförmigen Rasen der Zwerg-Schwertlilie mit ihren verschiedenen Farbausprägungen, die Insekten über die Nektarlosigkeit der Blüten hinwegtäuschen. Einige Orchideen sind nördlich der Donau nur hier zu finden. Sogar den berühmten Frauenschuh gibt es hier noch, nur wenige Kilometer von der Wiener Innenstadt entfernt. Der Bisamberg, der mit dem Leopoldsberg die Wiener Pforte bildet, gehört geologisch zum Sandstein-Wienerwald. Vor allem sein Süd- und sein Westhang sind Wärmeinseln, und reich an Pflanzen und Insekten, die es, von Südeuropa kommend, bis hierher geschafft haben.

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langblättriges Waldvögelein
Zu den botanischen Schätzen desNationalparks Donau-Auengehören 23 Arten der streng geschützten Orchideen. Viele davon stehen im Mai in Blüte. Das Farbspektrum reicht von Braun (Hummel-Ragwurz) und Weiß (Langblättriges Waldvögelein) über Grün (Breitblättrige Stendelwurz) bis zu Rottönen (Helmknabenkraut). Viele Orchideen sind noch dazu mehrfarbig. Von den 30.000 bekannten Orchideen gedeihen 250 in Europa. Sie sind nicht immer so prächtig wie ihre tropischen Verwandten, aber auch sie gehören zur „königlichen Familie“ der Orchideen.

Der Eichkogel (367 m) wurde einst als Hutweide genutzt und war entsprechend kahl. An diesem Schnittpunkt der Klimazonen fanden sich licht- und wärmeliebende Arten ein, die sich größtenteils bis heute erhalten haben. Nach der Aufgabe der Beweidung wurde das Gebiet 1960 unter Naturschutz gestellt, und droht seitdem unter Buschwerk zu verschwinden. Neben dem Bisamberg gehört der Mödlinger Eichkogel zu den blühenden Bergen im Osten Österreichs. Die Felssteppen beherbergen ungewöhnlich viele selten gewordene Singvögel und Insekten.

Die schroffen Abhänge zwischen Hundsheim, Bad Deutsch Altenburg, Hainburg und Berg, ragen wie Inseln aus der Ebene des Wiener Beckens. Der Aufstieg auf ihre höchste Erhebung, den Hundsheimer Kogel (480 m), ist eine sportliche Herausforderung, egal von welcher Seite man ihn angeht. Spezialisierte Arten haben sich an die extrem trockenen Lebensräume an den Berghängen angepasst: Ziesel, Smaragdeidechse, Harzbiene und Österreich-Drachenkopf (ein extrem seltener Lippenblütler) sind einige der Geschöpfe, die man hier entdecken kann.

Ob „Naturprofi“ oder „Anfänger“,Forscher oder Genießer, bei der vielfaltleben-Woche (17.–25. 5.) ist für alle was dabei: von Exkursionen zu Land und zu Wasser, Forschung im Moor, Ausstellungen und Führungen im Zoo, Museum oder durch den Waldgarten, über Lernwerkstätten und Familiennachmittage, Vorträge und Bilderschauen, bis hin zu Naturerlebnistagen und Wildnis-Camps. Die komplette Veranstaltungsliste gibt es hier.

Verhaltensbiologie von Graugans und Co. (Bgld., NP Neusiedler See-Seewinkel, 17. 5., 13–16 Uhr, 02175/ 3442),

Momentaufnahme – Digitale Naturfotografie (Stmk., NP Gesäuse, 17. 5., 2,5-tägig, 036132116020),

Naturoase Breitenlee am Rande der Großstadt (Wien 22., Schule Schukowitzgasse, 17. 5., 14–16 Uhr),

Imkern mit der Bienenkiste – Seminar zur naturgemäßen Bienenhaltung (NÖ, Klosterneuburg, Melarium von APIS-Z, 18. 5., 9–17 Uhr, 90€).

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