"Wir sind innovativer als A1"
futurezone: Wenn man als AUA-Finanzchef in die Mobilfunk-Branche wechselt, muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, ob ein Airliner etwas vom Mobilfunk versteht.
Andreas Bierwirth: Gar nichts, aber auch recht viel. Wenn man sich die Grundprobleme der beiden Branche ansieht und auch die Mechanismen, so sind es doch die gleichen. Ich habe mir die kommerziellen Unterlagen angesehen - da gibt es viele Parallelen.
Zum Beispiel?
Österreich. Hohe Kaufkraft, der niedrigste Durchschnittspreis in ganz Europa fürs Telefonieren, der niedrigste Durchschnittspreis fürs Fliegen. Überproportionale Kapazität durch irrationalen Wettbewerb, zu viele Wettbewerber. Oder die Bedeutung des Revenue Managements. Wobei die Luftfahrtbranche da weiter ist - die verkaufen mental ein Ticket um 19 Euro, das 99 Euro kostet. Die Telekommunikationsbranche auf der anderen Seite spricht von Flat-Rates. Daher müssen sich die Telekom-Anbieter ein ausgeklügeltes Revenue-Management überlegen. Etwa das Thema Zusatzpackages anzupacken, das ist spannend. Im Flugverkehr versucht man, immer mehr Zusatzleistungen zu verkaufen, Lounge-Zugang oder Zusatz-Gepäck, damit das Produkt höherwertiger wird und die Airline mehr einnimmt.
Vor sechs Wochen wurden Sie als Robert-Chvátal-Nachfolger vorgestellt, wie haben Sie sich auf die neue Aufgabe vorbereitet? Einen Crashkurs im Mobilfunk gemacht?
Ich habe zuerst einmal die Deutsche Telekom kennen gelernt. Und habe mich mit der Situation in Österreich auseinandergesetzt und ein erstes Bild gewonnen: Ich hatte aber noch keine Möglichkeit, mit meinen Geschäftsführerkollegen über meinen Eindruck zu sprechen, und daher möchte ich ihnen nicht über die Medien ausrichten, wie mein Bild aussieht.
Ist es bunt, grau, verschwommen?
Da gibt es A1, die die Konvergenz-These rauf und runterleiert und darin ihr Allheilmittel sucht. Thema TV: Ich habe aonTV zu Hause, das rauscht wie in den 70er Jahren.
Dann hat man eine Marke Drei, die drunter liegt und als strategische Ausrichtung sagt, ich will einen Marktanteil haben. Drei kommt mit überproportionalen Investitionen ins Netz, hat aber unterproportionale Renditen. Und es entsteht mit dem Orange-Kauf ein Gebilde, das nicht so groß ist wie T-Mobile. Der eine predigt die Konvergenz, der andere greift von unten an - da ist man in der Sandwich-Position.
Aber beim Sandwich ist das in der Mitte, die Füllung, meistens das Beste.
Diese Aussage können Sie mir fast in den Mund legen, die gefällt mir. Auf jeden Fall kommen dann von ganz unten Bob und Yesss! mit einer sehr scharfen Position, anders als telering. Aber telering kann taktisch nicht so agieren, wie die kleinen.
Wie sind Sie eigentlich zu diesem Job gekommen? Stimmt das Gerücht, dass sie den Chef der deutschen Telekom, Rene Obermann, zufällig getroffen haben?
Es gibt Drähte, die es schon länger gibt. Ich habe mit der Deutschen Telekom zusammen gearbeitet, als ich bei der Lufthansa, bei Germanwings war. Über Kreise in Münster aus meinem Netzwerk haben wir uns kennen gelernt. Aber wir sind nicht regelmäßig Bier trinken gegangen. Wir sind uns immer jedes Jahr oder alle eineinhalb Jahre mal begegnet. Und einmal haben wir einen ganzen Nachmittag miteinander verbracht, und da haben wir Affinitäten in den Persönlichkeiten festgestellt. Aber ich wurde nicht in die Position gehievt, ich hatte mit allen Vorständen der Deutschen Telekom Bewerbungsgespräche, ich bin durch Tests gegangen.
Wie lange habe Sie überlegt, bevor Sie zugesagt haben?
Ich hatte mehrere andere Optionen, in der Luftfahrt, im Ausland, im europäischen Ausland, Vorstandstätigkeiten. Auch im Konsumgüterbereich. Ganz verschiedene Angebote.
In Wien zu wohnen, hat ja auch Vorteile.
Für mich und meine Partnerin war klar, dass wir geografisch mobil sein müssen. Der neue Job hat einen Vorteil. Die Top-30-Kunden der AUA hab ich selbst betreut, das war mir wichtig und die sind es zum Teil auch jetzt. Ich habe die Telefonnummern meiner ehemaligen Geschäftspartner und werde sie von T-Mobile überzeugen. Überzeugungsarbeit macht mir Spaß.
Die wird nicht ganz leicht sein.
Einen Nachteil haben wir, wir sind ein Tochterunternehmen einer deutschen Firma. A1 ist ein österreichisches Unternehmen, A1 ist bei der ÖIAG. Aber es sollte uns gelingen, einige Top-Accounts zu holen.
Wie wollen Sie den Markt erschließen?
Der neue Trend ist, dass Innovation aus Bonn flächendeckend in den T-Mobile-Staaten ausgebreitet wird. Wir haben 13 Märkte, aber man kann nicht in jedem Markt ausprobieren. Und es wird so sein, dass einer gruppenweit für dieses Thema, ein anderer für das andere Thema zuständig ist. Jetzt wird man schauen, welche Rolle Österreich spielt.
Was sind Ihre Vorgaben? Was müssen Sie erreichen? Mitarbeiter abbauen?
Die Erwartungshaltung ist klar, eine Ertragsoptimierung. Ich komme nicht mit einem Sanierungsauftrag. Für mich ist das weniger ein Kostenthema, die Mitarbeiteranzahl ist ohnehin auf 1200 runter gegangen (von 1400 Anm., in Vollzeitstellen umgerechnet). Meines Erachtens ist es ein Marktthema und nicht ein primäres Kostenthema.
Weil Sie Konvergenz ansprechen, das eine A1-Stärke ist. Sie hätten die Option, bei UPC zuzuschlagen und hätten damit auch einen Kabelanbieter und könnten konvergente Produkte anbieten.
Die Preise sind ja sehr niedrig in Österreich. Irgendwann hat etwas eine Stufe erreicht, wo sich Investitionen nicht mehr auszahlen, man muss ja nachhaltige Optionen finden.
Ab und zu hört man, dass T-Mobile zu wenig österreichisch ist. Viele weinen nach wie vor der Marke max.mobil nach. Vor einigen Jahren war die Werbung sehr deutsch, jetzt ist sie - etwa beim Deezer Werbespot - österreichischer geworden.
Das ist genau auch mein Eindruck. T-Mobile hat ein ähnliches Image wie A1. Aber das Leistungsversprechen, die Qualität, die die Deutsche Telekom durch den Verbund mit T-Systems und den T-Labs hat, wird nicht richtig nach Österreich transportiert.
Österreich macht Deezer, die Deutsche Telekom bietet Spotify an. Gibt es keine Einigkeit im Konzern?
Es ist eine Frage der Konzernstruktur, wie viele Freiheiten gibt es innerhalb des Konzerns. Man bietet den Kunden auf jeden Fall ein solides Musik-Streaming-Service. So lange Kunden nicht empfinden, dass das eine besser ist als das andere, ist das egal.
Was werden Sie in Österreich nun anders machen?
Es wurde viel zu selten auf die Stärke von T-Systems und T-Labs eingegangen. Der Konnex geht ab. Das lag auch daran, dass viele Dinge, die wir gemacht haben, nicht auf der Straße angekommen sind. Wir brauchen eine Innovation nach der anderen, so wie Deezer, dann können wir punkten. Ich glaube nämlich, dass die Innovationskraft der Deutschen Telekom und somit von T-Mobile größer ist als die von A1. Wir sind innovativer als A1. Eines meiner Ziele mit T-Mobile wird sein, wie kann man durch Leistung und Produktinnovationen und nicht durch Preisdumping überzeugen.
Welche Rolle wird da telering spielen?
Mit telering haben wir eine Art Germanwings, die billig und qualitativ ist. Wir müssen uns überlegen, wie wir im günstigen Tarifbereich agieren. Telering ist eine große, wertvolle Marke. Über den Inder hat sie über die Jahre ein starkes Profil bekommen, ein zum Teil stärkeres als T-Mobile.
Bei Billiganbieter denkt man an bob oder Yesss!, denkt man an Qualität, fällt einem zuerst A1, Drei und T-Mobile ein, nicht aber telering.
Früher war telering der Preisdrücker, man hat den Markt von unten aufgemischt. Später haben sich dann Marken wie bob und Yesss! draufgesetzt. Aber obwohl telering eine profilierte Marke ist, ist sie nicht ganz oben und jetzt auch nicht mehr ganz unten. Die Frage, die sich mir stellt: Kann man in diesem mittleren Markt noch partizipieren oder zerfällt dieser Markt gerade. In anderen Branchen ist nämlich genau dieses Segment weg. Tatsache ist, dass die derzeitige Situation nicht befriedigend ist. Dieses Thema müssen wir von innen heraus herangehen, das ist die Hausarbeit. Wir müssen auf die Veränderung des Marktes reagieren. Die Markenpositionierung muss überdacht werden.
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