Wie der Hund uns Menschen sieht

Hunde können ihren Besitzer am Foto erkennen
Neue Erkenntnisse über den besten Freund – und über das größte Missverständnis.

Es ist gar nicht so leicht, in den Kopf eines Hundes zu kriechen, um herauszufinden, was dort vorgeht. Ludwig Huber versucht es trotzdem. Eye-Tracking nennt sich die neue Methode, mit der der Verhaltensforscher vom Messerli Research Institut Wien untersucht, wie Hunde menschliche Gesichter wahrnehmen, was ihre Aufmerksamkeit leitet, welche Informationen sie daraus ziehen und welche Entscheidungen sie treffen, wenn sie ein menschliches Gesicht zum ersten Mal sehen.

Im Rahmen der derzeit in Wien stattfindenden Weltkonferenz über die Mensch-Tier-Beziehung wird er seine Erkenntnisse präsentieren. Zum Beispiel: Wie erkennen Hunde ihr Herrl?

Hunde können mehr

Wie der Hund uns Menschen sieht
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"Hunde haben einen extrem guten Geruch-Sinn, sie hören auch hervorragend, aber sie sehen sieben Mal schlechter als wir Menschen", sagt Huber und wollte wissen, ob Hunde Menschen trotzdem rein visuell erkennen. Dazu hat er im Clever Dog Lab an der Vetmed Wien mit seinem Team zahlreiche Experimente angestellt an deren Ende jetzt die Feststellung steht: "Hunde können mehr. Sie können ihren Besitzer identifizieren und von anderen unterscheiden – rein auf visueller Basis. Sie brauchen keinen Geruch, keine Bewegung, keine Stimme." Es reicht ihnen sogar ein Foto vom Frauerl.

Mensch-Tier-Beziehungen sind natürlich keine Einbahnstraße: Daher beschäftigt Verhaltensforscher auch die Frage, wie Menschen Hunde (miss-)verstehen. Die deutsche Kognitionsbiologin Kerstin Meints von der University of Lincoln hat in ihren Studien, die sie ebenfalls in Wien präsentiert, herausgefunden, dass die Mehrheit der 4- bis 7-jährigen Kinder die Gesichtsausdrücke von Hunde falsch verstehen. Sehen Kleinkinder Zähne, bedeutet das für sie automatisch: "Da lächelt mich jemand an!"

Forscher haben auch Erklärungen, warum es zu diesem Missverständnis kommt: "Menschen fletschen üblicherweise die Zähne nicht. Gleichzeitig zeigen wir nur dann unser Gebiss, wenn wir lächeln oder lachen. Kinder kennen Zähne vorerst also nur als positives Signal", sagt Verhaltensforscher Huber. Bis Hunde in ihr Leben treten. Daher sei es nicht verwunderlich, dass 86 Prozent der Bisse durch das Kind initiiert werden, "z.B. durch falsche Annäherung. Bei Eltern ist das diesbezügliche Problembewusstsein völlig unterentwickelt. Man muss also erst die Eltern darauf aufmerksam machen, damit die wiederum ihre Kinder entsprechend erziehen und ihnen erklären, dass Zähnen Gefahr bedeuten", rät Huber.

Ein Hund ist kein Babysitter, sagt auch Verhaltensforscher Kurt Kotrschal: "Ich kann ein Kind bis zum Alter von fünf bis sechs Jahren nicht mit ihm alleine in einem Zimmer lassen. Entweder das Kind ist übergriffig oder der Hund tut etwas." Wäre schade, wenn man die Chance auf eine besondere Beziehung frühzeitig vertun würde. Denn bereits drei Monate alte Säuglinge zeigen großes Interesse an Tieren. Kotrschal: "Impulse kontrollieren, Dinge planen und durchführen, Handschlagqualität, flexibel reagieren – alles, was unser Stirnhirn so macht, funktioniert am besten, wenn Kinder im Rahmen von Tieren und Natur aufwachsen."

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