Wenn Teenies alleine reisen
Koffer und Rucksack sind gepackt. Die Reise kann beginnen. Diesmal aber nicht mit dabei – Mama und Papa. Die stehen im Türrahmen und beobachten das Packen mit Skepsis. Sandburg bauen mit Papa, das war gestern. Heute schmiedet der Nachwuchs eigene Urlaubspläne. Ein erster Schritt in die Selbstständigkeit, der vielen Eltern Unbehagen bereitet.
Belinda Mikosz, Psychologin bei der MAGELF der Stadt Wien, rät: "Trauen Sie Ihrem Kind zu, dass es seine freie Zeit genießen und viele neue Eindrücke gewinnen kann. "
Aber ab welchem Alter sind die eigenen Kinder überhaupt reif, alleine auf Reisen zu gehen? KURIER-Familycoach Martina Leibovici-Mühlberger meint: "Das kann man nicht pauschal sagen. Abgesehen vom gesetzlichen Alter kommt es auf die jeweilige Persönlichkeit an. Von Jugendlichem zu Jugendlichem gibt es da sehr große Unterschiede." Bevor Eltern ihr Kind allein auf Reise schicken, sollten sie sich mögliche Szenarien überlegen. "Stellen Sie sich die Frage, wie Ihr Kind reagiert, wenn es in eine außergewöhnliche Situation kommt. Wenn etwa das Handy samt Papieren und Geld weg ist. Wie würde es in solchen Momenten handeln?" Ist der Jugendliche souverän und meistert diese Situation psychisch und organisatorisch, so kann er auch allein reisen. Auf keinen Fall sollten sich Eltern von außen eine Entscheidung aufdrängen lassen: "Auch wenn Sie als konservativ verschrien werden: Merken Sie, Ihr Kind ist noch nicht bereit, dann lassen Sie es zu Hause."
Vorbereitung
Damit die erste Reise kein Desaster wird, ist eine gute Vorbereitung wichtig. Formalitäten, Fragen zu Impfung und Versicherung müssen geklärt werden. Auch eine Liste mit wichtigen Telefonnummern und Kontaktadressen sollten Eltern und Kind gemeinsam durchgehen. Wichtige Nummern sind am besten auch schriftlich aufzubewahren. Im Falle eines Diebstahls ist nicht nur das Handy weg, sondern auch der Kontakt nach Hause. Um nicht ständig hinterher zu telefonieren, empfiehlt der Family-Coach klare Verhältnisse: "Machen Sie sich vorher aus, wann Ihre Söhne und Töchter sich melden müssen."
Ebenfalls sollte zuvor die Reise-Route gemeinsam abgesprochen werden: "Einfach in den Zug steigen und dort Halt machen, wo man will, dass sollte man nicht vor 18 Jahren machen", sagt Leibovici-Mühlberger. Auch die Auswahl der Mitreisenden ist ein wichtiger Aspekt. "Gut ist, wenn Eltern untereinander ein gutes Verhältnis haben."
Erste Liebe
Mit dem ersten Urlaub kommt oft die erste Liebe. Damit aus dem Urlaubsflirt keine bittere Enttäuschung wird, rät Mikosz zur Aufklärung. "Ohne Eltern verreisen heißt nicht, alle Schranken über Bord zu werfen. Ihr Kind sollte sich zu nichts überreden lassen, was es auch zu Hause nicht machen würde."
Die erste Reise allein ist ein großer Schritt in die Selbstständigkeit: "Sie bedeutet für die jungen Menschen einen Autonomiegewinn", sagt der KURIER–Familycoach. Wird die Reise ein Erfolg, so stärkt das Erlebnis das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Klappt sie aber nicht, weil das Kind Heimweh hat und sich überfordert fühlt, bewirkt die Reise das Gegenteil." Für Eltern bedeutet die erste alleinige Reise des Kindes, "dass sie loslassen müssen. Binden Sie Ihr Kind zu sehr an sich, kann das für seine spätere Entwicklung Folgen haben."
Der erste Urlaub ohne Eltern kann ein tolles Erlebnis werden, wenn man ihn gut vorbereitet.
Jugendschutz: Die Gesetze sind innerhalb Österreichs unterschiedlich. Inge Holzmann (Österreichischer Jugendherbergsverband) rät: "Wer durch das Land tourt, sollte sich vorher informieren." Das gilt auch für Reisen ins Ausland – Infos gibt es bei den Botschaften.
Kreditkarte: Wer durch die Länder reist, der will oft spontan entscheiden, wo er übernachtet. "Buchen geht leicht über Facebook oder Apps. Aber nur mit Kreditkarte. Eltern können Zusatzkarten besorgen, mit denen man nur bis zu einem Limit Geld ausgeben kann."
Beim Arzt: Unfälle oder Krankheiten sind auch im Urlaub nicht ausgeschlossen. Unbedingt mitnehmen: Polizzen der Unfall- und Krankenversicherung, Impfpass, eCard bzw. Auslandskrankenschein (außerhalb der EU).
Bestätigung: Um bei Kontrollen Missverständnisse zu vermeiden, sollten Erziehungsberechtigte den Jugendlichen eine schriftliche Bestätigung mit Namen, Adresse und Telefonnummer mitgeben, auf der das Einverständnis zur Reise erklärt wird. Die Erlaubnis eines Elternteils genügt. Bei Reisen ins Ausland empfiehlt es sich, diese Erklärung auch ins Englische oder gegebenenfalls in die Landessprache zu übersetzen.
Kommentare