Von der Arbeitslosigkeit in die Pension? Es geht auch anders

Von der Arbeitslosigkeit in die Pension? Es geht auch anders
Zwei Vertreter der Generation 50 plus erzählen, wie es ihnen in ihrem neuen Job geht.
Von Uwe Mauch

Elegant und eloquent, nicht elitär. Das ist Daniela Haim, wenn sie in der fein sortierten Boutique „Sam Fashion“ am Hietzinger Platz Kundinnen und Kunden berät. Die vierfache Mutter und zweifache Großmutter kann gut mit Menschen. Und: Sie ist im Alter ihrer Kundschaft, kann auf viel Erfahrung bauen.

Ihre Chefin Susanne Marinits ist zufrieden mit ihr: „Für mein Geschäft brauche ich jemanden, der mitten im Leben steht und sich schon gefunden hat. Frau Haim ist genau so eine Person.“

Klassische Kränkung

Das Lob tut gut. Daniela Haim kennt das kränkende Gefühl, jenseits der 50 zu sein, arbeiten zu wollen, und auf Jobsuche eine Enttäuschung nach der anderen zu erleben. Zeitgleich drücken die Nebengeräusche der Politik aufs Gemüt. Die Österreicher sollen gefälligst länger arbeiten, tönt es. Doch der Arbeitsmarkt lehrt etwas anderes: „In Wahrheit gibt es für uns Ältere zu wenige Jobs.“

Die herablassende Art einiger AMS-Betreuer ist selbst einer selbstbewussten Frau wie ihr sehr nahe gegangen. Schlimmer noch war die Erkenntnis, dass sie als Top-Managerin eines Sechs-Personen-Haushalts und Chef-Betreuerin von vier gut ausgebildeten Kindern oft zurückstecken musste und für diese Selbstlosigkeit viel Rückhalt von ihrem Mann, jedoch so gut wie keine Vergütung von der Republik bekommt.

Seit bald einem Jahr arbeitet die ausgebildete Textilchemikerin und erfahrene Modeverkäuferin in der Boutique in Hietzing. Teilzeit, an drei Tagen. „So kann ich 100 Prozent für meinen Beruf geben, und an den restlichen Tagen 100 Prozent für die Familie“, erklärt Haim, nachdem sie einer Kundin einen passenden Sommerschal verkauft hat. „Ich bin gerne Mutter und Dienstpersonal für die Familie, aber ganz ehrlich: nur zu Hause sein – das bin ich nicht.“

Geholfen haben ihr beim Wiedereinstieg Mitarbeiter von Job TransFair (siehe Info-Box oben). Diese konnten auch dem 64-jährigen IT-Manager Johann Eibenberger am Ende einer fünf Jahre lang andauernden Odyssee entscheidende Impulse geben.

Der Neue ist erfahren

Der Doktor der Physik, der seine Dissertation an einem deutschen Max-Planck-Institut geschrieben hat, blüht seit wenigen Wochen wieder auf. In der Floridsdorfer Niederlassung des Firma Strabag Infrastructure & Safety Solutions koordiniert er ein schönes und zugleich hochkomplexes Projekt. „Konkret geht es um die Entwicklung eines europaweit funktionsfähigen Funksystems für Lokführer“, erklärt Eibenberger mit dem Ausdruck eines Technikers, der überzeugt ist, dass am Ende alles gelingen wird.

Von der Arbeitslosigkeit in die Pension? Es geht auch anders

Was auch der Personalchefin der Firma nicht entgangen ist: Dieser Typ liebt komplexe Aufgaben und baut auf seine Erfahrung. Nach dem Studium hat er sich beim Siemens-Konzern über viele Jahre einen Ruf als Krisenmanager erarbeitet. Nach dem Verkauf einer Tochtergesellschaft vor sieben Jahren war sein Know-how jedoch nicht mehr sonderlich gefragt. Daher nahm Eibenberger kurz vor seinem sechzigsten Geburtstag seinen Hut. Eine Zäsur in einer bis dahin durchgehend erfolgreichen beruflichen Laufbahn: „Heute weiß ich, dass ich damals zu sehr auf meine beruflichen und kommunikativen Fähigkeiten vertraut habe.“ In gut dreißig Bewerbungsgesprächen wurde er den Eindruck nicht los, dass das Gros der Personalchefs mehr auf sein Geburtsdatum denn auf seine Fähigkeiten lugte.

„Ich habe mir gewiss Sorgen gemacht“, erklärt der Physiker heute. „Aber das hat nie das Niveau von Panik erreicht.“ Trotzdem ist er froh, dass er wieder „on fire“ ist: „Die Leute sagen, dass ich jetzt besser aussehe.“ PS: „Arbeiten möchte ich bis 70.“

Faire Jobvermittlung: Die OrganisationJob-TransFair ist eine Tochter des BFI Wien und wird vom AMS Wien gefördert.  Sie hilft Menschen, die am Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Ziel ist es, ihnen  zu einem Job zu verhelfen, der ihren Fähigkeiten und auch ihren Lebensumständen möglichst gerecht wird.   

Das Angebot: Die Mitarbeiter von Job-TransFair beraten, coachen und verhelfen
zu einer Beschäftigung (unter anderem durch ein Training-on-the-Job in der Abteilung „Die Kümmerei“). Und sie vermitteln an über 10.000 Partnerunternehmen in Wien. Diese sind bereit, arbeitslosen Menschen eine neue Chance in ihrem Betrieb zu geben und sie nach einer Phase der geförderten Überlassung fix  zu übernehmen.

Die Bilanz: Im Vorjahr konnten die Mitarbeiter von Job-TransFair 1172 Personen auf ihrem Weg in den ersten Arbeitsmarkt unterstützen.  Mehr Infos unter: www.jobtransfair.at

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