Die Öko-Sünden der Massentierhaltung

Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bleibt umstritten.
Bei der Umweltbelastung mit Stickstoff ist die Landwirtschaft Spitzenreiter.

Landwirtschaft ist nach der Industrie zweitgrößter Verursacher von Treibhausgasen in Deutschland. Das geht aus einer aktuellen Studie des deutschen Umweltbundesamts (Uba) hervor. Laut dem 40-seitigen Bericht belastet die Landwirtschaft die Umwelt mit Stickstoff, Phosphor und Schwermetallen, Pflanzenschutzmittel mit Breitbandwirkung vernichten nicht nur die Schädlinge, sondern auch nützliche Insekten. In der Folge wird die Nahrungsgrundlage vieler Vögel und Säugetiere zerstört, ganze Arten verschwinden.

Im Bereich der Stickstoff-Belastung ist die Landwirtschaft laut der aktuellen Untersuchung für mehr als die Hälfte der Umweltbelastung verantwortlich, wie die "Welt" berichtet. Mit 57 Prozent ist sie Spitzenreiter in puncto Stickstoff-Emissionen. Straßenverkehr und Industrie kommen jeweils auf rund 14 Prozent.

Trinkwasser

Die Folgen für Ökosysteme sind vielfältig. Viele Studien zeigen, dass die biologische Vielfalt durch zu viel Stickstoff gefährdet ist. Pflanzen können beispielsweise nicht mehr ausreichend Nährstoffe aufnehmen. Über die Gülle der Tierhaltung gelangt Stickstoff als Nitrat in die Böden, ins Grundwasser, wird in Flüsse, Seen und Meere geschwemmt. Laut Angaben des Uba überschreiten bereits heute 15 Prozent der Grundwasservorräte den Nitratgrenzwert von 50 Milligramm pro Liter.

Im menschlichen Körper führt die Aufnahme dazu, dass der Sauerstofftransport im Blut behindert wird, es gibt den Verdacht, dass das vom Körper zu Nitrosaminen umgewandelte Nitrat krebserregend ist. Das Grundwasser muss unter Einsatz hoher Kosten entsprechend gereinigt werden, um als Trinkwasser genutzt werden zu können.

Großbetriebe

„Die größten Agrarumweltprobleme sind ohne Zweifel mit der räumlich konzentrierten Intensivtierhaltung in Großbetrieben verbunden“, sagte Uba-Präsidentin Maria Krautzberger der "Welt". Einige Beispiele: Aus Ställen entweichender Ammoniak fördere die Bildung von Feinstaub, Gülle, die zwar als Dünger eingesetzt wird, wird in großen Mengen zur Umweltbelastung, ein zu hoher Antibiotikagebrauch in der Massentierhaltung fördert das Entstehen resistenter Keime.

In den vergangenen 30 Jahren habe es in der Landwirtschaft – anders als in anderen Bereichen - kaum Verbesserungen zur Umweltschonung gegeben. Vorschriften gibt es laut Uba-Studie zwar, sie werden allerdings zu wenig kontrolliert und Verstoße zu wenig geahndet.

Gegenüber der Welt fordert Krautzberger éine Ausweitung des Ökolandbaus in Deutschland um 20 Prozent bis zum Jahr 2020. Derzeit werden lediglich sechs Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands ökologisch bewirtschaftet.

Bis 2030 werden weltweit um zwei Drittel mehr Antibiotika in der Nutztierhaltung verwendet als 2010, prognostizieren Forscher im Fachjournal "PNAS". Daran seien wachsender Fleischkonsum und intensivere Viehhaltung in Schwellenländern schuld. In Österreich geht der Antibiotikagebrauch aber beständig zurück, so Michael Hess von der Veterinärmedizinischen Universität Wien im Gespräch mit der APA.

Antibiotika werden in der modernen Viehzucht verbreitet eingesetzt, um die Tiere gesund zu halten und damit sie schneller wachsen. Experten schätzen, dass dafür etwa die doppelte Menge an Antibiotika verbraucht wird wie in der Humanmedizin. In einer Studie mit Daten unter anderem aus Österreich zeigten Forscher in der Fachzeitschrift "Journal of Antimicrobial Chemotherapy" vor kurzem, dass Schweine, Geflügel und Rinder umso öfter resistente Bakterien tragen, je mehr Antibiotika man verwendet. Diese Antibiotika-Resistenzen können auch an Krankheitserreger bei Menschen weitergeben werden.

Erhöhter Fleischkonsum

Wenn sich die Rahmenbedingungen weltweit nicht ändern, wird der Antibiotikaverbrauch in der Tierhaltung von weltweit 63.000 Tonnen (im Jahr 2010) bis 2030 um 67 Prozent auf 105.000 Tonnen steigen, wie ein internationales Forscherteam nun in einer Studie berechnete, die in der Fachzeitschrift "PNAS" veröffentlicht wurde. Zwei Drittel dieser Steigerung führen sie auf einen erhöhten Fleischbedarf vor allem in Schwellenländern zurück, wodurch mehr Tiere gehalten werden müssen. Das restliche Drittel sei einem Wechsel zu intensiverer Viehzucht in Ländern wie Brasilien, Indien, China, Russland und Südafrika geschuldet. In diesen Ländern erwarten sie sogar eine Verdoppelung der verabreichten Antibiotikamengen.

Laut einem Bericht der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) werden in Österreich und den meisten anderen EU-Ländern dagegen immer geringere Antibiotika-Mengen in der Viehzucht verwendet. Hierzulande sank der Gebrauch von 2010 bis 2012 um 13 Prozent. "Ich glaube, dass dies ein haltbarer Trend ist", sagte Hess, der die Universitätsklinik für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen an der Veterinärmedizinischen Uni leitet. Es stehe auch außer Frage, dass man in Europa mit Antibiotika gewissenhafter umgehe als in Schwellenländern.

Österreich

Österreich habe in manchen Bereichen eine Vorreiterrolle. "Es ist zum Beispiel das einzige Land in der EU, wo es im Geflügelbereich eine geschlossene Datenbank gibt und bei jedem Bestand genau Bescheid besteht, wie viele Antibiotika verwendet werden", sagte er. Entgegen den medial verbreiteten Aussagen eines Wiener Humanmediziners würden beim Geflügel hierzulande auch keine Chinolone zur Salmonellen-Vorbeugung eingesetzt.

Förderlich für diesen positiven Trend sei auch der Druck durch NGOs und Verbraucher gegen die freizügige Verwendung von Antibiotika in der Tierzucht, meint Hess. "Man wird sie zwar immer brauchen, um kranke Tiere zu behandeln, aber in Zukunft noch mehr Augenmerk auf Prophylaxe und Hygienemaßnahmen legen müssen, als es ohnehin schon geschieht", sagte er. Und um einfach nur das Wachstum der Tiere zu beschleunigen, wie es anderenorts gebräuchlich ist, sei die Verwendung von Antibiotika in Österreich ohnehin schon seit Anfang 2006 verboten.

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