Test: Galaxy Tab 2 10.1 nimmt iPad 2 aufs Korn
Das Design des iPad könnte nicht schlichter gehalten sein, aber dennoch hat es sich Apple markenrechtlich schützen lassen - und damit in der Branche für einen Aufschrei gesorgt. Denn wie bereits beim iPhone überschwemmte Apple plötzlich seine Mitbewerber mit Klagen und verhinderte, dass bereits simple Erfolgsfaktoren seines Tablets nicht von diesen kopiert werden konnten. Einige Unternehmen wie Samsung schlugen zwar mit Gegenklagen zurück, aber die Wirksamkeit der Klage-Strategie von Apple ließ sich nicht mehr abstreiten. Während Samsung den Verkaufsstopp in Deutschland durch ein abgeändertes Modell umgehen konnte, musste das Galaxy Tab 10.1 vor wenigen Wochen in den USA vom Markt genommen werden.
Diese Patentstreitigkeiten haben bei Samsung Spuren hinterlassen, sodass es nun bei seinem neuesten Modell, dem Galaxy Tab 2 10.1, einige deutliche Änderungen vorgenommen hat, die es von Apples iPad unterscheiden. Ob die Operation gelungen ist und das Tablet nach der radikalen optischen Veränderung noch ein ernstzunehmender Kandidat für den Branchenprimus iPad ist, zeigt der futurezone-Test.
Design - Ein
iPad mit Rand
Als das
Galaxy Tab 10.1 erstmals auf den Markt kam, wurde es mehr als nur einmal mit dem
iPad verwechselt. Das bescherte
Samsung bis zuletzt Probleme, sodass nun bereits mit dem
Galaxy Tab 10.1N das Design deutlich überarbeitet und nun mit dem
Galaxy Tab 2 fortgesetzt wurde. Die Grundzüge des Urmodells sind allerdings nach wie vor erkennbar: Auch hier umgibt das Gerät ein schwarzer Rahmen, seitlich wird dieser nun allerdings durch das graue Plastikgehäuse ergänzt. Darin findet sich auch die deutlichste Änderung am Design: die Lautsprecher. Diese sind nicht mehr als kleine Öffnungen an der Seite, sondern nun nach vorne gerichtet und deutlich breiter. So können die Lautsprecher auch im Hochformat problemlos verwendet werden und werden nicht mehr so leicht versehentlich beim Halten im Querformat abgedeckt.
Wunder darf man sich von den Lautsprechern dennoch keine erwarten, sie erfüllen allerdings ihren Zweck. Die Abstände vom Display zum Rand stimmen nahezu auf den Millimeter genau mit denen des Vorgängers überein, auch der Samsung-Schriftzug sitzt an der exakt selben Stelle. Das wirft bereits früh die Frage auf, ob das Galaxy Tab 2 10.1 tatsächlich ein Nachfolger oder nur eine optische Auffrischung des beliebten Tablets ist.
Zumindest hat sich Samsung auf der Rückseite und bei den Anschlüssen zu einigen Spielereien hinreißen lassen. So ist nun die gesamte Rückseite in hellgrauem Plastik gehalten, das dem Tablet eine leichte Aluminium-Optik verleiht. An der Oberseite des Tablets findet sich nun auch ein microSD-Karteneinschub. Beim Vorgängermodell musste ein Kartenleser noch per Adapter nachgerüstet werden. Auch die Lautstärkewippe wurde etwas vom Power-Knopf weggerückt, sodass dieser nicht so leicht versehentlich betätigt werden kann.
Die Bauweise offenbarte im Test aber auch ihre Tücken. So trat bei einem der Testmodelle das Display leicht aus der Plastikhülle heraus, nachdem sich dort vermutlich die Klebestellen gelöst hatten. Drei versicherte uns jedoch, dass dieses Problem auf ein Vorserienmodell zurückzuführen sei. Beim Austauschgerät trat dieses Problem dann nicht mehr auf, die Konstruktion dürfte allerdings etwas empfindlicher sein als das ursprüngliche Galaxy Tab 10.1. Die Verarbeitung wirkt jedoch ansonsten sehr hochwertig, nichts knarzt oder lässt sich durchbiegen. Auch die Tasten sitzen fest und haben einen guten Druckpunkt. Einzig die Abdeckungen für den microSD- sowie SIM-Karteneinschub sind etwas locker und erwecken einen etwas billigen Eindruck.
Die Abmessungen sind nahezu ident zum Vorgänger, lediglich die Dicke stieg von 8,6 auf 9,7 Millimeter an. Dadurch wurde das Tablet auch etwas schwerer und wiegt nun 588 statt wie bisher 560 Gramm. Das ist voraussichtlich auf die Designänderungen zurückzuführen. Auch wenn nur knapp zwanzig Gramm zwischen den beiden Modellen liegen, so wirkt das aktuelle Galaxy Tab deutlich schwerer, vor allem die dickere Bauweise trägt viel zum etwas wuchtigen Eindruck bei.
Kamera light
Im Vergleich zum Vorgänger findet sich die idente 3,15 Megapixel-Kamera auf der Rückseite des
Galaxy Tab, allerdings wurde dieses Mal auf einen LED-Blitz verzichtet. Auch die Frontkamera wurde etwas abgewertet und bietet nun statt 2 Megapixel lediglich eine VGA-Auflösung. Der Verlust ist allerdings zu verschmerzen, da Tablet-Kameras oft nur eine mittelmäßige Leistung bieten und zeitweise sogar qualitativ hinter den in Smartphones verbauten Kameras liegen. Die Videoaufnahme ist mit der Rückkamera in 720p möglich, ein Video-Editor für den schnellen Schnitt von Urlaubsvideos wird von Samsung bereits als App mitgeliefert.
Minimalismus bei der CPU
Wie bereits in vielen anderen Punkten, ist das
Galaxy Tab 2 nahezu ident ausgestattet wie dessen Vorgänger. Auch hier verrichtet eine mit 1 GHz getaktete Dual-Core-CPU (ARM Cortex A9) neben einem Gigabyte RAM seine Arbeit. Leider wurde hier aber auf den flotten Tegra 2-Grafikchip von Nvidia verzichtet und gegen den SGX540 von PowerVR ersetzt. Dieser Tausch hat aber nur geringe Auswirkungen.
Im Vergleich mit einem gerooteten Galaxy Tab 10.1 (CyanogenMod 9 Nightly) liegen die beiden Tablets in den CPU-lastigen Benchmarks meist gleichauf, in Quadrant und dem CF-Bench überholt allerdings der Vorgänger trotz gleicher CPU das neue Tablet bei weitem. Dennoch macht dies das Galaxy Tab 2 überraschenderweise wieder in allen 3D-Benchmarks wett. Einzig GTA 3 ruckelte im Test, war aber dennoch spielbar.
"Ice Cream Sandwich" an Bord
Auch die TouchWiz-Oberfläche läuft sehr flüssig, auch wenn sie nach wie vor sehr verspielt ausfällt. Die mitgelieferten Icons wirken zeitweise wie aus einem Comic, ohne die Versionsnummer zu sehen könnte man nicht sagen, dass auf diesem Tablet Ice Cream Sandwich installiert ist. Dennoch hat Samsung die aktuelle Android-Version hervorragend portiert, das Starten der getesteten 3G-Version mit 16 Gigabyte Speicher dauerte nur wenige Sekunden.
Dennoch ist das Galaxy Tab 2 in Anbetracht der dichten Konkurrenz an Quadcore-Tablets leistungsmäßig nur mehr im Mittelfeld anzusiedeln. Mit dem Galaxy Note 10.1 dürfte spätestens zum Start der IFA Anfang September ein leistungsfähigeres Tablet von Samsung kommen. Dieses wird mit einem 1,4 GHz Quadcore-Prozessor ausgestattet sein.
Telefonieren mit 10 Zoll-Bildschirm
Die getestete Variante mit 3G-Modul funkt nicht nur im UMTS-, sondern auch im GSM-Netz und erlaubt so neben der Datenübertragung auch herkömmliche Sprach- und Videotelefonie sowie das Versenden von SMS. Das Gerät lässt sich zwar auch wie ein herkömmliches Handy an das Ohr halten, so ist das Telefonieren mehr als unbequem. Daher empfiehlt Samsung die Verwendung einer Freisprecheinrichtung, die sich jedoch nicht im Lieferumfang befindet. Die Telefon- und Nachrichten-Apps wurden an die Bildschirmgröße des Tablets angepasst und lassen sich bequem bedienen.
Display - Zwillinge mit feinen Unterschieden
Wirft man einen Blick auf die technischen Daten des
Galaxy Tab 2 und von dessen Vorgänger, so sind die Bildschirme vollkommen ident: ein 10,1 Zoll großer TFT-Touchscreen mit einer Auflösung von 1280 mal 800 Pixel, der auf der Samsung-Technologie PLS (Plane Light Switching) basiert. Dennoch dürfte Samsung die Panels noch einmal überarbeitet haben, denn der Kontrast sowie die Helligkeit des
Galaxy Tab 2 übertreffen seinen Vorgänger deutlich. Vor allem die Farben profitieren vom erweiterten Kontrast und wirken nicht stark überzeichnet, wie es noch zeitweise beim Vorgänger der Fall war. Kritik muss man sich lediglich bei der geringen Pixeldichte gefallen lassen, die im Vergleich mit einem Retina-iPad oder dem
Galaxy Tab 7.7 mit Super AMOLED Plus nicht zeitgemäß ist. Schriften wirken zeitweise etwas scharfkantig und wären wohl mit einem Full HD-Display deutlich besser zur Geltung gekommen.
Multimedia-Tablet mit wenig Liebe zum Vorgänger
Besitzer des ersten
Galaxy Tab 10.1 werden sich einerseits über den Nachfolger mit Ice Cream Sandwich freuen, da dadurch das angekündigte Update auf
Android 4.0 wohl näher rücken dürfte, andererseits aber auch über den Mangel an Support für bestehendes Zubehör erbost sein. Denn das ursprüngliche Tastaturdock sowie die HDMI-Adapter funktionieren laut zahlreichen Foreneinträgen nicht mit dem
Galaxy Tab 2. Samsung bewirbt auch selbst in einer Aussendung für Zubehör lediglich das neue Tastaturdock sowie die Bluetooth-Tastatur und die "Diary-Tasche". Im futurezone-Test konnte das Tastaturdock nicht verwendet werden und ließ sich aufgrund der größeren Dicke nur schwer in die Halterung einführen. Die USB- und SD-Karten-Adapter funktionierten hingegen problemlos.
Ein nettes Feature: im Galaxy Tab 2 findet sich ein Infrarot-Blaster, mit dem das Tablet auch als Fernbedienung verwendet werden kann. Dazu wird allerdings eine separate App benötigt, zum Beispiel das kostenpflichtige Touchsquid oder Irdroid, das problemlos über bestehende LIRC-Profile erweitert werden kann.
Fazit
Das
Galaxy Tab 2 10.1 erhebt definitiv nicht den Anspruch, das derzeit schnellste Tablet auf dem Markt zu sein. Mit einem Straßenpreis von knapp 350 Euro soll es viel mehr dem
iPad 2 Konkurrenz machen und das könnte aufgrund des Preisvorteils durchaus gelingen. Einziger wirklicher Kritikpunkt ist die schwache Kamera, das ist allerdings ein Problem, das Samsung mit allen anderen Tablet-Herstellern teilt. Für einen günstigen Tablet-Einstieg ist das
Galaxy Tab 2 10.1 ideal, Besitzer eines
iPads oder anderen Tablets werden hier allerdings nur wenig Neues finden.
Alternativen
Zeitgleich mit dem
Galaxy Tab 2 10.1 erschien auch dessen "kleiner Bruder", das lediglich 7 Zoll misst. Die Ausstattung ist nahezu ident zu der des 10.1, lediglich der Bildschirm ist kleiner und die Auflösung wurde auf 1024 mal 600 Pixel reduziert. Der Straßenpreis für die günstigste Variante liegt bei 250 Euro. Um knapp 200 Euro gibt es jedoch bereits das Google Tablet
Nexus 7, das mit einer Auflösung von 1280 mal 800 Pixel eine deutlich höhere Pixeldichte bietet und bereits mit
Android 4.1 ausgestattet ist. Allerdings ist das
Nexus 7 derzeit noch nicht in Europa verfügbar und soll erst in den nächsten Monaten auch bei uns verfügbar sein.
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