Wie jede Frau guten Sex haben kann

Wie jede Frau guten Sex haben kann
Multiple Orgasmen & Non-Stop-Lust gelten als „sexuelle Norm“. Frauen fühlen und begehren höchst unterschiedlich. Eine junge Sexforscherin klärt nun auf.

Bin ich normal?" Das ist eine der häufigsten Fragen von Frauen, mit denen sich die amerikanische Sexualwissenschaftlerin Emily Nagoski in ihrem Blog "The Dirty normal" konfrontiert sieht. Meist wird sie dezent verpackt – in Anliegen wie "Wieso habe ich nie Lust beim Sex anzufangen?", "Wie schaffe ich es, dass ich wieder Sex mit meinem Partner haben möchte?" Oder aber: "Kann es sein, dass ich noch nie einen Orgasmus hatte?"

Wie jede Frau guten Sex haben kann
Emily Nagoski
Schon sehr erstaunlich: Es gibt Vibratoren in allen Formen, Farben und Größen, die Welt wird mit sexuellen Botschaften und Inhalten geradezu geflutet, auf dem Markt kursieren Millionen von Ratgebern zum Thema Lust und Liebe. Wenn diverse Dating-Portale mit Zahlen und Fakten aufwarten, wird offensichtlich: Alles ist möglich, alles ist super. Männer scheinen bei jeder Gelegenheit fremdzugehen. Frauen sind angeblich experimentierfreudiger denn je. Und seit dem weltumspannenenden Erfolg von "50 Shades of Grey" liebäugeln sie sowieso nur mehr mit S/M-Praktiken oder suchen im Internet nach dem schnellen, unkomplizierten Abenteuer.

Was stimmt nicht?

Und dennoch ist das Gros der Frauen sexuell unzufrieden. Das liegt vor allem daran, dass rund um das Thema weibliche Sexualität unzählige Mythen und viel Unkenntnis existieren. Verunsicherung ist häufig umrahmt von der Frage: "Stimmt mit mir etwas nicht?" Außerdem kursieren in Lifestyle-Medien zahlreiche Vorstellungen von sogenanntem "normalen" Sex. Wer noch nie in seinem Leben einen multiplen Orgasmus hatte, alle Stellungen des Kamasutra durchgeturnt und sich nicht von Ekstase zu Ekstase hechelt, ist langweilig und frigide. Wo "normaler Sex" doch immer exzessiv und ausufernd ist.

Berit Brockhausen, Sexualtherapeutin und Autorin des Buchs "Guter Sex geht anders" (Verlag Humboldt) dazu: "Es kommt leider niemand auf die Idee, dass es ganz normal ist, diesen angeblich normalen Sex nicht zu haben. Doch die Erwartungen sind groß und die Messlatte hängt hoch – unerreichbar hoch." Aber jeder Versuch, irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen, macht (kontraproduktiven) Druck. Brockhausens Botschaft: "Nehmen Sie sich ernst. Wenn es Ihnen bis heute nicht gelungen ist, tollen Sex zu haben, der angeblich ganz normal ist, dann sollten Sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es genau deshalb nicht passiert ist, weil es gar nicht geht."

Außerdem scheint nach wie vor unklar, was weibliche Sexualität konkret ausmacht. Die österreichische Sexualmedizinerin Elia Bragagna monierte etwa in ihrem Buch "Weiblich, sinnlich, lustvoll", dass kaum wirklich fundiertes Wissen über die weibliche Sexualität und über die weibliche Anatomie – fernab von ihrer Gebärfunktion – vorhanden sei. Ein Beispiel: "Für die meisten Frauen ist etwa die Klitoris ein kleines Knöpfchen. In Wahrheit ist dieses Knöpfchen jedoch nur die Spitze eines ganzen Klitoris-Komplexes." Dazu kommt, dass die weibliche Sexualität über Jahrzehnte hinweg uns allen als "Light-Version der männlichen Sexualität" verkauft wurde.

Dilemma

Dabei beginnt das ganze Dilemma bekanntlich nicht nur damit, dass sich Frauen von Männern in Sachen Lust & Liebe massiv unterscheiden, sondern Frauen auch untereinander extrem unterschiedlich sind. "Wir sind alle aus den gleichen Teilen gemacht, aber in jedem von uns sind sie auf einzigartige Weise zusammengesetzt, die sich noch dazu im Laufe unseres Lebens verändert", erläutert Nagoski. Zudem steckt viel in uns, was die Gesellschaft in Sachen Sex vorgibt – Botschaften, Ansichten, Meinungen. "Hier mangelt es nicht nur an Fakten, vieles ist auch widersprüchlich."

Komm, wie du willst

In ihrem neuen Buch "Komm wie du willst – das neue Frauen-Sex-Buch" (Verlag Droemer & Knaur), macht die Forscherin Nagoski Mut. Auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse vermittelt sie Know-how, um das sexuelle Potenzial von Frauen zu verbessern. Dabei räumt mit sämtlichen überholten Vorstellungen darüber auf, wie Frauen fühlen und begehren, um den Weg für ein echtes, fundiertes Verständnis von weiblicher Sexualität zu ebnen. Die wunderbare Nachricht: Jede Frau kann guten Sex haben – vorausgesetzt, sie kennt ihren Körper und weiß, was sie braucht, um sich sexuell "wohl" zu fühlen. Die wichtigste Zutat zum sexuellen Glück ist Wissen. Wissen über den eigenen Körper und die Mechanismen der Lust. Wissen darüber, was beim Sex bremst und was beim Sex anturnt. In ihrem Buch animiert Nagoski Frauen, darüber nachzudenken - etwa mit Hilfe von Arbeitsblättern, mit denen man individuell seine Lust-Struktur analyiseren kann, um zu entdecken, was die Lust maximiert oder eben mindert.

Lesen Sie morgen: 10 Dinge, die Frauen wissen sollten, um guten Sex zu haben.

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