Wie Teenager die Vergangenheit spürbar machen

Wie Teenager die Vergangenheit spürbar machen
In ihrem Theaterstück inszenierten Jugendliche ein fiktives Zeitzeugen-Interview aus mehreren Sichtweisen

Jedes Jahr erarbeitet die fünfte Klasse des jüdischen ZPC-Gymnasiums in Wien eine Gedenkveranstaltung für die Opfer der Schoah. Heuer konzentrierten sie sich auf die psychologischen Auswirkungen und wie die Menschen mit dem Trauma umgehen, erzählt Esther: „Wir haben uns viel mit Zeitzeugenberichten beschäftigt, wir haben im Lauf der Zeit einige getroffen und viele Biografien gelesen. Es werden ja immer weniger, die noch von damals erzählen können.“

Sie ließen in ihrem Stück vieles zusammenfließen, was in den Geschichten von damals vorkommt. Ein Schüler interviewt dabei auf der Bühne eine alte Dame zu ihren Erinnerungen. Sie erzählt ihm auf bedächtige Art, wie sie es erlebt hat.

Doch die Bühne ist aufgeteilt. Dasselbe Wohnzimmer-Foto, das auf einer Seite der Bühne in Farbe als Hintergrund dient, ist auf der anderen Seite nur schwarz-weiß und symbolisiert die Vergangenheit. Dort spielt eine Mitschülerin die Dame als junges Mädchen und erzählt aufgeregt, was ihr an Ungerechtigkeiten widerfahren ist.

„Wir wollten auch zeigen, dass Überlebende manche Sachen gar nicht so dramatisch schildern, wie sie sie erlebt haben. Oder dass sie über manches lieber gar nicht sprechen“, erklärt Esther. Diese Diskrepanz zeigte sie mit den zwei Figuren auf der Bühne. Aus dem Mund eines Teenagers klingt das Erzählte noch eindringlicher als von einer echten oder gespielten alten Dame. Die Worte wirken bei der 14-jährigen Tamar ganz aktuell, als wäre die Geschichte von heute.

Einen Bezug herstellen

Im zweiten Teil ist Jonathan einer von drei Jugendlichen, die über eine Person aus ihrer Familiengeschichte sprechen. In einem fiktiven Fernsehinterview erzählt er vom Bruder seines Urgroßvaters und dessen schwieriger Flucht und mutigem Einsatz als Fallschirmspringer zur Befreiung seiner Heimat. „Ich habe mir Hugo ausgesucht. Er ist zwar nicht direkt verwandt mit mir, aber er hat eine aufregende Geschichte, die für mich heute noch ein Vorbild ist.“

Auch Esther stellt im Stück den Bezug zu ihrem Leben her: „Wir haben in unserem Wohnzimmer eine Vase stehen, die aus der Fabrik unserer Urgroßeltern übrig geblieben ist. Wir haben uns entschieden, sie nicht reparieren zu lassen, denn die Schäden erinnern uns an die Geschichte.“

Dieser persönliche Aspekt macht das Zusehen so berührend. Auch für die Jugendlichen: „Wir sind für das Stück ein paar Schritte in den Schuhen der Zeitzeugen gegangen. So können wir eher nachempfinden, wie es ihnen ergangen ist.“ Auch, wenn die Wirklichkeit unvorstellbar war.

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