Schildkröten können mit Touchscreens umgehen

Sehr gescheit: Schildkröten können von Computer-Spielen lernen und das Gelernte dann auch in der Realität anwenden
Und sie können das gelernte Computerspiel-Verhalten in die echte Welt übertragen.

Schildkröten können mit Touchscreens umgehen und angelerntes Verhalten aus der virtuellen Welt in die natürliche übertragen - aber nicht umgekehrt. Das zeigt eine Studie unter der Leitung des Kognitionsbiologen Ludwig Huber vom Messerli Forschungsinstitut der Veterinärmedizinischen Universität Wien, die kürzlich in der Fachzeitschrift „Behavioural Processes“ veröffentlicht wurde.

So läuft der Versuch ab: Die Köhlerschildkröte steht vor einem Bildschirm, auf dem eine Erdbeere erscheint. Sie berührt diese, als Belohnung taucht vor ihr in einer Mulde ein reales Obststück auf. Nun hat sie das Einstiegslevel gemeistert und kommt in die echte Versuchsphase, in der das internationale Forscherteam die Leistungen der Tiere am Touchscreen untersucht hat.

Für die beiden getesteten Schildkröten Esme und Quinn wurde es nun schwieriger. Auf dem Bildschirm tauchten jetzt blaue Kreise auf. Esme bekam nur mehr eine Futterbelohnung, wenn sie den linken berührte, und Quinn beim rechten. Die beiden Tiere meisterten auch diese Aufgabe, sie entschieden sich öfters für den jeweils „korrekten“ Kreis.

Vom Spiel zur Realität

Nun wurden sie in eine Box gesetzt, in der sich auf der gleichen Seite wie zuvor die blauen Kreise blaue Futternäpfe befanden. Die beiden zeigten jeweils eine Präferenz zu der Seite, die sie zuvor am Bildschirm verköstigt hatte. „Es ging hier nicht um ein Wiedererkennen von Objekten, sondern darum, ob sie eine Navigationstendenz vom Bildschirm in ein ganz neues Setting mitnehmen; und zwar in eine 'Arena' mit realen Objekten“, erklärte Huber. „Dies war eindeutig der Fall“, sagte er.

Die Schildkröten hatten zwar ihr Verhalten vom Bildschirm in die natürliche Welt mitgenommen, konnten aber offensichtlich zwischen der zweidimensionalen Welt und der Realität unterscheiden. Denn als die Forscher sie in der „Arena“ auf die jeweils andere Seite umtrainierten, nahmen sie die neue Präferenz nicht zum Bildschirm mit. „Dort haben sie wieder so reagiert, wie sie ursprünglich am Touchscreen gelernt hatten“, so Huber.

Besseres Verständnis

Eine übliche Erklärung für diese Asymmetrie sei, dass die reale Umgebung viel mehr Informationen liefert, die den Tieren später am Bildschirm fehlt, erklärte er. Umgekehrt würde der Touchscreen gewisse Anhaltspunkte liefern, die auch in der natürlichen Welt beibehalten sind.

Die Studie habe nicht nur zum Verständnis beigetragen, was Tiere auf einem Computerbildschirm sehen können, sondern auch gezeigt, dass man in der Kognitionsforschung so wie mit Ratten, Hühnern, Tauben, Affen, Hunden und anderen Tieren auch mit Schildkröten mit halb-automatisierten Lernapparaturen arbeiten kann. Und schließlich, dass man ihre visuellen Fähigkeiten an so artifiziellen Geräten wie einem Touchscreen überhaupt untersuchen kann, so der Verhaltensforscher.

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