Südtirol: Die schönsten Ecken und Wandertouren der Dolomiten
„Da wird man ja fast auf den Gipfel gebracht“, rümpfte eine bergaffine Kollegin die Nase, als sie vom neuen Wanderweg „Dolomites Ronda“ hörte. Dieser kombiniert Genuss mit hochalpinem Gelände. Mit Bus, Gondel oder sogar Rolltreppe werden Gäste – je nach Können – auf 1.000 Meter Seehöhe oder noch viel höher transportiert, um die majestätischsten Abschnitte einiger italienischer Wanderklassiker zu beschreiten. Das Gepäck wird in der Zwischenzeit zum nächsten Hotel gebracht. Aber keine Sorge, bei 3.000-Meter-Gipfeln, Schneefeldern und Klettersteigen kommen auch Puristen auf ihre Kosten – und freuen sich am Abend über den Transfer zur Unterkunft.
Aus fünf Tagesetappen in den zentralen Tälern der Dolomiten zwischen Südtirol und dem Trentino kann man zwischen leichten, mittelschweren und anspruchsvolle Etappen wählen. Der KURIER hat drei Routen getestet.
Tour 1: Im Geröll
Gebannt schaut eine Gruppe Wanderer von der Seiser Alm die charakteristisch platte Flanke des Plattkofels empor. Spätestens beim Anblick des ausgesetzten Gipfels (2.955 Meter) wird klar, dass sich Genusswandern beim Bezwingen dieses Berges auf den kulinarischen Genuss am Ende der Tour beziehen könnte. Nach Gondel- und Busfahrt gilt es 700 Höhenmeter zum Gipfelkreuz zurückzulegen. Den Großteil davon auf Geröll. Passendes Schuhwerk und Trittfestigkeit sind Grundvoraussetzung.
Zwei Stunden führt ein Pfad durch felsiges Gelände, wobei der Schotter unter den Füßen immer wieder nachgibt und sich jeder Schritt einen Tick anstrengender anfühlt als sonst. „Pausen sind ratsam, aber keine Bozner Pausen“, scherzt der Bergführer, der als einziger nicht außer Atem ist. Gemeint ist, dass auf das letzte Gruppenmitglied gewartet wird und sobald dieses aufgeschlossen hat, die Verschnaufpause für beendet erklärt wird. Mit oder ohne Unterbrechung, mit der Zeit beginnt das Grau in Grau des Bergmassivs einen zu ermüden. Dann ist jedoch der Gipfel in Sicht. Umschlungen von nicht minder imposanten zickzackförmigen Schwesterbergen, ist der Ausblick die vorangegangene Anstrengung wert. Runter geht es schneller und in der Hütte wartet bereits eine deftige Brettljause.
- Anreise
Klimafreundlich mit den ÖBB nach Brixen und Bozen. - Die Wanderung
Selbstgeführte Dolomiten-Wanderung, mitinitiert von ASI Reisen, asi-reisen.de. Übernachtungen im Tal. Gepäck wird vom Anbieter von Hotel zu Hotel gebracht. Ab 1.205 € p. P. - Auskunft: suedtirol.info
Tour 2: Über Schneefelder
Dass es in Südtirol selbst in luftigen Höhen hervorragenden Espresso gibt, überrascht nicht. Bevor man nach Bus- und Gondelfahrt auf 2.500 Höhenmetern bei durchwachsenem Wetter Helm und Klettergurt anlegt, um den legendären Piz Boè zu erklimmen, kommt der Koffeinschub gerade recht. Beim Anblick der unbezwingbar erscheinenden Felswände wird klar, warum es sich um UNESCO-Welterbe handelt und Menschen aus Nah und Fern kommen, um in dieser Landschaft zu wandern. Für die anspruchsvolle Route muss man diesmal ein bisschen kraxeln können und wollen. Ein Klettersteig und ausgesetzte Schneefelder sorgen für Adrenalin.
Um die Mittagszeit am Piz Boè angekommen, verlässt gerade eine Bergsteigergruppe das Matratzenlager der dortigen Hütte. Die nach Stärkung und kurzem Abstieg gewählte Gondel wäre für sie wohl nichts. Nachdem bergab einige Mutige die Schneezungen wie eine Skipiste runterrutschen und jetzt Schuhe, Socken (und nach missglückter Bremsung Hosen) nass sind, ist die „Express-Talfahrt“ mehr als willkommen. Ebenso die Panoramasauna nach dem Transfer ins Hotel.
Tour 3: Auf den Almwiesen
Im Skiurlaub wird der dritte Tag oftmals etwas gemütlicher angegangen. Der „Dolomites-Ronda“-Wanderweg ist an die Sellaronda – eine Skirunde, die sich an Fahrer aller Könnensstufen richtet und abwechslungsreiche Pisten mit Kulinarik verbindet – angelehnt. Dementsprechend wird am dritten und letzten Tag die leichtere Route gewählt. Diese fällt über weite Strecken in die Kategorie alpiner Spaziergang, weiß dabei aber mit einem Wechselspiel aus duftenden Fichtenwäldern und sattgrünen Almen zu überzeugen.
Der vielleicht anstrengendste Teil an diesem Tag sind die schier endlosen Stiegen zur Bergbahn.
Mit insgesamt vier Rolltreppen ließe sich aber auch diese Hürde komfortabel umgehen. Mit der Bergbahn geht es schließlich nach Ciampediè auf 2.000 Meter und von dort zu Fuß gemütlich Richtung Rotwandhütte. Auf dieser warten bereits Käsespätzle, Kaiserschmarrn und Zirbenschnaps. Dass auf den stark frequentierten Südtiroler Almen, wie böse Zungen behaupten, nicht nur Kühe, sondern auch die Touristen gemolken werden, bewahrheitet sich hier nicht. Das Essen schmeckt, die Preise sind fair. Nach einem letzten Espresso geht es – wie könnte es anders sein – via Sessellift ins Tal, wo das Taxi zum Bozner Bahnhof wartet. Komfort und Höhenmeter sind auf dieser Wanderung tatsächlich kein Widerspruch.
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