Spaziergang in Osijek: Wie daheim und doch ganz anders
Igor, der junge lokale Reiseführer, bleibt beim Stadtrundgang im Zentrum von Osijek in der Europäischen Avenue stehen und zeigt stolz auf ein prachtvolles Sezessionsgebäude; einer von vielen Stadtpalästen hier, die um 1900 errichtet wurden. Die Straße mit charmanten Häusern erinnert beim Flanieren ein wenig an Graz. Osijek, bis Mitte des 19. Jahrhunderts die größte Stadt des heutigen Kroatiens, liegt im Osten Slawoniens ... Moment. Slawonien?
Bekannte, die zig Mal in Kroatien (Istrien, Kvarner Bucht, Dalmatien) auf Urlaub waren, stellten nach diesem Trip dieselbe Frage: Slawonien, wo ist denn das? Östlich von Zagreb liegt aus österreichischer Sicht offensichtlich der weniger bekannte Teil Kroatiens. Dabei ist die gemeinsame Vergangenheit für Slawonier noch präsent: Prinz Eugen von Savoyen und seine habsburgischen Truppen bereiteten der hundertfünfzigjährigen Herrschaft der Osmanen ein Ende. „Aus Wien? Das ist ja unsere zweite Hauptstadt!“, hört man vor Ort schmeichelnde Wort (Gefühlt hat jeder, mit dem man ins Gespräch kommt, schon in Wien gelebt oder Verwandte in Wien). Vor den Habsburgern und den Osmanen waren natürlich schon die Slawen da, und die antiken Römer sowieso.
Ein begehrter Landstrich also. Das erklärt sich schon allein geografisch: „Slawonien ist die Kornkammer Kroatiens“, erzählt Igor, der in Deutschland aufgewachsen ist und perfekt Deutsch spricht. Bei der spätsommerlichen Fahrt durch die brettelebene Region flimmern links und rechts die Getreide- und Sonnenblumenfelder in der Sonne. Osijek selbst liegt an der Drau – wenige Kilometer vor deren Mündung in die Donau an der serbischen Grenze – und war stets ein wichtiger Handelsplatz. Neben der Lage am Wasser machen die vielen Parks und die Studierenden (quirlige Lokalszene!) die Stadt sehr grün und lebenswert.
Übernachten Das familiengeführte 3*-Guesthouse Maksimilian (Franjevačka ul. 12) liegt mitten im alten Stadtteil Tvrđa (Festung). maksimilian.hr
Essen Im „Projekt 9“ speist man stilvoll auf einem ehemaligen Schiff, das an der Drau-Promenade vor Anker liegt. projekt9.hr
Auskunft Mehr Tipps über die viertgrößte kroatische Stadt sowie Ausflüge in die Region gibt’s auf visitslavoniabaranja.com/de/ und croatia.hr/de-de
Geht man nun, von der Kathedrale in der Oberstadt kommend, die Europäische Avenue weiter nach Osten und biegt links ein, kommt man ins ruhige Festungsviertel Tvrđa. Von der Drau aus ist sogar noch ein Teil der sternförmigen Außenmauer zu sehen. (Bild: die Pfarrkirche St. Michael mit Doppelturmfassade).
Beim Rundgang mit Igor ist auch die jüngere Vergangenheit noch sichtbar: Während die meisten Häuser im kopfsteingepflasterten Viertel hübsch restauriert leuchten, erinnern Einschusslöchern an manch grauer Fassade noch an den Jugoslawienkrieg in den 90ern. Heute ist Osijek wieder ein friedlicher Mikrokosmos und eine Art Geheimtipp.
Kommentare