Wir sind eigentlich gar nicht so. Jedenfalls waren wir es nie. Aber seit wir Kinder haben, sind wir hoffnungslose Chaoten. Anton (5) und Emil (2) – zwei Vollzeitburschen mit Halbtagseltern. Das geht sich oft einfach nicht aus.
Dem Chaos versuchen wir unter anderem mit einem eigenen Tischkalender beizukommen, auf dem wirklich jeder Termin eingetragen wird. Anton zum Zahnarzt bringen, Emils Stoffkatze einpacken und seine Hose sollte mal wieder gestopft werden (alle Dinge, die bei uns niemand erledigen will, werden einfach passiv formuliert in die Familienrunde geworfen. Der Müll sollte auch wieder mal rausgebracht werden).
Das ist unser Alltag. Einkaufslisten, To-do-Listen, immer am Limit. Immer einen Schritt voraus, aber nie da, wo wir eigentlich sein sollten. Man sollte und müsste ... zum Beispiel wieder mal auf Urlaub fahren.
Was wir dabei immer wieder vergessen: Jeder Urlaub bringt mindestens drei weitere Packlisten. Essen für die Autofahrt, die richtigen Pixi-Bücher für Emil, die Tonie-Box für Anton, das richtige Gewand für beide. Am Ende ist das Auto bummvoll und die Eltern am Ende. Und das ist erst der Anfang.
Als wir das erste Mal zu dritt wegfuhren – in ein bescheidenes Familienhotel in der Oststeiermark –, hatten wir die verlockende Vorstellungen von gemeinsamem Essen ohne Selberkochen, mit schlafendem Kind im Buggy und einem Glas Wein samt Sonnenuntergang. Zu dritt gegessen haben wir nie, einer von uns beiden lief immer mit dem Löffel in der Hand dem kleinen Anton hinterher.
Er ist – natürlich – ein entzückender Bub, erzählt noch heute ansatzlos jedem Geschichten von seinen Rittern und erklärt, was er später einmal werden will (Paläontologe und Polizist). So hatte er damals binnen drei Tagen die ganze Hotelbelegschaft eingekocht, nur seine Eltern waren streichfähig.
Pragmatismus siegt
Mit dem zweiten Kind wurden wir viel pragmatischer. Urlaub? Ja, unbedingt. Aber nur mehr mit Freunden mit Kindern, denen geht es schließlich genauso wie uns. Oder im Notfall mit den (Schwieger-)Eltern. Die Kinder spielen miteinander oder mit den Großeltern, die Eltern können zwischendurch ein bisschen abschalten, perfekt. Also wird ein Appartement angemietet, das „im Internet eigentlich super ausgeschaut hat“, und natürlich wird selbst gekocht, weil das billiger ist. Und schon ist eine Woche verflogen, ohne dass sie sich wie Urlaub, wie man ihn früher einmal gekannt hat, angefühlt hätte.
"Wir sind Familie"
Dabei ist es doch eigentlich genau das, was man als Eltern zweier Kleinkinder braucht: Ruhe. Zeit. Für sich und füreinander. Unser letzter Versuch hieß letzten Herbst also: Kinderhotel, aber diesmal in einem richtig tollen.
Auftritt Familienhotel Familiamus in Meransen, Südtirol. Tolle Architektur, gutes Essen, sogar ein lateinischer Name (Familiamus will für Familia sumus, „wir sind Familie“ stehen) – sprich: ein Hotel, in dem weder Kinder noch Eltern zu kurz kommen.
Stille Tage
Das beginnt schon beim Check-in. Gleich neben der Rezeption liegt eine Indoor-Sandkiste, die Anton und Emil natürlich gleich erobern, während die Eltern in Ruhe ankommen können.
Das ganze Haus ist durchzogen von solchen schlauen Ideen, für Kinder genauso wie für Große. Neben den Rutschen, die alle Stockwerke miteinander verbinden, stehen gemütliche Sofas. Die Eltern lümmeln, die Kinder rennen und rutschen. Oder die Fenster zwischen den Schlafräumen im gemeinsamen Zimmer, die aber mit einem Holzbalken verschlossen werden können. Wow, Privatsphäre!
Unsere große Angst war, in einem Haus zu landen, wo alles kreischt – die Kinder, die Ausstattung, die Animateure. Das gibt es im Familiamus alles nicht, alles wirkt erwachsen und ist trotzdem durchwegs kinderfreundlich. Nicht einmal die Rutschautos, mit denen die Kinder über drei Stockwerke hinweg eine Rampe hinunterdüsen können, nerven. Sie gleiten fast geräuschlos über den grauen Teppichboden. Und selbst das Kreischen der Kinder verhallt irgendwie. Ein Feature, das man auch zu Hause gerne hätte.
Danke, Laura
An den Details merkt man, dass die Familie, die sich das Haus ausgedacht und gebaut hat, auch selbst dort wohnt. Die Enkel waren Testpersonen, der Schwiegersohn führt die Kinderskikurse, eine Tochter des Hauses die entzückende Animation und die Kinderbetreuung. Die hat übrigens Öffnungszeiten und einen Betreuungsschlüssel, von dem mancher Kindergarten hier träumt (Anton und Emil sprechen noch immer von Laura).
Familienurlaub geht also, und man kann ein Hotel für Kinder und ihre Eltern betreiben, in dem nicht sogar die Farbe an den Wänden schreit und sich alle wohlfühlen. Dass daneben dann auch noch ein Skigebiet liegt, wo man als versammelte Familie oder auch mal alleine – danke, Laura! – hin kann, dass es einen riesigen Indoor-Pool gibt, bei dem die Erwachsenen genauso von der Kletterwand ins Wasser hüpfen wie die Kinder, ist dann nur mehr die Draufgabe.
Billig ist das freilich nicht. Das Hotel ist als All-in-Konzept angelegt, das Essen (Sternemenü für die Großen, Klassiker wie Nudeln und Schnitzel für die Kleinen) ist genauso inkludiert wie alle Getränke (selbst für die Kleinen gibt es alkoholfreie Cocktails). Dazu kommt das Kinderprogramm inklusive einer eigenen Holzwerkstatt für alle, die keine Angst vor Sägen plagt, Skifahren, Spa, Sauna, Kletterwand, Turnsaal ...
Übrigens: Chaotisch waren wir vier im Hotel auch. Nur war es dort jedem herzlich egal.
Kommentare