Slowenien: Der Musterschüler von Ljubljana

Slowenien: Der Musterschüler von Ljubljana
Mit einer großen Schleife windet sich der Fluss Ljubljanica durch die slowenische Hauptstadt Ljubljana und bietet eine großartige Bühne für Brücken mit säulenförmigen Kandelabern und das schön gestaltete Ufer. Sie alle tragen die Handschrift eines Architekten: Jože Plečnik.

Wie lange Finger spannen sich die Drei Brücken „Tromostovje“ von der Altstadt ans andere Ufer der Ljubljanica. Jože Plečnik ließ zur mittleren Brücke (aus dem Jahr 1842) zwei seitliche Brücken für Fußgängerinnen und Fußgänger bauen, die 1932 eröffnet wurden. Die hohen Kandelaber auf geschwungenen Betonsäulen sollen an Leuchttürme erinnern. Bis auf wenige Radfahrer sind jetzt auf den Drei Brücken alle zu Fuß unterwegs, je nach Ziel fächern sich die Wege auf.

Slowenien: Der Musterschüler von Ljubljana

„Tromostovje“: Jože Plečnik ließ zur mittleren Brücke zwei seitliche Brücken bauen.

Im flotten Schritt ist auch ein prächtiger Pfau unterwegs, zielstrebig auf der Promenade entlang der Altstadt, von den Spaziergängern kaum beachtet. Er scheint von den offenen Marktplätzen zu kommen, die direkt am Fluss liegen. Stadtführer Tomaž erklärt die Situation: „Der Pfau kommt fast täglich hierher, er gehört zu einer Straußenfarm in der Nähe und wird von seinem Besitzer begleitet.“ Damit ist der Pfau ebenso eine Attraktion wie die offene Markthalle, die mit ihrer langen Säulenreihe der leichten Biegung des Flusses folgt. „Auch ein Werk des Architekten Plečnik, der mit dieser Gestaltung an Elemente der Antike erinnern wollte.“

Slowenien: Der Musterschüler von Ljubljana

Stolz präsentiert Stadtführer  Tomaž am Ufer der Ljubljanica ein Porträt des Architekten Jože Plečnik – er prägte das Bild der slowenischen Hauptstadt.

Jože Plečnik wird 1872 in Ljubljana geboren. Er soll seinem Vater als Tischler nachfolgen. Im Zuge seiner Ausbildung zeichnet er Entwürfe für Möbel, was ihn nach Wien an die Akademie der bildenden Künste führt. Hier entdeckt Otto Wagner sein zeichnerisches Talent und holt ihn in seine Meisterklasse. Als junger Stadtarchitekt plant er das Zacherlhaus an der Brandstätte und einige Stadtbahnbauten in Wien, anschließend konzipiert er die Neugestaltung der Prager Burg und deren Gartenanlagen. Zurück in seiner Heimatstadt beginnt Plečnik 1921 mit der Neugestaltung bedeutender Elemente von Ljubljana.

Sein Werk setzt sich entlang des Flusses fort, wo lange Platten auf runden Betonsäulen ein festes Geländer bilden. Davor laden immer wieder Sitzbänke zum Ausruhen und Plaudern ein, mit dem Blick auf die wunderbar gegliederten schmalen Fassaden der Altstadt und die Burg im Hintergrund. Die geschwungene Fassade des Zubaus der Philharmonie wirkt wie senkrecht laufende Wellen. Sie bilden ein optisches Gegenstück zu den haushohen Pappeln am Ufer, genial ausgeklügelt von Plečnik.

Weitblick des Adlers

„Sehen Sie die offenen Bücher in der Fassade, die schräg gegeneinanderstehenden Fenster?“ Es ist nur eines der vielen Details, auf die Tomaž aufmerksam macht. Die Fassade der Nationalbibliothek mit ihrem Muster aus roten Backsteinen und grauen Steinplatten, unterbrochen durch die regelmäßige Anordnung der schrägen Doppel-Fenster, ist einzigartig. Den Türgriff am Eingang zierte Plečnik mit einem Pferdekopf. Wenn man die Bibliothek wieder verlässt, greift man auf den Kopf eines Adlers – dessen Schärfe und Weitblick nach dem Studium der Bücher den Leser begleiten soll.

Das Haus von Plečnik liegt etwas außerhalb des Zentrums von Ljubljana und ist jetzt ein Museum. Plečnik wohnte hier nach seiner Rückkehr 1921, baute es um und fügte einen Turm hinzu. Sein einstiges Arbeitszimmer im oberen Geschoß mit Blick in den Garten wirkt, als ob der Meister jederzeit eintreten könnte. Der Schreibtisch ist voller Zeichenutensilien, Zirkel und Dreiecke, Kaffeetassen, auch sein Zylinder liegt bereit.

Der Weg durch die Altstadt entlang des Flusses Ljubljanica wird von zahlreichen ausgezeichneten Gaststätten und Restaurants gesäumt. Hinter den alten, bestens restaurierten Fassaden öffnen sich meist modern gestaltete Lokale, wo Kulinarik auf hohem Niveau gepflegt wird. Bodenständiges wird modern interpretiert, wobei Wert auf Zutaten aus der Region gelegt wird. Viele der jungen Chefs sind schon mit Haube oder Stern dekoriert, oder werden zumindest unter den empfehlenswerten Lokalen geführt.

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Ljubljana beherbergt eine moderne Gastroszene. Hier ein Beispiel aus dem Sterne-Lokal Atelje

Ganz im Sinn von Jože Plečnik, der immer nach einem ganzheitlichen Schaffen gestrebt hat. 2021 ist sein Schaffen unter dem Titel „Die Werke von Jože Plečnik in Ljubljana – Human Centered Urban Design“ in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden.

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Klimafreundliche Anreise
Tägliche Direktverbindung mit den ÖBB von Wien nach Ljubljana (Laibach), Fahrzeit  sechs Stunden, oebb.at

Besondere Führung
„Plečnik auf den ersten Blick“, ab 17 €, Infos auf visitljubljana.com (Planen Sie Ihren Besuch/Führungen)

Restaurants
– Das kleine Restaurant Atelje mit entspannter Atmosphäre liegt im Zentrum der Stadt.Ein Michelin-Stern; Chef Jörg Zupan bietet ein häufig wechselndes Degustationsmenü zum Abendessen.
– Direkt am Fluss befindet sich das Restaurant Breg, ein Wirtshaus wie aus alten Zeiten, nur moderner ausgestattet. Vom Gastgarten hat man Blick auf die Altstadt und das Schloss. Das Breg ist ein Ableger des Sterne-Lokals Atelje, Chef Jörg Zupan sorgt auch hier für erlesene Speisefolgen, breg-ljubljana.com

Allgemeine Auskunft
visitljubljana.com oder das Slowenische Tourismusbüro in Wien, Tel.: 01/715 40 10, slovenia.info

Ausflüge: 3 historische Städte

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Kamnik

Kamnik: Von der einst blühenden Handelsstadt im Mittelalter zeugt ein reiches architektonisches Erbe.
1953 plante Plečnik die Renovierung des Hauptplatzes und die Gestaltung der Fassade des Hauptgebäudes, die Umrandung ist mit rustikalen Motiven verziert

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Škofja Loka

Škofja Loka: Besterhaltene mittelalterliche Stadt, mit vielen Gebäuden aus dem 11. bis 16. Jhdt. In der Jakobskirche aus dem 15. Jhdt. hat Plečnik Kronleuchter und einen Taufbrunnen gestaltet

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Kranj

Kranj: Jože Plečnik entwarf den monumentalen Eingang zur Altstadt – mit Treppe und einem Brunnen, aus dessen bronzenen Hahn sich Wasser in terrassierte Becken ergießt. In der Altstadt gibt es prächtige Bürgerhäuser und einen Renaissancepalast, der jetzt als Rathaus dient 

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