Wenn Senioren chillen: Unterwegs auf Griechenlands göttlicher Halbinsel
Man taucht ein in eine friedliche, beruhigende Landschaft und landet an einem Punkt, bei dem man sich die Frage stellt: Was macht die Zeit, wenn sie vergeht? Und was ist wichtig? Nichts.
Außer: Den Tagen mehr Leben geben. Wie beim alljährlichen Frühjahrstreffen heuer im Mai, organisiert von SeniorenReisen, dem Reisebüro des Pensionistenverbandes.
SeniorenReisen Wien; 18., Gentzgasse 129, Tel. 01/313 72 0
https://pvoe.at/seniorenreisen/ ; www.seniorenreisen.cc
Wenn vielleicht nicht wahr, so zumindest gut erfunden, ist die Anekdote, dass jemand aus Thessaloniki nach seinem Tod lieber ins Paradies Chalkidiki käme, die Halbinsel mit den drei ins Meer hinauslaufenden Landzungen, als ins göttliche Himmelreich.
Die drei Finger der Halbinsel
Ob auf Kassandra, wo der legendäre Kampf der Titanen stattgefunden haben soll, ob auf Sithonia, dem schönsten Mittelfinger der Region Makedonien, oder Athos mit dem gleichnamigen heiligen Berg über der Ägäis im Osten:
„Wenn du das Meer siehst, bist du am richtigen Ort“, ist bereits im Bus zu hören auf der Fahrt vom Flughafen in Thessaloniki in die Geburtsregion des berühmten Universalgelehrten Aristoteles nach Ouranoupoli, der „Stadt des Himmels“.
Service, das die Senioren schätzen
Die Koffer sind schon im Akrathos Beach Hotel, werden aufs Zimmer gebracht, einer der von der älteren Klientel ebenso geschätzten Services, wie die engagierte Betreuung durch die Reiseleiter und ein deutschsprachiges Ärzteteam, das rund um die Uhr in Bereitschaft ist.
An fünf Wochen-Turnussen haben jeweils mehr als tausend Gäste aus den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Salzburg und Wien teilgenommen. Klingt viel, fühlt sich aber überhaupt nicht so an – dank einer geschickten Planung und reibungslosen Organisation.
Alleinstehend und reisefreudig
Viele der Teilnehmer sind alleinstehend, verwitwet, geschieden, aber fit, neugierig und reisefreudig. Der Älteste ist 94. Theresia Bruckner, 87, aus Neustift bei Güssing war schon mehr als sechzig Mal mit SeniorenReisen auf der Weltkugel unterwegs: „Ich bin seit 1989 dabei.“
„Es gibt Senioren, die ein ganzes Jahr sparen, um mitzufahren, andere machen einige Reisen pro Jahr“, sagt Fanny Grammatikou vom Reisebüro des Pensionistenverbandes Österreichs (PVÖ).
Viele kamen so auch schon an entlegenere Ecken der Welt wie Ägypten, China, Thailand, Namibia, Chile und Argentinien. Und alle freuen sich auch diesmal über ein paar Glückstage in netter Gesellschaft. „Wobei man auf das Glück nicht warten darf“, sagt eine weit gereiste Burgenländerin, „das muss man sich schon selber machen.“
Klöster am Athos
„Ein Schiff wird kommen“ war ein Hit. Das Boot ist gleich ums Eck und schippert auf einer Vier-Stunden-Tour, begleitet von einem Möwen-Schwarm, die Küste entlang. Blickfang am Anfang ist die markante byzantinische Wehranlage: Der Prosphorios-Turm von 1344 an der Hafenmole, noch heute das Wahrzeichen von Ouranoupoli, gibt einen Vorgeschmack auf die Architektur der Athos-Klöster.
Bald richten sich die Zoom-Objektive an Bord auf die 972 gegründete autonome Mönchsrepublik Athos, eine abgeschlossene Gemeinschaft mit mehr als zwanzig orthodoxen Klöstern wie dem des Mönchs Dionysius, die nur männliche Pilger mit spezieller Genehmigung besuchen können.
Das Moni Agiou Panteleimonos aus dem 11. Jahrhundert mit seinen vielen grünen Zwiebeltürmen und verschiedenfarbigen Dächern wird auch als „Rossikon“ (Russenkloster) bezeichnet und gilt als Wladimir Putins mehrmals besuchter Lieblingsort am Berg Athos.
Wie ein Schwalbennest „hängt“ Simonos Petras auf einem mehr als zweihundert hohen Felsplateau und weckt Assoziationen an Bilder von tibetischen Klöstern.
Dem Gipfel des Berges Athos am nächsten und zugleich Wendepunkt der Bootstour ist das Maria Lichtmess geweihte Kloster Agios Pavlos (Sankt Paul) im Süden der Westküste, das knapp fünfhundert wertvolle Schriften, mehr als zwölftausend alte Bücher und den Schatz aller Athosklöster beherbergt: die Myrrhekörner, die von den Heiligen Drei Königen dem Jesuskind zum Geschenk gemacht wurden.
Malerische Städtchen Afytos und Arnea
Andere Ausflugsziele neben einer ganztägigen Fahrt in die quirlige Metropole Thessaloniki – vom Time Magazine jüngst in die Liste der „World's Greatest Places“ aufgenommen – sind das uralte Städtchen Afytos mit Natursteinhäusern und skurrilen Skulpturen des ehemaligen Bürgermeisters Vasili Pavli am Ostufer der Halbinsel Kassandra. Es offeriert in den schmalen Gassen um die Kirche kleine Shop-Perlen und viel Kunsthandwerk, Mitbringsel für die Daheimgebliebenen.
Ein Ziel ist auch Arnea am Fuße des Cholomondas-Bergs im Norden von Chalkidiki. Ein Besuch im malerischen Bergdorf, mit der Kirche von St. Stefan am unteren Dorfplatz, lohnt sich dank der bunt verputzten, alten und schön renovierten zweigeschoßigen Herrenhäusern im mazedonischen Baustil und oft hölzernen Balkonen. Auf dem zentralen oberen Dorfplatz, der Kentriki Platia, fließt durch eine große Platane frisches Quellwasser. Und im Honigladen von Georgaka (honeygeorgaka.com) kann man spezielle Sorten probieren: Kiefern- und Blütenhonig, Heidekraut, Kastanie und Sousoura – sowie Mudovina, ein ausgezeichnes Destillat aus Honigwaben.
Genau ausgetüftelt sind dabei Zeitplan und Logistik der Busse und der einzelnen Gruppen, die sich verteilen und nie geballt an einem Ort zusammentreffen.
Stimmung, Sicherheit und Service stehen im Vordergrund. „Es geht darum, große Reisegruppen komfortabel und stressfrei durch eine abwechslungsreiche Urlaubswoche zu begleiten“, sagt der langgediente Gruppenleiter Leopold Maria Plainer, der fürsorglich darauf achtet, dass niemand abhandenkommt.
Ein Wow-Moment, wie rot-weiß-gelb-orange der Horizont glüht, als im Restaurant Lemoniadis in Ouranoupoli fast direkt am Strand zum Farbspektakel des Sonnenuntergangs ein Wolfsbarsch, auch als „Branzino“ bekannt, serviert wird.
Die nächsten Ziele
Beim Frühjahrstreffen 2025 geht’s nach Marmaris an der türkischen Riviera und Albena, Bulgariens schönste Küste. Und in die Ferne 2025 nach Peking und Shanghai. Aber die aktiven Best Ager wissen ohnedies: „Das Ziel ist zweitrangig. Hauptsache der Schmäh rennt. Und es ist ja immer was los, wenn man will.“
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