Security-Chef in Südafrika: "Die Wilderer sind wie Helden"
Er schläft mit einem Stein unter seiner Matratze. Denn was Carel Jansen van Vuuren tut, ist gefährlich. Der Chef einer Wildlife Security Firma im südafrikanischen Vaalwater hat sich dem Kampf gegen bewaffnete Wilderer verschrieben, die Jagd auf die ihm anvertrauten Nashörner machen. Die hohe Arbeitslosenquote Südafrikas und die spendablen Kriminellen erschweren seinen Job.
KURIER: Wer sind diese Wilderer?
Carel Jansen van Vuuren: Am Beispiel hier, also Waterberg, kommen die Wilderer selbst meist aus Mosambik. Es ist ärmer als Südafrika und viele der Männer im Wildtier- und Hornhandel haben Kriegshintergrund. Das heißt, sie sind militärisch ausgebildet und kennen sich im Busch aus. Sie wissen, wie man sich unsichtbar macht …
Und ihre Auftraggeber?
Hinter der Nashorn-Wilderei oder illegalem Tierhandel stecken oft Verbrechersyndikate, die auch in Menschenhandel, Waffenschmuggel und Drogen verwickelt sind. Die haben alles: Geld, Ausrüstung und so weiter.
Mit welcher Ausrüstung arbeiten Sie?
Die Ranger sind vollausgerüstet, tragen halbautomatische Waffen, haben Zelte und Gaskocher. Zudem arbeiten wir mit Nummernschilderkennung, die von Waterberg Rhino UK angekauft wurde, Wärmebildkameras, Nachtsichtgeräten, Bewegungsmelder und Drohnen. Auch die Präsenz außerhalb des Reservats ist wichtig, um zu zeigen: Es wird beschützt.
Woher stammen die Waffen der Wilderer?
Manche kommen aus Einbrüchen in Farmen in Südafrika, außerdem gibt es viel Korruption innerhalb der Polizei, wo Schusswaffen an Kriminelle verkauft werden. Es ist nicht schwierig, an eine Waffe zu kommen.
Und die Arbeitslosigkeit liegt bei 33 Prozent ...
Der Kilopreis für Horn liegt bei 55.000 US-Dollar – wenn du jemandem 15.000 Rand (rd. 765 Euro) bietest, bekommst du schnell Infos. Wilderer, die auf kriminellen Wegen zu Geld gekommen sind, investieren in ihre Heimatgemeinden: Sie sorgen für Wasser, Elektrizität, eröffnen Läden – von den Menschen in diesen Dörfern etwas über diese Männer zu erhalten, ist fast unmöglich. Für sie sind die Wilderer wie Helden.
Was braucht es, um Ranger zu werden?
Man sollte die Gegend kennen und Fährten lesen können. Meine Rekruten sind oft junge Männer, die zuvor auf die Kühe ihrer Familien aufgepasst haben. Denn als Kuhhirte weiß man, wie man verloren gegangene Tiere aufspürt. Die Grundausbildung dauert drei Wochen, dann noch einmal sechs Wochen, trainiert wird an jedem Tag. Und man braucht natürlich einen Waffenschein. Wir üben auf einem Schießplatz und beim Paintball. Zuerst müssen sich die Ranger ohne die „Big Five“ beweisen, erst nach zwei, drei Jahren werden sie in Reservaten mit Nashörnern, Leoparden und Büffeln, wie hier, eingesetzt. Oder auch mit Löwen und Elefanten. Die Arbeit in Big-5-Reservaten ist gefährlicher, aber besser bezahlt.
Gibt es Voraussetzungen?
Zuerst überprüfe ich den Background im Polizeiregister, und was die Rekruten gearbeitet haben, um einen kriminellen Hintergrund ausschließen zu können. Die Akte kontrolliere ich dann weiter alle sechs Monate, denn es kann sein, dass jemand später in etwas verwickelt ist. Kam aber noch nie vor, ich kann mich auf meine Mitarbeiter verlassen. Als einer der Ranger das abgebrochene Horn von Nashorn Sophie gefunden hat, gab er es bei mir ab. Das ist in Anbetracht des Wertes nicht selbstverständlich.
Wie schaut Ihr Arbeitstag aus?
Morgen muss ich in eines der achtzehn Reservate, die wir betreuen, und kümmere mich um einen verletzten Elefanten: Das Tier muss betäubt werden, damit der Tierarzt die Wunde – die wohl durch einen Kampf mit einem Rivalen entstanden ist – gefahrlos versorgen kann.
Das klingt nach einem planbaren Tag. Ist nicht immer so, oder?
Lieber ist mir, wenn mehr los ist. Ich brauche das Adrenalin. An normalen Tagen im Busch verstecke ich mein Auto unter dem Camouflage-Netz, schnappe mir mein Gewehr und verbringe die Zeit mit den Nashörnern. Ich liebe es, ihnen beim Fressen zuzuschauen, das Geräusch beruhigt mich. Die Ranger sind immer zu zweit, also zwei Zweierteams. Sie bleiben sieben Tage lang, Tag und Nacht bei den Nashörnern, dann wird gewechselt. Sie sind den Tieren, die oft viele Kilometer zurücklegen, unablässig auf den Fersen. Das ist hart, aber auch wunderbar.
Was würde es brauchen, um die Tiere besser schützen zu können?
Eine bessere Gesetzgebung. Wenn wir heute einen Wilderer verhaften, ist er vermutlich nach einer Woche auf Kaution wieder draußen und geht weiter illegalen Geschäften nach. Im Bestfall wird er nach zehn Jahren strafrechtlich verfolgt. Unsere Lage als Ranger ist kompliziert, die Kriminellen sind besser geschützt als wir. Sie tun, was ihnen gefällt, aber sobald du als Ranger schießt, gibt es Konsequenzen. Du darfst erst schießen, wenn du selber attackiert wirst!
Wie erträgt man das?
Das Schlimmste für mich ist, wenn dem Nashorn etwas passiert, denn ich bin als Auftragnehmer verantwortlich. Du gibst dein Bestes, aber es ist schwer. Man baut eine Verbindung zu den Tieren auf. Als eines der Nashörner einmal fast ertrunken ist, waren wir am Verzweifeln. Man überlegt tatsächlich, selbst ins Wasser zu steigen und ihm zu helfen, auch wenn die Gefahr dabei ist, selbst zu sterben. Man denkt nicht mehr an eigene Sicherheit, die oberste Priorität hat das Nashorn.
Anreise Flug nach Johannesburg. -Kompensation 160 Euro. atmosfair.de
Organisation Waterberg Rhino UK (WRUK) sammelt Spenden zum Schutz der Nashörner in Südafrika und zur Förderung des Naturschutzes in der Waterberg-Region. Die meisten Nashörner im UNESCO-Weltbiosphärenreservat sind in Privatbesitz.
waterbergrhino.org.uk
24/7 Stunden/Tage, also rund um die Uhr, patrouillieren die Ranger, die van Vuuren ausbildet. WRUK unterstützt das Team mit Ausrüstung. Der Schutz der Tiere ist teuer
Auskunft southafrica.net/de
Und was hilft, um in so einem Umfeld zu arbeiten?
Den Busch und seine Gefahren kennen, dazu Fährtenlesen. Wenn du eine Wasserflasche findest, kann das auf ein Problem hindeuten: Woher kommt sie? Wer war hier? Gibt es eine Spur, vielleicht mehrere … du musst ständig aufmerksam sein, auch während du schläfst!
Wie das?
Ich lege jede Nacht einen Stein oder Ast unter meine dünne Matratze. Es muss ungemütlich sein, sonst nehme ich um mich herum nichts mehr wahr. Zudem braucht es Schusswaffenkenntnisse, denn es herrscht ein Wildtier-Krieg. Sobald Wilderer die Nashörner aufgespürt haben, stehen nur wir zwischen ihnen und den Tieren. Wir werden zuerst erschossen, um zum Horn zu gelangen.
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