Hausberg der Grazer: Die sagenumwobenen Geheimnisse des Schöckls

Panorma vom Schöckl, Grazer Hausberg in der Steiermark
Elke Jauk-Offner hat mit „Auf dem Schöckl“ ein Buch über den Lieblingsberg der Grazer geschrieben und erklärt im Gastbeitrag, wie der Schöckl auf Körper und Geist wirkt.

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Bezeichnung Hausberg nicht nur ein örtliches Naheverhältnis meint, sondern auch emotionale Verbundenheit. So verhält es sich jedenfalls mit dem Schöckl, der mit dreizehn Kilometer Luftlinie Entfernung als Hausberg der Grazerinnen und Grazer gilt. Seine 1.445 Meter präsentieren sich in Gegensätzen: schroff und sanft, bodenständig und mystisch, stürmisch und friedlich. Exponiert ist auch die Lage des höchsten Gipfels im Grazer Bergland, er baut sich als letzte große Erhebung der Ostalpen vor dem Pannonischen Becken auf.

Der Blick vom Gipfelplateau reicht rund 150 Kilometer weit. Das ist immer wieder imposant. Zum Vergleich: Vom fast 3.000 Meter hohen Dachstein sind es rund 200, vom 4.800 Meter hohen Montblanc rund 260 Kilometer. Das Panorama lässt in einer 360-Grad-Sicht in viele Ecken der Steiermark und teils weit darüber hinaus blicken – von Schneeberg und Rax bis zum Triglav, dem höchsten Gipfel Sloweniens.

Zwei Kinder in Spielgerüst bei der Bergstation am Schöckl

Zufallsfund

Der Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Schon die Römer waren auf dem Schöckl unterwegs. Ausgrabungen nach einem Zufallsfund von Scherben haben seit 2015 offenbart, dass einst auf dem Ostgipfel ein Höhenheiligtum bestand – ein bis zu sechs Meter hoher, weiß getünchter Kultbau und in der Nähe ein Frauenweiheplatz. Der Fundkomplex an Glasarmringen ist einer der größten des gesamten Römischen Reiches. Viel später trieb Johannes Kepler hier seine Forschungen voran. Bevor im 19. Jahrhundert schließlich die Wanderlust Erzherzog Johann weckte, hatte der Berg jahrelang als Blocksberg gegolten – als Landeplatz für Hexen.

Der Schöckl: Berg der Hexen und Römer

3 Exemplare zu gewinnen: 
Jauk-Offner, Eisenberger: „Auf dem Schöckl. 1 Berg. 4 Jahreszeiten. 100 Möglichkeiten“, Styria, 240 S., 29 €. 

Mail mit Betreff Schöckl an: reise@kurier.at

Heute ist der Schöckl ein beliebtes Naherholungsgebiet zum Wandern und Einkehren, zum Mountainbiken und Paragleiten, zum Sommerrodeln und Disc-Golfen. Stege über dem Almboden laden als barrierefreier alpiner Panoramaweg zwischen West- und Ostgipfel viele zum Bergerlebnis ein. Ein weithin sichtbares Wahrzeichen ist der fast hundert Meter hohe Sendemast. Superlative? Bitteschön: Mit mehr als 4.000 Starts pro Jahr zählt der Schöckl zu den meistfrequentierten Paragleit- und Drachenfluggebieten Europas. Zu den Strecken der Schöckl Trail Area gehört der EM-Downhillkurs von 2003, der bis heute zu den schwierigsten weltweit zählt.

Wetterloch

Während man von der steirischen Landeshauptstadt und umliegenden Gemeinden ausgedehnte Tageswanderungen starten kann, ist es auch möglich, den Gipfel in bloß einer Stunde vom Grazer Zentrum via Bus und Gondel zu erreichen. Die „steinerne“ Hauptmasse, der Schöcklkalk, ist 400 Millionen Jahre alt. Dass der Schöckl zum Berg wurde, ist aber kaum zehn Millionen Jahre her. Das Kalkgestein neigt zu Verkarstung: Weil das Wasser nicht über die Oberfläche abfließen kann, frisst es sich in den Berg. Entsprechend reich an Höhlen ist er. Das kleine und das große Wetterloch gehen rund 100 und 70 Meter in die Tiefe. Im Sommer kann man den kalten Atem aus der Tiefe spüren – Phänomene wie diese haben freilich Mythen befeuert.

Frau sitz im Wald

Mystischer Berg: Naturerlebnisse und Sagenhaftes gehen hier Hand in Hand

Wetterlöcher stellte man sich früher als Orte vor, an denen Hexen Unwetter brauen – auch die Schöcklhexe. Um sie bei ersten Anzeichen für einen Wetterumschwung schnell zu vertreiben, sollte man anno dazumal fluchend und schimpfend Mistgabeln, Besen und andere Werkzeuge zur Haus- und Stalltür hinauswerfen. Eine derartige Szenerie kann man sich lebhaft vorstellen. Lebendig ist auch die Sage zum Schöcklschatz, die auf das 13. Jahrhundert und Ulrich und Wulfing aus dem Geschlecht der Stubenberger zurückgeht. Noch ist er nicht gefunden. Tatsächlich werden in der Kulturhistorischen Sammlung des Universalmuseums Joanneum in Graz zwei besondere Schlüssel aufbewahrt. Der Berg steckt nach wie vor voller Geheimnisse.

Stubenberghaus auf dem Schöckl bei Graz im Winter, sonnige Schneelandschaft

Winter- und Genussberg: Raus aus dem Nebelmeer, zum Beispiel hier zum Stubenberghaus

Ein Gegensatz vermag jedes Mal aufs Neue zu überzeugen: Wenn im Grazer Becken ein Nebelmeer liegt, nähert man sich mit jedem Schritt bergauf dem Sonnenplatz am Berg. Daran kann man sich nicht sattsehen. Echt nicht. So ein Tag auf dem Berg vor der Haustür, der wirkt.

Die Autorin: Elke Jauk-Offner ist studierte Soziologin, Texterin und Journalistin. Nach „10.000 Schritte in & um Graz“ widmet sich die Steirerin nun gemeinsam mit dem Grazer Fotografen und Weltentdecker Harald Eisenberger dem Hausberg
 

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