Sardinien: Inselleben jenseits der Strände
Während der Fahrt vom Flughafen in Olbia quer über die Insel durch das gebirgige Hochland tauchen meterhohe Steintürme zwischen Olivenbäumen auf, die Nuraghen. An die 7.000 dieser stumpfen Kegel soll es verstreut über die Insel geben. Wo die Berge in sanfte Hügel übergehen, glitzert der Horizont. Es sind die Lagunen an der Küste. Beim Näherkommen nimmt man helle Punkte wahr, die sich langsam bewegen, Flamingos auf Futtersuche. In Richtung Norden führt die Straße der schroffen Küste entlang nach Bosa. Ein Fischerstädtchen, das nicht am Meer, sondern am Ufer des Temo liegt.
Von der Abendsonne ins warme Licht getaucht, spiegeln sich pastellfarbene Häuser in diesem Flüsschen, mit kleinen Fischerbooten am Kai und von einer Burg überragt. In den engen Gassen der Altstadt, die sich entlang dem Hügel schlängeln, schmiegen sich mittelalterliche Häuser aneinander. Eine kleine Weinstube steht offen und verführt zu einer Verkostung der Malvasia-Weine, einer Spezialität der Insel.
Malvasia, ein süßer Dessertwein von goldgelber Farbe und reichen Aromen, wird auch als Aperitif genommen. Ein paar Treppen höher weitet sich die Gasse. Wenn man hier an einem Tisch vor dem rustikalen Ristorante Platz nimmt, fällt man bald durch die Sprache als Besucher auf. Man kommt mit Einheimischen ins Gespräch und erfährt einiges über das alltägliche Leben der Fischer und Bauern hier. Am Rückweg durch das Labyrinth der Kopfsteinpflasterstraßen sieht man Frauen, die vor ihren Häusern sitzen und plaudern. Social Media? Das brauchen sie nicht.
Zeitreise in die Vergangenheit
Das Hinterland von Bosa zeigt eine grüne hüglige Landschaft mit Zypressen, Olivenbäumen und Weingärten. Mittendrin immer wieder einige der steinernen Kegelstümpfe, die an die jahrtausendealte Vergangenheit erinnern. Diese Gebäude haben ursprünglich als Wohnungen und Festung gedient und bestehen oft aus mehreren miteinander verbundenen Türmen. Ein architektonisches Juwel ist Nuraghe Santu Antine, deren Entstehung zwischen mittlerer Bronzezeit und Eisenzeit liegt. Ihre imposante Mauer besteht aus kolossalen Basaltblöcken, die zur Spitze immer kleiner werden. Der zentrale Turm ist siebzehn Meter hoch und hat einen Durchmesser von fünfzehn Metern. Dank der meisterhaften Baukunst des Nuraghen-Volkes hat er Jahrtausende überdauert.
Es sind immer wieder Steine, die die Geschichte Sardiniens so anschaulich erleben lassen. Die romanische Kirche Santissima Trinità di Saccargia liegt einsam in einem langen Tal. Regelmäßige Schichten von hellen Kalksteinblöcken und dunklem Basalt ergeben ein schwarz-weißes Streifendekor an den Außenfassaden und am Turm. Eine architektonische Meisterleistung, fast tausend Jahre alt. Schon beim Gang durch den Säulenvorbau wird man von einer Spiritualität eingenommen, die von den schlichten Seitenwänden des Kirchenschiffs und den farbenfrohen Fresken in der Apsis verstärkt wird.
Seit der Steinzeit haben immer neue Wellen von Eroberern Sardinien erreicht. Seit der Einnahme durch die Aragonier im 14. Jahrhundert gilt Alghero als „spanischste“ Stadt auf der Insel. Die Straßennamen sind noch heute zweisprachig angeschrieben, katalanisch und italienisch, wie Stadtführerin Laura auf dem Schild an einer Hausecke zeigt. „Die Kirche San Francesco mit dem charakteristischen sechseckigen Turm aus dem 14. Jahrhundert ist der bedeutendste Sakralbau Sardiniens.“ Der Rundgang auf der Festungsmauer, die die Altstadt umschließt, gibt Blicke frei auf idyllische Innenhöfe und das weite Meer in Richtung Westen. Der Torre de Castilla bewacht die Einfahrt zum Hafen mit alten Kanonen und einer Replik einer riesigen Steinschleuder. Aber alles wirkt friedlich, an der Mole schaukeln Jachten und Fischerboote.
Neptungrotte
In einem ins Meer abfallenden Felsen an der Spitze vom Capo Caccia im Nord-Westen Sardiniens öffnet sich eine Höhlenlandschaft mit Stalaktiten, Stalagmiten und einem unterirdischen See. Die Entstehung liegt etwa zwei Millionen Jahre zurück; die Grotte ist über eine Treppe oder per Boot von Alghero erreichbar. grottadinettuno.it
Tharros
Ein Spaziergang durch die Stadtruinen, von den Römern vor zwei Jahrtausenden als Hafen genutzt, führt entlang schachbrettartiger Mauerreste über die mit Basaltsteinplatten gepflasterte Straße hinunter ans Meer. Vom Tempel sind zwei Säulen mit korinthischen Kapitellen erhalten, ein malerisches Bild mit dem blauen Wasser im Hintergrund
Riesengräber
Die Grabstätten der Nuragher, die sich im Nordosten der Insel befinden, werden Tombe del Giganti genannt. Beim Riesengrab von Li Lolghi (Bild) bilden vor den länglichen Dolmen große hochkant gestellte Steinplatten einen Bogen. In der Mitte ragt eine an die drei Meter hohe monolithische Stele empor. Sie symbolisiert die Tür zum Jenseits
Sardiniens edle Tropfen
Neben dem Fischfang kommt in Sardiniens Norden besondere Bedeutung dem Weinbau zu. Hier gedeiht der Vermentino, ein vollmundiger Weißwein mit frischer Säure. Er gilt als einer der anspruchsvollsten und charakterstärksten mediterranen Weißweine, eine Verkostung im Garten eines Weinguts nächst Alghero wird zum Erlebnis. Mehrere Sorten werden ansprechend präsentiert, köstliche Häppchen mit Baguette, verschiedene Käsesorten und Schinken stehen bereit. Das alles wirkt sehr einladend, man würde gerne länger bleiben.
Unvermittelt steht ein Elefant regungslos am Straßenrand. Der Roccia dell’elefante, ein über Jahrtausende verwitterter fünf Meter hoher Steinblock. Mächtige, von Wind und Wetter geformte Steinformationen in dieser Region erinnern mit etwas Fantasie an versteinerte Tiere, riesige Pilze oder Fabelwesen aus einer anderen Welt. Spektakuläre, von der Natur geschaffene Kunstwerke liegen verstreut über die weite grüne Hügellandschaft. Folgt man den unübersehbaren Monumenten bis an die Küste, landet man an der Costa Smeralda, wo viele Strände von skurrilen Steinskulpturen flankiert sind.
Nun lockt das Badevergnügen: Den weichen, weißen Sand unter den Füßen spüren und ins türkisblaue Meer tauchen.
Video: Sardinien
Beste Reisezeit
Vom Frühling bis Herbst, mit heißen Tagen im Juli/August
Anreise
Austrian Airlines bieten von Mai bis Ende September mehrmals pro Woche Direktflüge Wien–Olbia, austrian.com
Die Kompensation beträgt 21,32 € (climateaustria.at)
Rundfahrt auf Sardinien
Die oft versteckten Schätze der Insel lassen sich am besten mit einem Mietwagen entdecken. Sunny Cars bietet eine große Auswahl mit Rundum-Versicherungspaket.
sunnycars.at
Hotel
Hotel Villa Asfodeli im kleinen Städtchen Tresnuraghes, 10 km von Bosa entfernt im Hügelland oberhalb der Westküste. Familienbetrieb und hübsches Boutiquehotel mit moderner Ausstattung, reichhaltigem Frühstück im Garten mit Blick auf das Meer, Swimmingpool. asfodelihotel.com
Restaurant
Ristorante Borgo Sant’Ignazio, im oberen Teil der Altstadt von Bosa, idyllische Atmosphäre, Tische unter schattiger Laube, reiches Angebot an Fisch und Fleischgerichten
Weitere Informationen
italia.it
sardegnaturismo.it
Tipp: Sardinien ist mit einem Stand auf der Ferien-Messe Wien vertreten ("Regione Sardegna", Halle C). Mehr Infos unter: ferien-messe.at
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