"Sekt ist nicht nur Weißwein mit Bubbles"
Sie stammt aus dem Elsass und damit einer der bekanntesten Weißwein-Regionen des Landes. Nach ihrem Studium am Önologie-Institut in der Champagne beriet die heute vierzigjährige Aurore Jeudy sechzehn Jahre lang Wein- und Champagnerkellereien in Europa und Asien. Jetzt wurde sie bei der traditionsreichen Sektkellerei Schlumberger die erste Kellermeisterin.
KURIER: Warum wird man Kellermeisterin?
Aurore Jeudy: Ich hatte immer im Kopf, dass ich gerne etwas transferieren möchte. Etwas, das aus dem Boden kommt, aus der Erde. Meine Familie hat keinen Weinbaubetrieb, aber Wein ist in meiner Heimat allgegenwärtig, in jedem Haus steht eine Flasche auf dem Tisch. Im Elsass sagt man Crémant d’Alsace zum Sekt. Jede Familie hat immer eine Flasche davon im Kühlschrank. Früher war es Bier. Heute gibt es immer einen Grund, einen Crémant d’Alsace zu öffnen.
Zu jeder Tageszeit?
Wir machen in Frankreich kein Sektfrühstück. Das ist in Österreich ja sehr beliebt! (lacht) Als Begleitung für ein Abendmenü empfehle ich für die Vorspeise einen leichten, frischen Weißwein; für das Hauptgericht einen Sekt oder Weißwein mit mehr Komplexität. Und der Pinot Noir Rosé Brut Reserve passt sehr gut zu feinem Käse.
Worin liegt Ihre Stärke?
Da ist die letzte Ernte ein gutes Beispiel. Ich war in den Weingärten, um die Trauben zu verkosten. Wie ein Koch, der eine bestimmte Zutat probiert und direkt weiß, was er damit kochen wird. So ist es auch mit den Trauben: Die eine ist säuerlich, die andere blumig oder aromatisch. Ich weiß dann, wofür ich die Traube verwende.
Ihr Job beginnt bei der Lese?
Nein, davor. Ich finde heraus, wann der richtige Zeitpunkt für die Lese ist. Wenn es schon zu spät ist, wird das „Sparkling“ im Mund zu schwer, mit weniger frischen Aromen. Zu früh ist auch nicht gut.
Wie war der Jahrgang 2022?
Für Sekt war er super, obwohl es so trocken war. Wir hatten eine gute Balance zwischen der Zuckerkonzentration und dem Frischearoma der Trauben. Eine gute Qualität – und hohe Erntemenge.
Aber was macht einen guten Sekt für Sie aus?
Für mich persönlich? Ein guter Sekt soll komplex sein. Jede Rebsorte bringt etwas Besonderes mit. Der letzte Jahrgang 2022 war sehr trocken, der Chardonnay gab mehr Körper und Struktur im Mund; Weißburgunder gab mehr Frische und Eleganz.
Was reizt Sie an der hiesigen Weinkultur?
Österreich ist geografisch gesehen die richtige Region für Sekt! Grüner Veltliner eignet sich etwa sehr gut dafür.
Was soll man beachten, wenn man Sekt serviert?
Sekt sollte stehend gelagert werden. Die Temperatur darf nicht zu warm oder zu kalt sein – zwölf Grad sind optimal. Bei der Gläserwahl empfehlen wir mittlerweile Weißweingläser. Damit bleiben die Aromen konzentrierter und die Kohlensäure geht nicht so schnell verloren. Und natürlich sollte man den Sekt nicht schütteln, bevor man ihn öffnet (lacht).
Für Sektkenner: Wie halten Sie es mit dem Trend Pet Nat?
Pétillant Naturel heißt „natürlich perlend“ und bezeichnet Schaumweine, deren Perlage Ergebnis der Flaschengärung nach der Méthode Rurale ist. Pet Nat ist oft trüb. Ich sage: Es gibt Platz für alle Schaumweine. Ich möchte nur nicht – und da spricht die Önologin aus mir – dass man die Herstellung von Pet Nat mit der Méthode Traditionnelle vergleicht. Bei Pet Nat beginnt die Produktion mit Most, es gibt eine wilde Gärung in der Flasche und jedes Produkt schmeckt anders. Mein Anspruch ist immer, die höchste Qualität zu erzeugen. Anders als beim Rosé, der ist gekommen, um zu bleiben. Wir sehen es anhand der letzten vier Jahre – der Rosé-Konsum ist um neunzig Prozent gestiegen. Im Frühling setzen wir auf den Rosé Brut mit der Spring Edition.
Sekt: Der Gärungsprozess
Apropos Qualität: Was ist wichtiger – Perfektion oder Kreativität?
Es ist nicht das eine oder das andere. In der Sektbranche gibt es immer nur kleine Innovationen. Aber die Qualität steht immer an erster Stelle. Viele Details kreieren etwas Neues. Sekt ist ja nicht nur ein Weißwein mit Bubbles! Der Trend – wonach auch viele Kundinnen und Kunden fragen – ist, weniger Zucker zu dosieren. Und um weniger Zucker zu verwenden, ist es wichtig, bei der Ernte auf die richtige Reife der Trauben zu achten. Man muss immer an die Zukunft denken: Wir probieren jetzt etwas, dass dann erst in zwei Jahren getrunken wird.
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