Langsamer Genuss: Die Weinbergschnecken aus dem Pulkautal

Langsamer Genuss: Die Weinbergschnecken aus dem Pulkautal
Zu Besuch bei Schneckenzüchterin Jessica Wyschka im Weinviertler Ort Obritz. Eine Annäherung im Kriechtempo.

Eine Farm mit Hunderttausenden Nutztieren stellt sich ein Besucher anders vor. Vielleicht mit ansehnlicher Geräuschkulisse. Jedenfalls weitläufiger. In der Weinviertler Ortschaft Obritz ist die Szenerie hingegen überschaubar: Eine Weinbergschnecke braucht nicht viel.

Zuvor gilt es, den ruhig gelegenen Hof von Jessica Wyschka im Pulkautal überhaupt zu finden. Die Gegend um Hadres, Mailberg und Obritz, nahe an der Grenze zu Tschechien, ist für ihre vielmals prämierten Weine bekannt, folgerichtig geht es an unzähligen Weingärten vorbei. Hinter Kürbisfeldern endet der Weg in einer Sackgasse mit alten Presshäusern. Mehr als ein liebevoll wucherndes Gart’l ist auf den ersten Blick nicht auszumachen. Und doch: Sie sind hier, in Massen: die Speiseschnecken. Sie fressen still und leise unter Jessicas Ägide.

Weinviertler Schnecken

Auf zweitausendvierhundert Quadratmetern züchtet die gebürtige Breisgauerin drei Arten: die heimische Weinbergschnecke (Helix pomatia), die Große Graue (Helix aspersa maxima) – die vorwiegend in Italien kriecht – und die Kleine Graue (Petit gris), eine französische Art der Weinbergschnecke.

2020 war Startschuss. Weinberge, ja. Aber Weinbergschnecken? „Wir wussten anfangs nicht, wie die Schnecke hier in der Region angenommen wird “, erzählt Wyschka, während sie im Schneckengehege herumführt. Dann hat sie ein Schneckenfest veranstaltet, mehrere Hundert Neugierige kamen. „Ein Erfolg.“

Verlässliches Tier

Die Schnecke ist einerseits pflegeleicht: Sie ist ein verlässliches Tier, braucht nicht viel Platz, vermehrt sich gut und der Schleim macht sie robust, hält sie gesund. Ökologisch, nahrhaft, regional. Andererseits braucht es unzählige Handgriffe. Das Ausklauben, die Ernte, die Verarbeitung, alles geschieht händisch. „Es ist eine pure Manufaktur“, sagt Wyschka. Sie hat mittlerweile zwei Mitarbeiterinnen, und die Familie hilft auch mit.

Weinviertler Weinbergschnecke
Infos zu den Genussführungen (Mai–Oktober): weinviertler-weinbergschnecke.at, Tel. 0699/17094068
Anreise und Lokale  
Per Bahn nach Hollabrunn, weiter mit  Bus 813; Gastrotipps  unter pulkautal.at und weinviertel.at
Weinviertler Betriebe
Sommer Genusstour am 6. August (10–19 Uhr) mit Verkostungen: weinviertel.at/genusstour-sommer

Die fröhliche Schneckenherrin bietet auch Genussführungen und „Total aus dem Häuschen“ an: Kinder lernen dabei, wie Schnecken sich fortpflanzen, was sie fressen und wie sie überwintern. „Und wir bauen ein Schneckenterrarium für zu Hause.“ Also, wer mag.

Langsamer Genuss: Die Weinbergschnecken aus dem Pulkautal

Aber was fressen Schnecken, bevor wir sie essen? „Gerne Erbsen, Lupine, Mangold und Raps“, sagt Jessica. Bis auf rund zwei Prozent besteht die Schnecke aus Eiweiß. Also richtige Sportlernahrung? Wyschka lacht: „Nein, bei mir greifen eher Genießer zu.“ Und tatsächlich munden der Schneckenaufstrich und die Schnecken in Bierteig vor Ort.

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