Tiroler Skiort: Wo die Elite trainiert und Hoteliers investieren

Tiroler Skiort: Wo die Elite trainiert und Hoteliers investieren
Kühtai ist einer der höchstgelegenen Wintersportorte Österreichs. Das garantiert Schneesicherheit von Dezember bis April und lockt Investoren auch in Zeiten des Klimawandels an. Viele Pisten beginnen zudem vor der Hoteltür und ermöglichen Ski-in/Ski-out.

Bei der Fahrt durch das schneefreie, frühlingshafte Inntal kommen erste Zweifel auf. Vielleicht hätte man sich doch lieber zu einer Runde Golf verabreden sollen und nicht zum Skifahren? Nach dem Abzweig ins Sellrain tauchen immerhin erste Schneeflecken auf. Die Axamer Lizum, das „weiße Dachl Innsbrucks“, für die Olympischen Winterspiele 1964 erbaut, lassen wir links liegen (Saisoneröffnung an diesem Wochenende).

Tiroler Skiort: Wo die Elite trainiert und Hoteliers investieren

Es geht weiter hinauf, wo hoffentlich deutlich mehr Schnee liegt – erst dort die Ski anschnallen, wo in anderen Revieren die Lifte enden. Zwanzig Autominuten später zeigt das Ortsschild „Kühtai, 2.020 Meter Seehöhe“ an, Ziel erreicht. Gut, ein Winter-Wunderland findet man an diesem Tag auch hier nicht vor. Aber alle Aufstiegsanlagen sind in Betrieb, die Pisten frisch präpariert.

Wintersportler wollen Größe und Schneesicherheit

„Auf unsere Beletage ist eben Verlass“, sagt Roland Schwarz vom Tourismusverband mit einem Augenzwinkern. Österreichs Seilbahn-Branche befragt ja regelmäßig dreißigtausend Wintersportler nach ihren Wünschen und Präferenzen. Für 56 Prozent ist die Größe des Skigebiets ein ausschlaggebender Faktor. Klar, dass Kühtai mit vierundvierzig Pistenkilometern da nicht in der ersten Liga mitspielt. Aber für zwei von fünf Skiurlaubern ist eben auch die Schneesicherheit wichtig. Und in dieser Kategorie ist die Destination in jedem Fall erstklassig. „In Sachen Komfort natürlich auch“, ergänzt Schwarz: „Ski-in, Ski-out ist in den meisten Unterkünften Standard. Bequemer und schneller kommt man nirgendwo auf die Piste.“ Wer hier trainiert und wer kräftig investiert, lesen Sie hier.

Spitzenläufer trainieren hier

Weil Kühtai für Schneesicherheit steht, wird kräftig investiert – auch in Zeiten des Klimawandels. Der neue Sechser-Sessel „Gaiskogelbahn“ ging 2021 an den Start. Ein Dutzend moderne Aufstiegsanlagen schaufeln jede Stunde 18.000 Pistenflitzer auf den Berg. Da muss garantiert niemand anstehen. Weil Kühtai so schneesicher ist, trainieren hier regelmäßig Weltcup-Athleten in der dünnen Höhenluft. Das österreichische Damen-Team ist häufig zu Gast. Wer die Ski-VIPs um ein Autogramm bitten möchte, checkt am besten im Hotel Alpenrose ein, das sich direkt unterhalb der gleichnamigen Piste befindet, wo stets ein Riesenslalom-Kurs ausgesteckt ist.

Die Alpenrose und das Hotel-Imperium

Wer über die pinkfarbene Alpenrose am Ortsende spricht, kommt nicht umhin, auch über die Familie Gerber zu reden. Bruno Gerber kaufte seit Mitte der 1990er-Jahre den gefühlt halben Ort zusammen und ist der größte Arbeitgeber. Zum Imperium gehören neben der Alpenrose ein All-inclusive-Hotel, demnächst ein Drei-Sterne-Haus namens Lisl, eine Pizzeria, die Drei-Seen-Hütte im Skigebiet, ein Sportgeschäft samt Skiverleih und -schule, eine Bar und so weiter.

Drei-Seen-Hütte im Skigebiet

Drei-Seen-Hütte im Skigebiet

Einige sagen deshalb: Na ja, Kühtai ist eben ein Touristen-Retortendorf an der Passstraße zwischen Sellrain und Ötztal, mit Hotels ohne Charme und Geschichte. Das mit dem Charme muss jeder selbst beurteilen.

Zwei Kaiser und die Jagd

Aber eine lange Historie hat die „Chutay“ (Kuhalm) sehr wohl. Wie der Name schon sagt, gab es hier einen Schwaighof, ein auf Viehzucht und Milchwirtschaft ausgerichtetes herrschaftliches Anwesen, das im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt wurde.

Zweihundert Jahre später erhielt Kaiser Maximilian I. das Recht, im Gebiet des Kühtai zu jagen. Erzherzog Leopold V. ließ den Schwaighof 1622 zu einem Jagdschloss umbauen und einen Fahrweg von Sellrain anlegen. Kaiser Franz Joseph I. kaufte das Schmuckstück 1893 zurück und nutzte es als Basislager für die Murmeltier-Jagd. Über seine Enkeltochter Hedwig ging es an die deutschen Grafen zu Stolberg-Stolberg, die es in ein Wintersporthotel verwandelten.

Tiroler Skiort: Wo die Elite trainiert und Hoteliers investieren

Wer Historisches schätzt, checkt im Jagdschloss Resort Kühtai (jagdschloss-resort.at) ein.

Für Skifahrer begann damit eine wunderbare Ära. Sie konnten im denkmalgeschützten Jagdschloss mit dem spätgotischen Kreuzgewölbe, den alten Truhen und den beim Gehen, pardon, Schreiten knarzenden Holzdielen stilvoll wohnen. Doch nicht nur das: Der Hausherr, seine Erlaucht Christian Graf zu Stolberg-Stolberg, war meistens selbst als Gastgeber vor Ort. Dessen Ururgroßvater Franz Joseph I. war zwar Kaiser von Österreich, doch anmerken ließ sich der Adelsherr das nie.

Ein Graf und ein Geist

Alle Welt nannte den Jagdschlossbesitzer nur „Graf Christian“. Er war der gute Geist des Hauses. Allerdings hatten seine fünf Kinder aus drei Ehen, im fernen Hamburg sozialisiert, nie etwas mit dem Hotelgewerbe am Hut. Und deshalb entschloss sich der Eigentümer 2016, das Ensemble mit den rot-weißen Fensterläden im Oberinntaler Bauernhausstil an zwei Tiroler Bauträger zu verkaufen.

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Anfangs schaute der Graf öfter vorbei; inzwischen macht er sich rar, auch wenn er zu betonen pflegte, er möchte einmal auf dem Friedhof der nur wenige Meter vom Jagdschloss entfernten Hofkapelle begraben werden, wo seine Eltern ruhen.

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Das Skigebiet befindet sich am Passübergang zwischen Inn- und Ötztal am Nordrand der Stubaier Alpen. Im Bild: Hofkapelle beim Jagdschloss.

Was soll man sagen: Auch ohne den Grafen wohnt es sich hier vorzüglich, die neuen Hausherren haben das Jagdschloss Resort behutsam renovieren lassen. Man merkt: Stillstand ist für Kühtai und seine zwei Dutzend hier gemeldeten Einwohner keine Option: nicht für die Gerber-Dynastie, und auch nicht für die Jagdschloss-Investoren und ihr Unikat.

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