Brunei: Ein Sultanat im Rahmen des Unmöglichen

Das bekannteste Fotomotiv in Brunei ist die Sultan-Omar-Ali-Saifuddin-Moschee
Zwischen Megabauten aus Carrara-Marmor, Ölreichtum und grünen Dschungelhöllen findet der Reisende im weitgehend unbekannten Sultanat auf der Insel Borneo einige Gründe, warum er da ist.

Wer im Freundeskreis „Brunei“ als Urlaubsziel fallen lässt, wird ungläubiges Kopfschütteln ernten. In dem kaum bekannten Sultanat im Norden der Insel Borneo ist es tatsächlich ziemlich teuer, es gibt einen einzigen Strand (nur für Wohlhabende), der diesen Namen verdient, ein paar Prunkbauten und Dschungel. Aber dennoch findet man dort Faszinierendes.

Beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist Brunei dank seiner Öl- und Gaseinnahmen weltweit unter den Top Ten. Vom sprudelnden Gold profitiert naturgemäß in erster Linie Sultan Hassanal Bolkiah als absoluter Herrscher, einst galt er als reichster Mann der Welt. Sein Vermögen hat aber dank abenteuerlicher Investitionen der Königsfamilie und ihrer Neigung zu einem unfassbar luxuriösen Lebensstil ein wenig gelitten.

Trotzdem reicht es für den größten Palast der Welt mit fast 1.800 Zimmern. 257 davon sind Badezimmer, großteils aus italienischem Marmor. Dass der Sultan für seinen Fuhrpark von angeblich fünftausend Luxusautos eine eigene Rennstrecke hat, wirkt logisch. Sehen können weder seine Untertanen noch Touristen viel davon, nur vom Haupteingang aus lässt sich ein Blick auf einen kleinen Teil der Anlage erhaschen.

Dass die knapp 450.000 Bewohner all das tolerieren, liegt daran, dass Brunei auch ein Wohlfahrtsstaat ist, es muss sich also kaum jemand Existenzsorgen machen. Weniger locker ist man in religiösen Dingen, so wurde die Scharia eingeführt, also islamisches Recht. Im ganzen Land ist deshalb auch Alkoholverbot, Touristen dürfen aber für den Eigenbedarf zwei Flaschen einführen. Alkohol ist natürlich nur im Hotelzimmer zu konsumieren, in der Öffentlichkeit kann das hinter Gittern enden.

Unterwegs auf den breiten Stadtautobahnen oder zu Fuß in der geschäftigen Ufernähe des Brunei-River fühlt sich das Leben dennoch überraschend entspannt an. Gesichtsverhüllung sieht man kaum, die hier gebürtige Taxifahrerin mit chinesischen Wurzeln trägt wie viele Frauen nicht einmal eine Kopfbedeckung. Die Leute sind freundlich, freuen sich über Touristen, denn hier gibt es noch kaum welche.

Prunk-Moscheen

Dabei kommt man beim Sightseeing kaum aus dem Staunen raus. In der Hauptstadt Bandar Seri Begawan stehen nicht nur der Königspalast, sondern auch gut sichtbare architektonische Perlen. Allen voran die Jame’-’Asr-Hassanil-Bolkiah Moschee mit neunundzwanzig goldenen Kuppeln und blau verzierten Minaretten. Im Inneren gibt es sogar eine Rolltreppe, die allerdings dem Sultan vorbehalten ist.

Brunei: Ein Sultanat im Rahmen des Unmöglichen

In der Lagune dahinter dümpelt der Nachbau einer königlichen Barke aus dem 16. Jahrhundert

Wie ein Postkartenbild leuchtet die aus Carrara-Marmor errichtete Sultan-Omar-Ali-Saifuddin-Moschee durch ein gigantisches Rechteck im Park davor, Fotomotiv Nummer eins des Landes. In der Lagune dahinter dümpelt der Nachbau einer königlichen Barke aus dem 16. Jahrhundert. Unweit davon sollte man unbedingt zwei weitere ansehnliche Bauten besuchen, nämlich auch von innen: das Islamische Museum und die Muslimische Bücherei.

Brückenschlag

Verlässt man die Hauptstadt in Richtung Osten, passiert man eine weitere, erst 2019 eröffnete Sehenswürdigkeit: Die mit dreißig Kilometern längste Brücke Südostasiens überquert den zum malaysischen Sarawak gehörenden Limbang-Korridor. Auf der anderen Seite ist es nicht mehr weit zu einem Geheimtipp. Hier beginnt der Ulu-Temburong-Nationalpark, mit einem der ältesten und höchstgelegenen Urwälder der Erde und nahezu unberührter Natur.

Nahezu deshalb, weil es einen Weg in die grüne Hölle gibt. Zunächst geht es mit dem Auto bis zum Temburong-Fluss, dann mit dem Longtailboot bis zur einzigen, urtümlichen Lodge im Dschungel, dann noch weiter über Stromschnellen zu einem Aufstieg aus schlammigen Holzstufen und bemoostem Geländer. „Passt beim Festhalten auf, ob da grad keine Spinne oder Schlange drauf ist“, rät uns die einheimische Führerin und Öko-Expertin grinsend. Sie meint es ernst.

Brunei: Ein Sultanat im Rahmen des Unmöglichen

Schwindelerregend

Brunei: Ein Sultanat im Rahmen des Unmöglichen

Canopy Walkway

Nach rund siebenhundertfünfzig Stufen – bei über dreißig Grad feuchter Hitze –, taucht sie auf: eine gigantische Metallkonstruktion mit fünf Türmen bis auf sechzig Meter Höhe, die einen Canopy Walkway über den Wipfeln des Regenwaldes stützt, in rund tausend Metern über dem Meeresspiegel. Ein großartiges Erlebnis mit einer einmaligen Aussicht, mitten unter bunten Vögeln und sattem Grün, soweit das Auge reicht. Am schönsten ist es hier, wenn die Sonne aufgeht und der Nebel aus den Wäldern aufsteigt.

Anreise
Flugverbindungen nach Brunei gibt es über Bangkok, Kuala Lumpur und Singapur. Derzeit genügt der Reisepass plus Nachweis einer Reisekrankenversicherung. CO2-Kompensation etwa via atmosfair.de: 160 €

Klima und Reisezeit
Stets feuchtheiß, weniger Regen von Februar bis Juni

Währung
1 €=1,44 Brunei-Dollar. Bankomaten am Flughafen und in der Stadt funktionieren oft nicht. Am ehesten in den Banken Nähe Brunei River

3 0Euro pro Stunde
kostet ca. eine Taxifahrt, die Streckenlänge ist egal. Ein Anbieter für  Ausflüge und Trekkingtouren ist Freme, freme.com

Übernachten
– Das „Empire“ wurde als Privatpalast eines Prinzen gebaut, der auch sonst recht speziell mit dem Staatsvermögen umging. Es ist das einzige Hotel mit (künstlichem) Strand. Zimmer ab 210 €,
theempirebrunei.com
– Etwas günstiger ist das zentral gelegene Radisson.
radissonhotels.com

Übersicht bruneitourism.com

Der Rest der Tour ist nur noch Draufgabe zu diesem Fest der Sinne. Ein Stückchen Rafting über eher harmlose Stromschnellen, ein bisschen Canyoning zu den Ulu-Mutong-Wasserfällen, in dessen natürlichem Pools man sich herrlich abkühlen kann. Und dann der im wahrsten Sinn des Wortes prickelnde Abschluss: In einem Teil der ruhigeren Gewässer wimmelt es von Doktorfischen, die uns sehr entspannend und angenehm kitzelnd die Haut an Füßen und Beinen reinigen. In freier Wildbahn – das gibt es kaum woanders.

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