Amsterdam feiert 750 Jahre: Wie es sich auf einem Hausboot lebt
750 Jahre Amsterdam. Kanäle umspannen das Stadtzentrum, viele Menschen wohnen hier in Hausbooten oder in Jahrhunderte alten Häusern, deren Fassaden sich in den Grachten spiegeln.
Das Besondere an Amsterdam ist das Wohnen nicht nur am, sonder auf dem Wasser. An die dreitausend Hausboote sind an den Ufern der Grachten fix vertäut. Bug an Heck reihen sie sich entlang der Kais, alte Frachtkähne liebevoll umgestaltet und moderne Wohnboote.
Kelsey (l.) mit ihrem Partner an Deck ihres Hausboots.
©Manfred RuthnerZu den glücklichen Hausbootbewohnern zählen Kelsey und ihr Partner (Bild). Sie gibt einen Einblick in ihr fünfundzwanzig Meter langes und etwa vier Meter breites Zuhause auf der Prinsengracht – was für ein treffender Name: „Auf dem Hausboot lebst du wie auf einer Insel mitten im Stadtzentrum. Immer sind Menschen um uns herum, aber es fühlt sich an, als ob wir alleine wären. Wenn das Wetter passt, sitzen wir oben an Deck, auf unserer Terrasse, und winken Freunden zu, die auf ihren Booten vorbei fahren.“
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Als Kelsey vor Jahren das Angebot eines Freundes erhalten hat, sein 2014 gebautes Hausboot zu mieten, zögerte sie keine Sekunde. Es ist dem Stil eines alten Bootes nachempfunden, wirkt innen wie eine große Jacht mit einem Salon als Wohnzimmer auf dem obersten Deck. Schlaf- und Badezimmer liegen darunter und würden auch in gemauertes Gebäude passen. In der kalten Jahreszeit sorgt eine Fußbodenheizung, betrieben mit einer Wärmepumpe, für angenehmes Wohnklima. „Vor drei oder vier Jahren war die Gracht zuletzt zugefroren, da konnte man hier neben dem Hausboot sogar eislaufen!“
Auch wenn die Miete teurer als bei einer vergleichbaren Wohnung ausfällt, möchte Kelsey ihr lieb gewonnenes Ambiente nicht mehr missen. Auch ihr Freund Miljo lebt nun schon seit anderthalb Jahren auf dem Boot.
Im Café Winkel wird der beste Apfelkuchen Amsterdams serviert.
©Manfred RuthnerDer beste Apfelkuchen Amsterdams
Ganz in der Nähe beim Café Winkel hat Guide Fleur einen freien Tisch ergattert. „Hier wird der beste Apfelkuchen Amsterdams serviert“. Bei Kaffee und Kuchen gibt sie einen Einblick in die Geschichte: „Amsterdam wird erstmals am 27. Oktober 1275, also vor 750 Jahren, in einer Urkunde erwähnt, dem damaligen Fischerdörfchen wird Zollfreiheit auf allen Wasserstraßen gewährt. Die beiden Flüsse Amstel und Ij dienen als Zugang zu den Weltmeeren, ideale Voraussetzungen für Fischfang und florierenden Handel und somit zu Wohlstand.“
Schmale Häuser, weicher Boden
Mehrere ringförmige Kanäle durchziehen die Altstadt, zahlreiche Brücken verbinden die Viertel. Prächtige Patrizierhäuser in unterschiedlichen Baustilen, innen modern und komfortabel ausgestattet, drängen sich an die Kais und zeugen vom Reichtum der höchst umtriebigen Kaufleute. Manche Fassaden sind kaum breiter als ein Fenster, weil Steuern nach der Fassadenbreite berechnet wurden, andere neigen sich nach vorne.
Schöne Häuserfassaden in Amsterdam
©Manfred Ruthner„Das war geplant, um die Waren leichter in den Speicher unter dem Dach ziehen zu können. Allerdings sind nach und nach viele tragende Mauern durch die Last in den weichen Boden eingesunken und stehen besonders schief.“ Die Grachten vermitteln ein eigenes Flair. Der Autoverkehr findet woanders statt, hier ist man mit Rädern oder auf Booten unterwegs. Man sitzt im Schatten von Bäumen am Ufer und lässt die Beine überm Wasser baumeln.
In einem nicht mehr genutzten Hafen wurden schwimmende Häuser errichtet.
©Manfred RuthnerSchwimmende Siedlung
Da der Platz für Hausboote in den Grachten begrenzt und die Nachfrage groß ist, wurden in Amsterdam Noord in einem nicht mehr genutzten Hafen moderne schwimmende Häuser errichtet. Nahe dem Gelände der früheren NDSM Werft, das sich zum neuen Kunstviertel mit Ausstellungen und Events entwickelt und in wenigen Minuten mit der Fähre vom Hauptbahnhof erreichbar ist.
Info
Anreise
Mehrmals tägliche Direktflüge ab Wien mit Austrian und KLM. Co2-Kompensation via atmosfair.de: 12 €
„I amsterdam“-City Card
Eintritt zu allen bedeutenden Sehenswürdigkeiten und über 70 Museen, die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, eine Grachtenrundfahrt und Mietfahrräder sind inklusive. iamsterdam.com/de/eintrittskarten/i-amsterdam-city-card
Grachtentouren
Mehrmals täglich Rundfahrten in glasüberdachten Booten, Abfahrten nahe Centraal Station. Hop-on-Hop-off mit Anlegestellen bei Sehenswürdigkeiten.
Übernachten
NH Collection Amsterdam Flower Market: 1928 für die Olympischen Spiele errichtet, innen komplett renoviert und zum 4*-Hotel ausgebaut.
nh-collection.com
Dreißig Schwimmhäuser, etwa acht Meter hoch, sind über Stege zu einer Siedlung verbunden, ihre Fassaden sind mit Holz, Bambus oder Kork verkleidet. Zum Projekt Schoonschip, was soviel wie „sauberes Schiff“ bedeutet, hat sich vor elf Jahren eine Gruppe von Idealisten zusammengetan und mit Architekten diese unkonventionellen Häuser entwickelt. Ein Teil davon sind schwimmende Doppelhaushälften, die von zwei Familien bewohnt werden. Aus vielen Aktionen hat sich ein gutes Nachbarschaftsverhältnis entwickelt.
Das Leben am Wasser macht Schule. Architekten, Städteplaner und private Interessenten sind gekommen und wollen Ähnliches in ihrer Heimat umsetzen.
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