#regrettingfatherhood: Väter weinen ihrer Freiheit nach

#regrettingfatherhood: Väter weinen ihrer Freiheit nach
Die neue Vater-Rolle belastet Papas: Keine Zeit für Sport und keine coolen Autos mehr.

Im Vorjahr sorgten Mütter für Aufregung, die sich unter dem Hashtag #regrettingmotherhood über ihr Muttersein beklagten. Auslöser war eine Studie der israelischen Soziologin Orna Donath, in der sie das Mutterliebe-Tabu erstmals brach. Mit etwas Verspätung fangen jetzt auch Väter an, sich zu beschweren.

Ein Artikel der „Hannoverschen Allgemeinen“ widmet sich der Frage: "Machen Kinder unglücklich?". Ein anonymer Zweifach-Vater klagt dort sein Leid: "Ganz egal für wie gut vorbereitet ich mich hielt, ich war ganz sicher nicht vorbereitet auf die gewaltige Menge an Veränderungen in meinem Leben. Der Karrieretyp zu sein, der jederzeit spontan drei Tage auf Dienstreise geht? Vorbei. Abends nebenbei für den Masterabschluss lernen? Vorbei. Basketball spielen? Für den Marathon trainieren? Vorbei. In einer Dachgeschosswohnung in der Stadt Cocktailpartys feiern? Auch vorbei. Stattdessen ein Haus auf dem Land. Wenn ich früher gewusst hätte, was ich heute weiß, dann hätte ich höchstens ein Kind. Oder gar keins."

In den sozialen Medien ließen einige andere Männer ihren Emotionen freien Lauf. Mehrere nützen die Gelegenheit, sich über ihre (Ex)Frauen auszulassen, die ihnen keinen Spielraum geben. „Ich kenne da eine Mutter, die kann gut das Familienleben ruinieren. Angeblich hat Mann nicht genug Ambitionen, das Auto ist nicht prestigeträchtig genug etc.“, beschwerte sich einer.

Wut statt Verständnis

Anders als bei den reuigen Müttern, denen eine Welle an Verständnis entgegen schlug, ernten beleidigte Väter eher Kritik. „Nach der Geburt war der Papa nie zu Hause. Tagsüber Arbeit, abends Sport. Mama macht das schon“, machte eine Mutter ihrem Ärger Luft. Viele Userinnen stimmen überein, dass ihre (Ex-)Männer nie Verantwortung im Familienalltag übernommen hätten.

Früher war das allgemein akzeptiert, da konnten Männer ihr altes Leben weiterführen. Heute muss der ideale Vater einen tollen Job haben und genug Zeit zu Hause verbringen, um eine aktive Rolle im Leben seiner Kinder zu spielen. So wie Frauen sind auch die Väter von der zeitlichen Doppelbelastung durch Erwerbstätigkeit und Familienarbeit zunehmend überfordert. In der Diskussion geht es daher weniger um #regrettingfatherhood als um den Stress der Mehrfachbelastung, mit dem Mütter schon lange kämpfen. Doch anders als Frauen verweigern sich viele Männer den modernen Erwartungen und genießen weiterhin ihre früheren Freiräume. Aber nicht mehr ungestraft.

Die Bloggerin Mutterseele.Sonnenschein brachte mit einer Bilanz über ihr Leben neben einem solchen „Ich-will-mein-altes-Leben-zurück“-Vater die Diskussion in Schwung. „Dieselben Typen, die in der Firma jede Verantwortung gerne sofort übernehmen, sind nicht in der Lage, Verantwortung für ihre Kinder zu übernehmen. Wickeln nur, wenn die Wickeltasche mindestens vom Hipster-Label ist. Selbst der A8 musste gegen einen Berlingo eingetauscht werden: Höchststrafe!“, machte sie sich lustig.

Der Druck auf Väter steigt

Sie zog ihre Konsequenzen und verließ den Mann, der sich nicht an ein Familienleben gewöhnen konnte. Und siehe da: Alles wurde anders, schreibt sie: „In den Monaten nach der Trennung war er wie ausgewechselt. Er hatte Zeit, weil er sich Zeit genommen hat. Er war für die Kinder da, er war für mich da (aber es war zu spät). Er hatte jedes Wochenende die Kinder, er war aufmerksam und präsent, er hat Termine und Projekte verschoben. Er wollte die Familie zurück haben, und auf einmal war er nicht mehr Opfer seines Jobs. Er hatte es in der Hand, und mir wurde klar: Er hatte es die ganze Zeit in der Hand!“

Da stimmte ihr auch ein geschiedener Vater zu: „Man reagiert immer da, wo der Druck am größten ist. Damit der Druck in der Familie dem gefühlten Druck im Job ebenbürtig wird, muss einiges passieren.“

Die neue Diskussion bringt bereits eine erste Erkenntnis, bei der sich Männer und Frauen fast einig sind: Leider nehmen sich viele Väter erst dann genug Zeit für ihre Kinder, wenn die Eltern geschieden und die Familie zerrissen ist. Und sie mehr Freiheit bekommen, als sie je haben wollten.

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