Radioastronomen lauschen ins All

Radioastronomen lauschen ins All
Ausdauer kann man ihnen nicht absprechen: Seit mehr als 50 Jahren suchen Radioastronomen nach Signalen von außerirdischen intelligenten Wesen auf fernen Planeten. Bisher vergeblich.

„Auch wenn es merkwürdig klingen mag, - bisher konnten wir eigentlich nur Spuren intelligenten Lebens wahrnehmen", meint Frank Drake, der große alte Mann der Radioastronomie. „Denn wir konnten ja nicht zu anderen Planeten fliegen, um dort nach Mikroorganismen zu suchen." Damit beginnt nun der Mars-Rover Curiosity, der am frühen Montag Morgen südlich des Äquators im Gale Krater planmäßig und erfolgreich landete. Curiosity – offiziell: Mars Science Laboratory (MSL)  - ist der erste Mars-Rover, der sich auf systematische Suche nach organischen Molekülen machen wird.

Was Frank Drake betreibt, nennt sich SETI: Search for Extraterrestrial Intelligence. In manchen Ohren klingt das nach UFOs oder Entführungen durch Außerirdische. Weit gefehlt. SETI ist ein organisierter, wissenschaftlicher Lauschangriff ins All mit leistungsfähigen Computern und Radioteleskopen.

Das Vorbild für Jody Foster
Das will freilich nicht heißen, dass Radioastronomen nicht die Fantasie beflügeln können. Wie beispielsweise Jill Tarter: Die Direktorin des SETI-Institutes in Kalifornien inspirierte den legendären Carl Sagan zu seinem Roman „Contact". Jill Tarter war das Vorbild für die, von Jody Foster dargestellten Astronomin, die ein Signal aus dem All empfängt. Das Signal stammte aus dem Sonnensystem des Sterns Wega. Der Stern – 25 Lichtjahre entfernt – existiert tatsächlich. Doch bisher herrscht von Wega Funkstille.

„Wir empfangen immer wieder Signale", erklärt Jill Tarter. „Doch auf den zweiten Blick stellen sie sich beispielsweise als Interferenz von einem Satelliten heraus." Einmal konnte das SETI-Team ein Signal über Tage nicht identifizieren. Die Spannung stieg. Doch dann entpuppte es sich als Signal von der NASA-Sonde SOHO. Ein einmaliges und mysteriöses Signal ist in die Radioastronomiegeschichte eingegangen. Das so genannte „wow signal" wurde 1977 am Observatorium der University of Ohio registriert. Doch die Daten wurden erst nach mehr als einer Woche gesichtet. Bisher heute ist der Ursprung ungeklärt.

Radioastronomen suchen das All nach ganz bestimmten Kriterien ab: Sie durchforsten den vergleichsweise leisen Frequenzbereich von 1 bis 10 Gigahertz nach schmalbandigen Signalen. Und warum gerade nach diesen? „Weil es in der Natur keinen klaren, reinen Ton gibt", erklärt Jill Tarter. „Selbst die schmalste, in der Natur vorkommende Bandbreite hat immer noch ein Spektrum von 300 Hertz." Der Schluss daher: Was darunter liegt, muss also ein künstliches Signal sein.

Projekt Ozma
Frank Drake tastete 1960 als erster das All mit einem Radioteleskop nach Signalen ab. Er nannte den Versuch „Projekt Ozma", nach der Königin in seinem Lieblingsmärchen „Der Zauberer von Oz". Er richtete das Radiotelekop auf die, unserer Sonne am nächsten gelegenen Sterne: Tau Ceti und Epsilon Eridani. Doch: weit und breit kein Signal einer außerirdischen Zivilisation. „Das besagte für uns damals nicht, dass es keine Signale gab, sondern nur, dass die Suche nicht einfach sein wird", erinnert sich Frank Drake. Der Astronom ist außerdem der Schöpfer der nach ihm benannten Gleichung über die Schätzung, wieviele intelligenten Zivilisationen im All existieren. Sie kam so zustande: Frank Drake schrieb sieben zu berücksichtigende Faktoren auf und erkannte: Die Zahl der intelligenten Zivilisationen ergibt sich, wenn man alle diese Faktoren miteinander multipliziert. Doch vorher muss man grundlegende Fragen beantworten, wie etwa: Wie viele Sterne haben Planeten? Auf wie vielen Planeten gibt es Bedingungen für Leben? Auf wie vielen entsteht tatsächlich Leben? Die endgültige Antwort,  so Frank Drake, ist so unsicher wie der unsicherste Faktor: „Das ist die Langlebigkeit von Zivilisationen. Wie lange senden sie wahrnehmbare Signale aus? Das lässt sich nicht berechnen."

Frank Drake richtete das Teleskop nur auf zwei Sterne. Mittlerweile beobachten Radioastronomen gleichzeitig mehrere. Der neue Trend: ein Vernetzung von Satellitenschüsseln statt einem einzigen Riesenteleskop. Das Pionierprojekt stammt vom SETI-Institut: das Allen Telescope Array (ATA), benannt nach Microsoft-Mitbegründer und SETI-Sponsor Paul Allen. In vollem Glanz und Glorie soll das ATA einmal 350 kommerzielle Antennenschüsseln miteinander verbinden. Doch das ist winzig im Vergleich zum jüngsten internationalen Teleskopprojekt, dem Square Kilometer Array (SKA). Tausende Antennenschüsseln in Australien, Neuseeland und Südafrika werden zum größten und empfindlichsten Radioteleskop verlinkt werden. Aus der Sammelfläche ergibt sich der Name: ein Quadratkilometer. Damit wird man Daten 10.000 mal schneller als bisher sammeln können. Der Baubeginn des 1.5 Milliarden Euro teuren Projekts: 2016.

SETI@home: Signalsuche vom Heim-PC
Viele Augen sehen mehr als zwei. Und viele Computer haben mehr Rechenkapazität als wenige. Nach dieser simplen Rechnung funktioniert SETI@home, ein 1999 von Dan Wirthimer an der University of California in Berkeley ins Leben gerufenes Projekt. „Die verschiedenen Frequenzen und Signalarten müssen genau analysiert werden. Aber den Supercomputer, den man dafür bräuchte, können wir uns nicht leisten." Daher hat SETI@home ein Bildschirmschoner-Programm entwickelt. „Aber es ist eben kein gewöhnlicher Bildschirmschoner, der nur hübsche Bilder zeigt. Das Programm sichtet die Daten vom Teleskop und sucht nach Signalen. Jeder SETI@home-Helfer bekommt ein anderes Stückchen Himmel."

Der jüngste Lauschangriff der SETI-Fans richtete sich auf die Sternbilder Schwan und Leier, wo das Kepler-Weltraumteleskop der US-Weltraumbehörde NASA Planeten identifizerte. Von besonderem Interesse etwa: Kepler 22b, eine so genannte Super-Erde mit einem fast zweieinhalbfachen Durchmesser unserer Erde. Kepler 22b befindet sich in der so genannten habitablen Zone, wo flüssiges Wasser existieren sollte. Doch bisher hört man von Kepler 22b keinen Ton.

Die Invasion der Außerirdischen
Die Frage ist: Sollen Erdbewohner sich eigentlich eine erfolgreiche Kontaktaufnahme wünschen? Stephen Hawking, der wohl berühmteste Astrophysiker der Welt, ist skeptisch. Er vergleicht ein mögliches Zusammentreffen von Außerirdischen und Erdlingen mit der Ankunft von Christoph Kolumbus in Amerika. „Das ist für die Ureinwohner ja nicht so gut ausgegangen." Auch Dan Wirthimer mahnt zu Vorsicht. „Ich glaube zwar, dass höher entwickelte Zivilisationen friedliebend sind und gelernt haben, miteinander auszukommen. Aber vielleicht ist das zu naiv gedacht." Man könne nicht auszuschließen, dass Außerirdische es auf die Ressourcen des Planeten Erde abgesehen haben. Fazit, so Dan Wirthimer: Menschen sollten sich damit begnügen ins All zu horchen und derzeit lieber keine gezielten Signale funken.  „Es stellt sich ja auch die Frage: Wenn wir funken wollten, - was wäre ein für die Erde und unsere Zivilisation repräsentatives Signal? Und wer bestimmt das?"

Bisherige vereinzelte Funkversuche fallen in die Kategorie von Publicity. 2008 etwa schickte die US-Weltraumbehörde NASA zu ihrem 50.Geburtstag den Beatles-Song „Across the Universe" in Richtung des 431 Lichtjahre entfernten Polarsterns. Der deutsch-französische Kabelsender Arte beamte 2006 die Fernsehsendung CosmicConnection zum Stern Errai. Das Signal wird dort in 45 Jahren angekommen. Mit einer eventuellen Antwort ist nicht vor Ende des Jahrhunderts zu rechnen.

Lesen Sie morgen über die Schwierigkeiten der Besiedelung des Weltraums und welche Hindernisse Terraforming Mars mit sich bringt

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