Prostitution: "Gesetze sind schlecht, nicht Huren"

Symbolbild
Bessere Menschenrechte für Sexarbeiter fordert jetzt sogar das Medizinjournal "Lancet".

Das erregt Aufsehen: Statt Zellkulturen oder Krankheitsbildern ist auf dem Cover des renommierten Wissenschaftsmagazins The Lancet diesmal eine Prostituierte in Leder, Strapsen und Plateaustiefeln mit einem Schild abgebildet: "Die Gesetze sind schlecht, nicht die Huren".

Anlässlich der Welt-Aids-Konferenz in Melbourne wurde das Heft dem Thema "HIV und Sexarbeit" gewidmet – die Kriminalisierung von käuflichem Sex zwinge Prostituierte oft in den Untergrund. "Das Ziel einer Aids-freien Generation wird nicht erreicht werden, wenn die Menschenrechte von Sexarbeitern nicht weltweit anerkannt werden", geben sich die Wissenschaftsautoren ungewohnt politisch.

Sexarbeiter haben ein 13-fach erhöhtes Risiko, sich mit HIV zu infizieren. Während der Einsatz von Kondomen in einem Land wie Kanada 20 Prozent der Infektionen verhindern konnte, wäre der größte Effekt durch die Entkriminalisierung der Prostitution erreichbar. Bis zu 46 Prozent der HIV-Infektionen seien so verhinderbar, zeigt eine im Heft vorgestellte Studie.

Als besonders bedenklich bezeichnet Christian Knappik vom Verein sexworker.at die Situation in Österreich. "Durch die weltweit einmalige wöchentliche Zwangsuntersuchung von Prostituierten glauben Kunden, dass die Frau gesund ist, und fordern erst recht Sex ohne Gummi."

Anstatt anonym und niederschwellig Untersuchungen und Behandlungen anzubieten, müssen sich die Frauen bei der Polizei anmelden. "Wenn bei der Untersuchung eine sexuelle Krankheit gefunden wird, gibt es keine Behandlung – es wird einfach die Gesundheitskarte entzogen. Vor allem Migranten verschwinden in die Illegalität", erklärt Knappik. Diese "geistige Befreiung von Verantwortung" würde die Frauen nicht stärken, sondern sie nur mehr unter Druck setzen.

Nicht wirklich besser sei die Situation in Schweden, wo das Prostitutionsverbot nicht nur den Sextourismus durch Männer gefördert hat, sondern auch durch die Sexarbeiterinnen.

In Frankreich konnte das Verbot von käuflichem Sex und die Bestrafung von Freiern nach schwedischem Modell nach Protesten abgewendet werden. Die viel diskutierte Initiative wurde letztendlich abgelehnt.

Vorzeigebeispiel

Als weltweit vorbildlich gilt der neuseeländische Umgang mit dem Thema Prostitution. Nach Verhandlungen zwischen Betroffenen und Politik wurde den Sexarbeitern mehr Selbstverantwortung zugesprochen. Konzessionen für Bordell-Betreiber werden nur jährlich vergeben – gibt es Beschwerden von Sexarbeitern, kann die Bewilligung auch verwehrt werden. Zudem können Prostituierte selbstbestimmt ihr eigenes Etablissement betreiben.

Geht es nach Christine Nagl von der Salzburger Beratungsstelle PiA sollte der Staat Sexarbeitern mehr Selbstverantwortung geben. Sie fasst zusammen: "Ausbeutung findet statt, je mehr Abhängigkeit es gibt. Und je mehr Sexarbeiter in die Illegalität getrieben werden, desto leichter sind sie auszubeuten."

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