Pinguine gerettet: Dürfen Tierfilmer in die Natur eingreifen?

Ein Screenshot aus der Dokumentation "Wilde Dynastien – Kaiser der Antarktis".
Dürfen Dokumentarfilmer in den Lauf der Natur eingreifen? Ein Video, das derzeit im Netz kursiert, wirft diese Frage erneut auf.

Eine kleine Gruppe Kaiserpinguine steht dicht aneinander gedrängt mitten im Eis. Als die Kameraeinstellung wechselt, erkennt man, dass sich die Tiere in einer Art Schlucht befinden – darin eingeschlossen sind.

Mit diesen Szenen beginnt ein Teaser zum zweiten Teil der Tierdoku "Wilde Dynastien". In der vom WDR und der BBC koproduzierten Dokumentation wird eine Kolonie von Kaiserpinguinen begleitet, die sich in der Atka-Bucht an der antarktischen Küste versammelt, um dort den Winter zu verbringen und ihre Küken großzuziehen.

Gefangen im Eis

Nach der Ankunft der Pinguine friert die Bucht komplett zu. Einige der flugunfähigen Seevögel geraten in eine Notlage, als sie sich nicht mehr selbstständig aus einem Eisbecken befreien können.

Die Dokumentarfilmer beobachten das Geschehen zunächst ohne einzugreifen. Nach einigen Tagen erlaubt ihnen das Wetter, zur Kolonie zurückzukehren: Die Tiere sind nach wie vor eingeschlossen, viele von ihnen bereits verendet.

Da schreitet das Filmteam ein: Sie bauen eine flache Rampe und schlagen Stufen ins Eis, damit sich die Vögel aus ihrer misslichen Lage befreien können.

Seit Mittwoch wurde das Teaser-Video, welches auch der Sender Das Erste auf Facebook teilte, über 2.000 Mal gelikt und hundertfach kommentiert und geteilt. In den Kommentaren zeigen sich die einen erfreut über die Tierliebe des Teams, andere sehen das Verhalten kritisch.

Grundsatzfrage

Es ist nicht das erste Mal, dass die Debatte rund um das Eingreifen von Tierfilmern in den Lauf der Natur aufflammt.

Im Jahr 2016 sorgte die Fortsetzung der legendären BBC-Dokumentarfilmreihe "Planet Earth" online für Diskussionen. In einer Episode wurde den Zusehern der Einfluss des Menschen auf das Tierreich vor Augen geführt. Besonders tragisch: Auf Barbados werden frisch geschlüpfte Meeresschildkröten durch grelle Lichter an Land verleitet, sich nicht zum, sondern weg vom Meer zu bewegen. Obwohl die im Sand geschlüpften Schildkröten instinktiv das Wasser suchen, werden sie von der Beleuchtung derart irritiert, dass sie in die falsche Richtung kriechen.

Am Ende des Strandes angekommen, verenden sie im Kanal oder werden von Autos überfahren. Nur eine aus fünf Baby-Schildkröten überlebt nach dem Schlüpfen.

Nach der Ausstrahlung äußerten zahllose Zuseher auf Twitter ihre Betroffenheit und Sorgen über die Tiere. Die BBC verkündete schließlich in einem Tweet, dass "alle Schildkrötenbabys, die im Zuge der Dreharbeiten gefilmt oder gesehen wurden, zurück ins Meer gebracht" wurden.

Damit richtete man sich gegen die von Natur- und Tierdokumentarfilmern vertretene Ansicht, nicht in das Leben (und Leid) der Tiere einzugreifen. Auch der britische Tierfilmer und Naturforscher Sir David Attenborough, Erzähler der Dokumentarfilmreihe, sagte einst in einem Interview: "Wenn man ein Kameramann ist, dann ist man dazu ausgebildet ein Beobachter zu sein, ein Unbeteiligter. Das ist sehr wichtig." Als Naturfilmer in Aktion zu treten und in das Leben der Tiere einzugreifen, würde die Dinge lediglich verschlimmern. "Natürlich sieht man grausame Sachen, aber man kann nichts dagegen tun", so Attenborough.

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