Dehnen für Kinder? So geht das!

Dehnübungen mit Volklsschülern in der Sir-Karl-Popper-Volksschule unter der Aufsicht von Physiotherapeut Kurt Waltl.
Wo der Schultag mit Dehnungsübungen beginnt.

Punkt 8 Uhr, in der Sir-Karl-Popper-Volksschule in Wien 15, die erste Glocke am Tag wirkt Wunder: Auf die Plätze, fertig, los! Die 1B im ersten Stock nimmt von sich aus Aufstellung. Das morgendliche Dehnen und Kräftigen der Muskulatur ist für die 24 Taferlklassler längst ein Ritual, das täglich wiederholt wird.

Lehrerin Helga Mitterböck kann ohne viel Worte mit der ersten Übung beginnen. Das behutsame Dehnen der Hals- und Schultermuskeln lässt das Blut zirkulieren.

Beobachtet werden die Kinder, die Klassen- und die Begleitlehrerin beim Frühsport heute wieder einmal von Kurt Waltl. Der ist ein Wanderprediger unter den Physiotherapeuten, hat alle bekannten österreichischen Tennisasse seit Hans Kary, Peter Feigl und Thomas Muster angewiesen und zwischendurch bei Turnieren in Wien und Linz auch einige Weltstars durchgeknetet.

Glückliche Fügung

Die Kinder sind erstaunlich beweglich, konzentriert, mit Freude bei der Sache. Sie dehnen seit dem ersten Schultag. "Der liegt ja noch nicht lange zurück", sagt der Physiotherapeut. Dennoch sieht er bereits Fortschritte.

Dehnen in der Volksschule? Steht in keinem Regierungsprogramm und auch in keinem Aktionsplan des Wiener Stadtschulrats. Ist eher einer glücklichen Fügung zu verdanken. Und die kam so: Helga Mitterböck hatte mit Schmerzen in der Schulter die Praxis von Kurt Waltl aufgesucht.

Die Schmerzen resultierten aus ihrer sportlich intensiven Nebenbeschäftigung: Die Pädagogin ist 13-fache Staatsmeisterin im Billard. Und musste dafür Tribut zahlen. Der Therapeut half, mit gezielten Übungen beleidigte Muskeln zu aktivieren, und damit die Schmerzen anzubringen. Außerdem brachte er sie auf eine Idee.

Er sagt: "Ich bin damals von einer Ausbildung zurück gekommen. In Schweden habe ich gelernt, dass man Kindern bis zum siebenten Lebensjahr Dehnungsübungen nur vorzeigen muss. Sie machen die Übungen dann automatisch nach."

Geschmeidig

Sie sagt: "Das hat mich sofort angesprochen, auch deshalb, weil ich schon wusste, dass ich wieder eine erste Klasse übernehmen werde." Zwanzig Minuten dauert eine morgendliche Einheit.

Die Lehrerin, die auch staatlich geprüfte Trainerin ist, zeigt vor, die Kinder ziehen nach. Neun, zehn Übungen lassen sich in dieser Zeit gut ausführen. Waltl: "Alle wichtigen Muskelpartien können so stimuliert werden."

Der Impulsgeber zeigt sich mehr als zufrieden: "Ich habe den Eindruck, dass die Kinder die Übungen jedes Mal schöner ausführen." Auch die Direktorin, Erika Dorn, sieht ihre Schule mit dem neuen Vorzeige-Projekt auf einem guten Weg.

Zum einen, weil es sich perfekt in ihr Programm der "Gesunden Schule" integrieren lässt, zum anderen, weil ihr die Begeisterung in der Klasse imponiert. "Mir kommt vor, dass die Kinder der 1B beweglicher und geschmeidiger werden."

Fünf Tage pro Woche jeweils zwanzig Minuten dehnen statt büffeln. Macht am Ende 100 Minuten. Fehlt diese Zeit nicht an anderer Stelle? "Nein", sagt die Direktorin energisch. "Die Kinder kennen vielleicht noch nicht alle Details vom Schneeglöckerl, aber Zeit für Bewegung sollten wir ihnen gerade in der Volksschule gönnen."

Allgemein zu beachten

Dehnen für Kinder? So geht das!
Dehnübungen mit Volklsschülern in der Sir-Karl-Popper-Volksschule unter der Aufsicht von Physiotherapeut Kurt Waltl.

Die Übungen langsam einleiten, beim Dehnen ruhig atmen, immer unter der Schmerzgrenze dehnen, 12 bis 15 Wiederholungen, am Ende langsam ausleiten.

Richtig üben

Wichtig ist zunächst eine sichere Ausgangsstellung. Bestmögliche Dehnung der Muskeln durch schonendes, kontrolliertes Üben. Es sollten so wenige Hilfsmittel wie möglich verwendet werden.Die Übungen sollten jederzeit und überall ausführbar sein.

Verkürzte Muskeln

Sie entstehen durch schwere Arbeit hartes Training, schlecht koordinierte Bewegungen, schlechte Körperhaltung, Inaktivität, einseitige Bewegungen, Verletzungen und Schmerzen.

Symptome von Verkürzungen

Steifheit, Müdigkeit, Unsicherheit. Auf Dauer können Verkürzungen von Muskeln und Muskelgruppen Schmerzen und auch Krämpfe hervorrufen.

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