Lehre soll so viel zählen wie eine Matura

Lehre soll so viel zählen wie eine Matura
Die Wirtschaftskammer fordert eine Aufwertung der Lehrausbildung. Firmen finden schwer geeignete Kandidaten

Eine Lehre - viel Arbeit, wenig Prestige. Wohl ein Grund, warum immer weniger Jugendliche sich für eine duale Ausbildung entscheiden. Waren es 1980 noch circa 47 Prozent, die nach der Schule in die Lehrer gehen, sind es heute nicht einmal 40 Prozent. Die Demografie verschärft das Problem noch: 1980 gab es 130.000 15-Jährige, 2013 sind gerade noch 89.000.
Die Folge: Den Betrieben gehen die Lehrlinge aus. Das macht auch eine Umfrage der Wirtschaftskammer Österreich deutlich. Danach haben 67 Prozent der Betriebe Schwierigkeiten die der Lehrlingssuche. Besonders hart trifft es die Tourismus- und Freizeitwirtschaft: 15 Prozent konnten keine Lehrlinge finden, 34 Prozent nur unter größten Mühen und 22 Prozent tat sich „eher schwer“. Auch Gewerbe, Handwerk und Handel haben Probleme bei der Lehrlingssuche. Während die Industrie offensichtlich nach wie vor ein attraktiver Arbeitgeber ist: Nur 9 Prozent der Betriebe fand keinen Auszubildenden, 15 Prozent „sehr schwer“ und 19 Prozent „eher schwer.“

WKO: "Lehrabschluss aufwerten"

Eine weitere Forderung der Wirtschaftskammer: „Lehre und Schule sollen endlich als gleichwertige Abschlüsse gelten.“ Ein Weg dorthin: Die Einführung eines Nationalen Qualifikationsrahmens, wie ihn die EU 2008 für alle Mitglieder empfohlen hat.
Die Idee: Jeder Bildungsabschluss soll eine Stufe zugeordnet werden. Akademische und berufliche Ausbildung sollen dann gleichwertig werden. Ingesamt acht Stufen soll es geben:

Stufe 1: kein Schulabschluss

Stufe 2: Hauptschulabschluss oder Poly

Stufe 3: Berufsbildende Mittelschule, also eine meist dreijährige Fachschule

Stufe 4: AHS-Matura und Lehrabschluss

Stufe 5: Berufsbildende Höhere Schule wie HTL oder HAK

Stufe 6: Bachelor oder Meister

Stufe 7: Master oder – auf beruflicher Seite – Baumeister oder Zivilingenieur und

Stufe 8: PhD (vormals Doktor).
Mit diesen Zuschreibungen sind allerdings keine Berechtigungen verbunden. Wer eine Lehre hat, darf nicht automatisch an die Fachhochschule.

Internationales Vorbild

Österreichs duales Ausbildungssystem ist international mittlerweile hoch angesehen. Delegationen aus zahlreichen Ländern lassen sich das System vorführen, um es selbst nachzuahmen. Hatte die OECD lange Jahre die hohe Akademikerquote bemängelt, so wird Österreich mittlerweile in ihrer Studie „Education at a Glance“ ausdrücklich dafür gelobt, dass das Land den höchsten Anteil an Jugendlichen hat, die in einer beruflichen Ausbildung stehen - nämlich 76 Prozent (incl. BHS).
Größte Konkurrenz der Lehrbetriebe sind die Schulen. Diese versuchen, den sinkenden Geburtenzahlen zu trotzen, indem sie mehr Schüler in die Sekundarstufe II (=Oberstufe) aufnehmen. Michael Landertshammer von der WKO kritisiert: „Da werden ganz bewusst Jugendliche aufgenommen, obwohl von Anfang an klar ist, dass diese den Abschluss nicht schaffen werden.“ Ursache sei , dass die Schule immer zu einem Stichtag – zu Beginn des Schuljahres – ein Budget erhält. Wer da mehr Schüler hat, bekommt mehr Geld. Landertshammer schlägt deshalb vor, die Finanzierung der Schulen zu ändern „Diese soll abhängig gemacht werden von der Anzahl der Absolventen. Gleichzeitig muss auch die Qualität der Ausbildung dort überprüft werden, damit Schulen nicht einfach das Niveau senken, nur um mehr Absolventen zu lukrieren.“

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