Woher das Geld für Wissenschaft kommen soll

Markus Hengstschläger und Harald Krassnitzer kamen auf Einladung von Erwin Hameseder
Schauspieler Krassnitzer und Genetiker Hengstschläger diskutieren über Förderung von Wissenschaft, Eliten und der breiten Masse.

Genetiker und ÖVP-Wähler Markus Hengstschläger ist sich mit dem Schauspieler und Sozialdemokraten Harald Krassnitzer einig: Österreich muss mehr in Bildung und Forschung investieren. Die nötigen Mittel könnten – zweckgebunden – über Vermögenssteuern gewonnen werden. "Natürlich muss es auch eine Verwaltungsreform geben, um mehr Geld im Budget zu haben", sagt Krassnitzer. "Wenn wir aber eine Vision haben und den Menschen sagen, wohin es gehen soll, kann man eine Vermögenssteuer durchaus argumentieren." Hengstschläger sieht das ähnlich: "Wir brauchen das Tal des Vertrauens, dass die Investitionen in Wissenschaft auch rechnen. Meist ist es nämlich nur eine von 10.000 Forschungen, die auch zum Erfolg führt. Da braucht es einen langen Atem."
Getroffen haben sich Hengstschläger und Krassnitzer im Rahmen der Zukunftsdebatte „Gegensätze“ im Raiffeisen Forum. Thema des Abends: „Elitenbildung versus Breitenförderung“. Eingeladen hatte Erwin Hameseder, Obmann der Raiffeisen Holding NÖ-Wien. "Es geht um die Frage, was wir in Zukunft erreichen wollen, was unserer Gesellschaft wichtig ist", sagte er einleitend.

Jeder ist Elite

Breitenförderung oder Elite also. Für Hengstschläger ist klar: „Elite ist das Einzige, was zählt. Allerdings nur unter der Prämisse: Jeder kann Elite werden – jeder in einem anderen Bereich. Das muss man fördern und nicht die Breite, also den Durchschnitt.“ Krassnitzer entgegnete, dass man eine breite gebildete Basis braucht, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Er nannte als Beispiel Steyr: „Dort ist die Akademikerquote sehr gering. Dafür gibt es sehr viele Facharbeiter. Konzerne wie BMW wissen das zu schätzen und investieren dort besonders viel.“ Der Schauspieler stört sich generell an dem Begriff „Elite“. In der Wirtschaftskrise habe sich gezeigt, dass diese völlig versagt habe: „Sie hat nur die eigenen Interessen vertreten und ohne Moral gehandelt.“ Außerdem: „Wenn jeder Elite ist, ist das nicht wieder Gleichmacherei?“
„Nein“, sagt Hengstschläger. „Man ist nicht Elite, man wird es. Es gilt nicht nur, sein Talent zu entdecken, sondern auch zu üben, üben, üben.“ Wer Elite sein will, der kann das nur im Team, weil da jeder seine individuellen Fähigkeiten einbringen könne. Deshalb müsse laut Hengstschläger vor allem soziale Kompetenz gefördert werden.

Jeder ist kreativ

„Jeder kommt als kreatives Individuum auf die Welt, muss aber ein Leben lang dagegen ankämpfen, dass er nicht als Kopie stirbt“, so Hengstschläger. So wies er darauf hin, dass Kreativität oft nicht in vorgegebene Normen einzuordnen ist und daher leider bereits im Kindergartenalter gegengesteuert wird. „Breitenförderung würde in meinem Verständnis zu Elitenbildung führen, aber nur, wenn jeder in seinen Talenten gefördert wird. Wir haben etwas verbrochen, wenn wir durch Gleichmacherei alles verhindern“, ärgert sich Hengstschläger.

Krassnitzer stimmt zu: „Wie können wir Themen vermitteln, wie etwa Kunst oder Wissenschaft, wenn wir jegliche Unterrichtsgegenstände, die diese Felder den Kindern und Jugendlichen näherbringen – von Musik bis hin zu Ethik oder auch Literatur – aus dem Lehrplan streichen?“ Schließlich diene jetzt schon Wikipedia als Basis für die meisten Referate. Hengstschläger gab Krassnitzer in diesem Punkt Recht und ergänzte: „Es gibt keinen besseren Ansatz, um Talent zu entdecken, als ein vielfältiges Angebot an Inhalten“. Gleichzeitig bat er auch die nächste Generation um Nachsicht. „ Derzeit klappen wir Annahmen darüber, welche Berufsfelder wir künftig benötigen, aus der Vergangenheit nach vorne in die Zukunft. Wir brauchen eine nächste Generation, die enorm stark ist, um den Weg einzuschlagen, den sie für richtig hält – unabhängig davon, wie wir das heute sehen“, brach Hengstschläger eine Lanze für Individualität und auch für Studien, die nicht auf den ersten Blick Rentabilität versprechen.

Info: „Gegen-Sätze“ ist eine Veranstaltungsreihe der Raiffeisen NÖ-Wien. Dieses Format greift gesellschaftsrelevante Themen auf und stellt unterschiedliche Meinungen gegenüber. In einer hochkarätig besetzten Debatte mit Top-Referenten aus dem In- und Ausland sollen Einschätzungen über und Antworten auf brennende Themen der modernen Gesellschaft gegeben werden.

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