Der nächste El Niño kommt bestimmt

El Nino-Phänomen Sturm
Wie es den Südpazifik durcheinanderbringt und warum es demnächst wieder so weit sein dürfte.

Wäre man Hellseher, könnte man demnächst mit einer Aussage Eindruck schinden: "Die Preise für Nickel werden schon bald steigen und schuld dran ist das Christkind!"

Unglaublich, aber wahr: Das ist eine wissenschaftliche Aussage. Börse-Analysten haben sich unlängst mit den Auswirkungen von El Niño (das Klimaphänomen, das oft rund um Weihnachten auftritt und daher auch "das Christkind" genannt wird) auf Rohwaren auseinandergesetzt. Dabei fanden sie heraus, dass das Klimaphänomen natürlich besonders die Ernten beeinflusst. Der größte durchschnittliche Preis-Ausschlag in El-Niño-Jahren tritt aber bei Nickel auf. Grund: Dürren in Indonesien, einem der wichtigsten Nickelproduzenten, senken den Wasserstand von Flüssen, die unerlässlich für den Transport des Metalls sind.

2009 war El Niño das letzte Mal da. Demnächst könnte die tropische Klimaschaukel wieder in Schwung kommen: Denn statistisch betrachtet ist der Pazifik alle vier bis fünf Jahre überdurchschnittlich warm. Und tatsächlich: "Im Pazifik braut sich etwas zusammen", twitterten US-Forscher unlängst. Nachdem die Weltwetterorganisation verkündet hatte, dass El Niño offenbar wieder im Anmarsch ist, braucht man also kein Hellseher zu sein, um das mit den Nickel-Preisen vorherzusehen.

Christkind kommt

"Momentan schaut es danach aus, dass es wieder zu einem El Niño kommen wird", bestätigt auch Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). "Die Wahrscheinlichkeit, dass das noch im Sommer passieren wird, liegt bei 70 Prozent. Für den Herbst und Winter steigt sie sogar auf 80 Prozent." Was die Klimaforscher recht sicher macht: Derzeit steigt am Äquator im Pazifik die Meeresoberflächentemperatur. Was noch für einen El Niño spricht: Dass sich die Südost- bzw. Nordost-Passate etwas abschwächen. Und das bedeutet, dass der Windschub an der Meeresoberfläche nachlässt und das warme Wasser vom Westpazifik in den Ostpazifik hinüberschwappen könnte.

Ein internationales Forscherteam unter Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel geht noch weiter und meint, dass der klimatische Ausnahmezustand schon bald Normalität sein könnte. Anhand von zahlreichen Klimamodellen rechnen sie mit einem dauerhaften El Niño, wie sie im Fachjournal Climate Dynamics schreiben.

Dauer-Niño

Tobias Bayr und seine Kollegen haben für die Analysen mehr als 36 verschiedene Modelle mit einer Vielzahl von Szenarien verwendet. Durch diese speziellen Analyseverfahren konnten aus einer Vielzahl von Experimenten sehr zuverlässige Signale extrahiert werden. "Und die deutliche Mehrheit der Modelle sagt voraus, dass wir durch die Klimaerwärmung am Ende dieses Jahrhunderts einen leichten, mehr oder weniger dauerhaften El-Niño- Zustand bekommen werden", behauptet Bayr.

Tatsächlich langfristig beobachten lässt sich dieser Trend aber noch nicht, eher im Gegenteil: Beobachtungen aus dem Zeitraum von 1979 bis 2012 zeigen einen gegenläufigen Trend. Demnach verschiebt sich das verantwortliche Tiefdruckgebiet im Schnitt nach Westen, die Luftzirkulation entlang des Äquators wird sogar stärker. Klimaforscher Tobias Bayr lässt den scheinbaren Widerspruch nicht gelten und meint: "Wir halten es für sehr unwahrscheinlich, dass die Modelle die Entwicklung falsch vorhersagen."

Wie auch immer: Hierzulande kann uns der Meteorologen-Disput egal sein. "Auf Mitteleuropa hat El Niño kaum Einfluss", beruhigt der Wiener Klimaforscher Orlik. Es sei denn, jemand will sich auch als Hellseher – oder Spekulant – betätigen.

Denjenigen sei eine japanische Studie ans Herz gelegt, deren Resultate im Fachmagazin Nature publiziert wurden. Sie beschäftigt sich mit den Folgen von El Niño auf die globalen Ernteerträge zwischen 1984 und 2004. Ergebnis: Das Christkind bringt 2,1 bis 5,4 Prozent mehr Sojabohnen.

Wie El Niño funktioniert

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