Garderobe mit gutem Gewissen

Garderobe mit gutem Gewissen
Online-Kleiderbörsen und Tauschpartys schonen Konto und Umwelt

Der Kleiderschrank platzt aus allen Nähten. Ein brauchbares Outfit findet sich trotzdem nicht. Anderes, Neues, Besseres muss her – also schnell in das nächste Mode-Geschäft, um noch mehr zu kaufen.

Szenarien wie diese möchte Sophie Utikal verhindern. Vor sechs Jahren gründete die deutsche Studentin "Kleiderkreisel", eine Online-Kleidertauschbörse, die mittlerweile 760.000 Mitglieder hat. Das Konzept: Nicht mehr getragene Kleidungsstücke werden verkauft, verschenkt oder getauscht. "In unseren Kleiderschränken häufen sich Berge ungenutzter Kleidung, während wir immer weiter kaufen", sagt Utikal. "Statt die Produktion weiter anzukurbeln, regen wir dazu an, Ungenutztes wiederzuverwenden und so die Umwelt zu schonen."

Seit Kurzem gibt es die Website auch in Österreich: Auf www.kleiderkreisel.at suchen mehr als 150.000 Artikel einen neuen Besitzer. Viele der Anbieter sind Modeblogger. Wer tauscht, ist also in bester Gesellschaft.

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Luxus Vintage
Mehr nobel als hip geht es in Luxus-Secondhand-Shops zu. Einen davon führt Evelyn Herzog-Rechberger: Bei "Vermani" im 14. Wiener Bezirk wird Chanel-Taschen, Dior-Sonnenbrillen oder Prada-Kleidern kostengünstig zu einem zweiten Leben verholfen. Die Namen ihrer Lieferanten möchte die ehemalige Kosmetikvertreterin nicht verraten. Nur so viel: "Mich beliefern ausschließlich gut situierte Privatpersonen." Sowohl unter den Zulieferern als auch unter den Käufern seien bekannte Schauspielerinnen.
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Vermani

Dass wohlhabende Frauen kein Geld für getragene Luxus-Kleidung ausgeben wollen, hält Herzog-Rechberger für einen Irrglauben. "Erstens habe ich auch Teile von früheren Kollektionen, die es woanders nicht mehr gibt, zweitens sind auch reiche Leute froh, wenn sie sparen können. Und drittens ist es einfach sinnvoll."

Keine Müllhalde

Sinnvoll sind auch die Partys, die Cloed Baumgartner veranstaltet. Statt Telefonnummern werden auf den "Swap Partys" Kleidungsstücke ausgetauscht. Die Idee kam der Modedesignerin vor vier Jahren. "Das Prinzip vom Kleidertausch ist ja nicht neu. In der Familie machen wir das schon immer. Ich wollte die Idee vom Kleidertausch salonfähig machen." Mit ihren Partys will sie der Wegwerfgesellschaft die lange Nase zeigen. "Ist doch toll, wenn man Kapital aus seinem Kleiderschrank schlagen kann."

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Swap Party

Das löchrige, ungewaschene T-Shirt wird seinen Weg nicht auf die "Swap Party" finden – Baumgartner legt Wert auf Qualität. "Ich akzeptiere nur hochwertige Sachen in sauberem und gutem Zustand, zum Beispiel ungetragene Fehlkäufe. Besonders gerne nehme ich spezielle Teile mit Geschichte, mit Wert. Wir wollen keine verlängerte Müllhalde werden."

Seit 2010 hat sie mit ihrem Team vier Partys mit bis zu 400 Teilnehmern veranstaltet. "Die Nachfrage ist ein Wahnsinn. Die Menschen haben eingesehen, dass sie nicht ewig Ressourcen verbrauchen können."

Derzeit ist keine Party geplant. Es sei schwierig, eine passende Räumlichkeit zu finden. "Der Raum sollte groß und leer sein. Und nichts kosten." Geld verdient Baumgartner mit ihrer Idee nämlich nicht. "Darum geht es aber auch gar nicht. Ich will eigentlich nur die Welt verbessern."

Ein hoher Verkaufspreis ist kein Garant für eine faire Herstellung, bestimmte Gütesiegel hingegen schon, erklärt die Journalistin Susanne Wolf in ihrem Ratgeber "Nachhaltig leben": Das Bio-Zertifikat für Baumwolle garantiert einen ökologischen Anbau der Faser, der Global Organic Textile Standard (GOTS) neben der Umweltfreundlichkeit auch die sozialen Standards. Unter www.cleanclothes.at findet man eine Liste mit Herstellerin, die fair produzieren lassen. Die nachhaltigste Methode ist laut Wolf aber: weniger oder Gebrauchtes kaufen.Aktuell setzen verschiedene Modemarken mit Recycling-Aktionen ein Zeichen gegen die Wegwerfmentalität, zum Beispiel der schwedische Textil-Riese H&M: Wer nicht mehr gebrauchte Kleidungsstücke in ausgewählten Filialen abgibt, erhält einen Rabattgutschein auf den nächsten Einkauf. Die Kleidung wird, je nach Zustand, in Second-Hand-Shops wiederverkauft, zu Putzlappen umfunktioniert oder anderweitig verwendet. H&M gibt an, mit der Aktion nichts zu verdienen. Auch Intimissimi springt auf den Recycling-Zug auf. Bis 31. Mai bietet das Unterwäsche-Label Gutschriften für alte Kleidung, die in Sammelcontainern in den Geschäften abgegeben werden kann.

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