Kindergarten: Einst Bewahranstalt, heute erste Bildungseinrichtung

1.633 Stellen gibt es in den Kinder- und Jugendservices der Stadt Linz. 843 davon in den Kindergärten.
Ein Buch über die Geschichte der frühen Erziehung als Vermächtnis von Heidemarie Lex-Nalis, Vorkämpferin der Elementarpädagogik.

Kinder liefen über Jahrhunderte „irgendwie mit“. Dass man sie bereits vor der Schule in eine Betreuungseinrichtung gab, ist eine relativ moderne Erfindung. Erst im Jahre 1830 wurde in Wien die erste „Bewahranstalt“ für „Proletarierkinder“ gegründet.

Wie sich der Kindergarten seither verändert hat, welchen Wandel die Pädagogik und der Beruf der Kindergärtnerin seither erfahren haben, beschreiben Heidemarie Lex-Nalis und Katharina Rösler im Buch „Geschichte der Elementarpädagogik“. Das Buch ist so etwas wie ein Vermächtnis von Lex-Nalis. Die 2018 verstorbene Pädagogin war über Jahre so etwas wie das Gesicht der Elementarpädagogik. Sie kämpfte dafür, aus dem Kindergarten eine Bildungseinrichtung zu machen. Denn noch immer ist der Kindergarten in den Köpfen vieler eine „Bewahranstalt“, in der sich „Tanten“ um die Jüngsten kümmern.

Diese Aufgabe hatte er vor allem in der Zeit der Industrialisierung: Als immer mehr Menschen in die Städte zogen, waren Großmütter und

-väter nicht mehr in der Nähe, und die Eltern konnten ihre Kinder nicht mit in die Fabrik nehmen. Deshalb wurden neue Formen der Betreuung gesucht – Bewahranstalten, in denen Wärterinnen auf die Kinder „aufpassten“.

Der erste österreichische Kindergarten wurde am Rennweg in Wien eröffnet – damals von privaten Spendern finanziert. Später waren es die Gemeinde Wien sowie die katholische Kirche, die diese Einrichtungen betrieben. Selbst zwei Wochen alte Säuglinge wurden seit Mitte des 19. Jahrhunderts betreut. Am Konzept änderte sich lange Zeit wenig.

Aufs Topferl

Noch bis 1980 durften ausschließlich Frauen als „Tanten“ arbeiten. Von da an begann man, das Kind mehr in den Mittelpunkt zu stellten. Bis dahin galt Disziplin als oberstes Erziehungsziel – so mussten die Kleinsten eine Stunde lang am Topferl sitzen, wie Lex-Nalis aus eigener Erfahrung berichtet.

Mit dem neuen Blick aufs Kind begann man, den Beruf der Kindergartenpädagogin neu zu definieren und die Ausbildung zu ändern. Der Begriff Tante wurde tabu. Doch so richtig angekommen, sind viele Pädagoginnen immer noch nicht, wie Lex-Nalis beobachtet. „Sie sind innerlich noch Tanten und verkörpern somit ein uraltes Frauenbild“. Das hängt auch mit der Ausbildung zusammen, die nur im Ausnahmefall auf Hochschulen gemacht wird – in fast allen Ländern Europas ist das der Normalfall.

Kommentare