Wir spielen "tickende Zeitbomben"
Nicht. Bitte nicht die 5f. Der Lehrer, den der Direktor in diese Klasse schicken will, fleht. Wirft sich vor dem Schul-Chef auf den Boden. Und wird erhört. Das Häuflein Hoffnungsloser bleibt sich selber überlassen. So weit der Plott von Nigel Williams "Der Klassenfeind". In vielen Inszenierungen geht's ziemlich heftig, gewalttätig bis beinahe zur Unerträglichkeit zur Sache. Derzeit wird im Palais Kabelwerk eine Version in einer Kooperation von Wiener Vorstadttheater und Grüner Kreis gespielt. Ziemlich ruhig. Manchmal blitzt die Aggression - durch einen umgestoßenen Sessel beispielsweise - auf. "Wir sind da eher tickende Zeitbomben", bringt Stefan, der den "Iron", den harten Obermacker gibt, auf den Punkt, wie die Rollen hier angelegt sind.
Sich selbst überlassen, beschließen die sechs Jungs, selbst für Unterricht zu sorgen - über Themen, bei denen sie sich auskennen. Sex, Gartenbau, Kochen, das Einschlagen von Fenstern oder Schimpftiraden auf "die Ausländer" sind solche. Gar nicht so einfach, den Lehrer zu spielen. Noch dazu, wenn's die anderen eh nicht wirklich interessiert. So wie ihnen auch alles andere ziemlich wurscht ist. Null Perspektive.
Selbstsicherheit und sozialer Umgang
Ganz im Gegensatz zu den Darstellern. Für die meisten eine neue Erfahrung, nur Marc "hab einmal in Niederösterreich bei einem Musical mitgemacht". Und Sascha: "hab schon öfter aufgelegt, aber ich hab mitgemacht, weil ich mehr Selbstsicherheit kriegen wollte und außerdem wollte ich mitmachen, weil ich wieder mehr sozialen Umgang lernen wollte nachdem ich lange viel allein war."
Stefan und Christoph hingegen kostete der Schritt auf die Bühne keine große Überwindung. Sie bezeichnen sich beide als Stimmungskanonen, was sie bislang rein im Freundeskreis ausgelebt haben. Flo: "Ich mach Musik und will nach der Therapie in einer Band spielen und so hab ich mir gedacht, dass mir das Theaterspielen helfen kann, späteres Lampenfieber zu vermeiden."
Die mehr als ein halbes Jahr - drei Mal in der Woche jeweils drei bis vier Stunden - dauernden Proben am Stück verstanden alle Schauspieler "als positive Abwechslung zur Therapie" (der grüne Kreis ist eine Einrichtung für Suchtkranke).
Infos
Der Klassenfeind
Wiener VorstadtTheater und Kunst im Grünen Kreis
10., 11., 12., 14., 15. November, 20 Uhr
PALAIS KABELWERK
1120 Wien, Oswaldgasse 35A
Eintritt: Abendkasse: 18 Euro; Vorverkauf: 15 Euro; Arbeitslose & Schüler_innen: 5 Euro; mit Kulturpass "Hunger auf Kunst und Kultur": Eintritt frei!
Kartenreservierung:
Telefon: (01)802 06 50
eMail: tickets@palaiskabelwerk.at
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