„Wer zahlt die Party?"
Ob Jugend an Politik wirklich desinteressiert sei, wie sie zu Europa und der EU steht und andere Haltungen erhob die ÖVP-nahe
Julius Raab Stiftung für einen Bericht über „Die Zukunftserwartungen der Jugend". Dieser wurde beim Europäischen Forum Alpbach vorgestellt wurde. KIKU-Mitarbeiter Nikolai Atefie traf den Präsidenten der Stiftung, Dr. Harald Mahrer und bat ihn um eine Deutung der Ergebnisse.
Bei der Befragung von 1000 Jugendlichen (14-29 Jährige) ging es nicht um das „Sein-Sollende" sondern um Vermutungen zu Veränderungen der nächsten Jahre in allen Lebensbereichen. Zusätzlich haben rund 350 junge Menschen aus ganz Europa über die Online-Plattform expectations2012.eu ein Statement zu ihren Zukunftsvisionen abgegeben. Das Gesamtprojekt hat rund 90.000 Euro gekostet.
Desinteressiert?
Es heißt die Jugend ist desinteressiert an der Politik. Wie konnten sie so viele junge Menschen für die Studie finden?
Antwort: Es gibt keine Politikverdrossenheit, eher eine Politiker- und Parteienverdrossenheit. In allen Branchen fehlt es an Medienkompetenz. Die Jugend von heute hat einen besseren Zugang zu Informationen als noch vor wenigen Jahren. Mehr Information bedeutet auch mehr Transparenz und wer mehr weiß, ist auch kritischer. Die Politik hat es also mit einer gut informierten Generation aller Bildungsschichten zu tun, denen durch das Internet viele negative Dinge über Politiker in die Hände fallen. Wer nicht mit einander redet, kann nicht ernst genommen werden und auch kein Vertrauen schaffen. Man muss dort sein wo die Jungen sind und sich ihrer Mittel bedienen. Im Moment möchte niemand Macht und Einfluss aufgeben, weil man andere einbezieht. Dass dies der falsche Weg ist, muss noch gelernt werden.
Schlussfolgerungen?
Was kann man konkret aus den Erwartungen der Jugend schlussfolgern?
Positiv ist, dass knapp 80% glauben, dass
Europa ein „Kontinent der Toleranz" wird. Es wird ein Bekenntnis zu verschiedenen Lebensformen, Religionen und Ethnien in Zukunft vorhergesagt. Migration und Integration werden weiterhin als größte Herausforderung angesehen.
Ins Auge sticht, dass eine Entsolidarisierung (kein Generationenkonflikt) der jetzigen Jungen erwartet wird. Bei der zentralen Frage „Politik denkt weiter kurzfristig und Bürger wollen auf nichts verzichten: Wird erst ein großer Clash notwendige Veränderungen bringen?" antworten über zwei Drittel mit Ja. Sie glauben, dass jeder versuchen wird, das Beste für sich herauszuholen, ohne große Rücksicht auf die Gesellschaft zunehmen. Aber wer zahlt „die Party" in späteren Jahren? Natürlich werden die Jungen später für die Älteren aufkommen müssen, aber das ist denen glaube ich überhaupt nicht bewusst. Das System wird große Schwierigkeiten bekommen, ohne einen Dialog mit der Jugend.
Umsetzung?
Wie können diese Erkenntnisse nun präventiv umgesetzt werden?
Die Julius-Raab-Stiftung ist der einzige „think thank" (engl. Denkfabrik) innerhalb der Volkspartei. Wir versuchen das Augenmerk auf mehr Inhalt und weniger Personalentscheidungen zu lotsen.
Österreich ist generell ein „Wer-Land" und kein „Was-Land", das soll sich ändern. Wir wollen einen Beitrag zur Kommunikationsgrundlage zwischen Politik und Jugend liefern und laden alle Fraktionen und Organisationen ein, sich unserer Studienergebnisse zu bedienen, die wir derzeit aussenden. Wir können das System nicht in wenigen Monaten erneuern aber wir haben noch einige Asse im Ärmel.
Dr. Harald Mahrer ist Unternehmer im Gesundheits- und Energiebereich und Strategieberater. Von 1995 bis 1997 war er ÖH-Vorsitzender an der WU, seit 2011 ist er ehrenamtlicher Präsident der Julius Raab Stiftung.
Nikolai Atefie (18) berichtet für den KIKU aus Alpbach.
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