"... und dann durfte ich 20 Sekunden lang schreien!"

"... und dann durfte ich 20 Sekunden lang schreien!"
Ein österreichischer Film mit zwei starken Kindern.

Mein Name ist Mika. Ich bin zehn Jahre, drei Monte, vier Tage und zwei Stunden alt. Manchmal fühle ich mich so, als wäre ich von einem anderen Stern.
Auf der Erde gibt es sieben Milliarden Menschen. Mit einer Million siebenhundertneunzehntausend von ihnen lebe ich in der Stadt Wien. Ich bin eines von zweihundertsechsundzwanzigtausendvierhundertdreiundachtzig schulpflichtigen Kindern. Viele sagen, ich sei anders. Aber ist nicht jeder Mensch anders als alle anderen?“
Mika zu Beginn des Buches und Films „Ein Pferd auf dem Balkon“

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Petro Domenigg
Das Pferd auf dem Balkon_hoch
Zwei starke Kinder...

prägen den Film „Das Pferd auf dem Balkon“, der ab 23. November in heimischen Kinos läuft und seine Premiere im Rahmen des KinderFilmFestivals am 18. Februar erlebt. Mika (gespielt von Enzo Gaier) liebt Mathe, kann nicht lügen, kann mit Menschen wenig anfangen, braucht absolute Regelmäßigkeit beispielsweise Mittagessen immer um 14.17 Uhr. Wenn das gefährdet ist, zuckt er aus. Ziemlich heftig noch dazu. Das alles hängt mit seinem Asperger-Syndrom zusammen, einer leichten Form des Autismus.

Dana (Nataša Paunović) wohnt im selben Gemeindebau, rettet Mika aus einer Rauferei am Spielplatz und stellt sich als indische Prinzessin vor, die hier nur inkognito lebt, weil ihr Vater, der Maharadscha sie mit einem Prinzen in Indien verheiraten will.
Und dann steht eines Tages auf dem Balkon einer der Wohnungen ein Pferd. Das fasziniert Mika. Dana hilft ihm, in die Wohnung zu kommen. Mit dem Pferd kann sich der Bub anfreunden. Das ist bald einmal gefährdet, soll in die Fleischerei, weil sein Besitzer kein Geld hat. Das Abenteuer Pferderettung beginnt…

Der KiKu traf die beiden Hauptdarsteller-Kinder, aber auch „Mikas Mutter Lara“, die bekannte Filmschauspielerin Nora Tschirner zu Interviews.

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Heinz Wagner
Pferd-auf-dem-Balkon-Interviews (2)
Beide jungen Darsteller_innen...

fanden den Dreh „meist sehr lustig und schön“. Selbst das, was erstmalige Besucher_innen eines Sets als ziemlich nervig empfinden, nämlich das dauernde, ewige und viele Warten, „kein Problem, wir hatten auch viel Spaß, weil wir viel spielen konnten, zum Beispiel mit einer Wii“, erinnert sich Nataša Paunović, die am 6. November 12 Jahre alt wurde. „Mein Lieblingsspiel war dabei Tennis“. Und ihr Kollege Enzo Gaier erinnert sich vor allem „an die Blondinenwitze, mit denen wir unsere Betreuerin Susi ein wenig nerven konnten“, und fügt gleich relativierend hinzu, „aber nicht wirklich bösartig“.
Auch das was zum Film gehört, so manche Szene oder Einstellung wiederholen zu müssen, ging den beiden Kids nicht auf den Wecker. Die Dana-Darstellerin meint sogar: „Es war auch ein bisschen lustig und ich hätte gern das eine oder andere sogar noch öfter wiederholt.“
Der vielsprachigen jungen Dame – aufgewachsen mit Deutsch, Rumänisch und Serbisch und natürlich Englisch aus der Schule - gefiel „am besten die Szene, wo wir alle gemeinsam im Wohnzimmer so ein großes Romafest feiern (da geigt unter anderem Moša Šišič auf) und wir alle singen, lachen und manche sogar auf dem Tisch tanzen“.

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Petro Domenigg
Das Pferd auf dem Balkon (14)
50 Kids am Fußballplatz

Geige ist übrigens auch Enzo Gaiers Instrument, das er seit einigen Jahren spielt. Außerdem singt er im Kinderchor der Wiener Volksoper, frönt aber auch einer Reihe sportlicher Betätigungen (Fußball, Radfahren, schwimmen, tauchen, Snowboarden). Das Chorsingen war auch die stimmliche Übung für jene Szene, in der er laut schreien muss. „Da hab ich gefragt, darf ich da wirklich schreien. Darf ich wirklich laut schreien. Und dann durfte, ja sollte ich sogar – da hab ich dann 20 Sekunden geschrien.“ Die Szene (als es eines Tages eben mit dem Essen nicht um 14.17 Uhr perfekt passte) war eine seiner liebsten. „Es gab aber auch eine schwierige, nämlich die beim Fußballspielen. Da sind ungefähr 50 Kinder auf dem Platz und bis da alle immer alles richtig machen, das hat schon gedauert…“
Um sich auf seine Rolle vorzubereiten, „hab ich mir im Internet zwei Videos über das Asperger-Syndrom angeschaut und mir das bei den Szenen immer so vorgestellt, mit der Zeit ist das dann aber fast von selber gekommen. Manches ist mir sogar noch eine Zeitlang geblieben, zum Beispiel, dass ich Leuten nicht in die Augen schaut, wenn ich mit ihnen rede.“

Beide sind übrigens aus großen Familien, Enzo Gaier hat vier Geschwister und Nataša Paunović eine Schwester und zwei Zwillingsbrüder, mit dem Nachteil auch den Computer immer teilen zu müssen, „aber jetzt krieg ich dann einen eigenen Laptop“, freut sie sich.

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Tierischer Filmtrailer

"... und dann durfte ich 20 Sekunden lang schreien!"
Die 31-jährige Nora Tschirner, die als Lara eine herrlich unaufgeregte aber doch sehr gefühlvolle Mutter Mikas spielt, fühlt(e) sich schon seit früher Kindheit zum Schauspiel hingezogen. In ihrer, der Rosa-Luxemburg-Schule im Berliner Bezirk Pankow wählte sie als eines der Pflicht- und Abitur (Matura)-Fächer Theater. „Ich weiß eigentlich auch nicht mehr genau, weshalb, es hat mich angezogen, weil das eines der wenigen Fächer war, wo hinterfragen im Gegensatz zu fast allen anderen schulischen Gegenständen erwünscht war. Außerdem ist dabei auch die eigene Fantasie gefragt, das erhöht dein Selbstwertgefühl. In der Schule wird das so ja oft nicht gerade gesteigert.“
Verblüffend sei gewesen, als sie mit ihrer Theatergruppe beim Schultheaterfestival Mühlhausen aufgetreten sei und „bezweifelt wurde, dass wir das Stück selbst erarbeitet hatten. Das sei zu professionell, um aus Schülerhand zu stammen, hieß es. Da wussten wir, wir sind echt gut!“
Theater ist schon länger passé, seit Jahren spielt sie fast ausschließlich in Filmen, darunter waren mit den „Vorstadtkrokodilen“ auch schon vorm „Pferd auf dem Balkon“ Kinderfilme. Ob es speziell Außenseiter-Geschichten seine, die sie ansprechen würden?
„Die Geschichte, das Drehbuch muss mich ansprechen, interessant sein, dass es sich da öfter um Außenseiter handelt, ist mir so gar nicht aufgefallen, aber ja, wahrscheinlich sein die einfach die spannenderen“, meint Tschirner.

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Mother and Child Rehabilitationcenter (MCRC)
Bilder aus dem Mother and Child Rehabilitationcenter (MCRC) im äthiopischen Addis Abeba (2)
Starkes Schauspiel

Neben Drehs engagiert sie sich in einigen Sozialprojekten, besonderes Herzensanliegen ist ihr das Mother and Child Rehabilitationcenter (MCRC) im äthiopischen Addis Abeba. Dort hat sie mit Kindern und Jugendlichen Theaterworkshops gemacht. „Und das glaubst du nicht, welch starke Geschichten, die oft ihre eigenen sehr harten Erlebnisse sind, diese Kinder und Jugendlichen zu Szenen verarbeiten und wie dann härteste Momente rund um Tod einander mit witzigen Momenten abwechseln.“

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