Torte mit Stäbchen und Kulanjango

Torte mit Stäbchen und Kulanjango
Kinder und Jugendliche der Jury der jungen Leser_innen wählten ihre Buchfavoriten

Ein bisschen wirkt es hier wie auf einem Dachboden. Die Treppe rauf, ein kleiner Raum, zwei Stellwände voller Bücher, am anderen Ende eine gemütliche Couch. In der Mitte stehen drei zusammen geschobene Tische, auch hier viele Bücher und ein Laptop. Vorerst sitzt mit Nikola Pilsel, Sarah Rabong und Fanny Pech die Hälfte der zweitjüngsten Jury der jungen LeserInnen, vor sich halten sie das Buch ihrer gemeinsamen Wahl: Torte mit Stäbchen - eine Jugend in Schanghai von Susanne Hornfeck (dtv, Reihe Hanser).

Torte mit Stäbchen und Kulanjango
Nach und nach trudeln Gregor Schindler, Matthias Neumeister und vor allem Selma Köhler ein. Auf sie haben alle sehnsüchtig gewartet, soll doch der große Auftritt vor Publikum am Ende der Woche geprobt werden. Dafür lassen sich die verschiedenen Altersgruppen der Jury derer für die Kinder- und Jugendbücher ja eigentlich geschrieben sind, oft ein bisschen was aktionistisches einfallen. Hier sozusagen aufgelegt: Sarah Rabong hat schon ihre wunderschönen Stäbchen ausgepackt. „Ah, ohhhh, hast du die Torte mit?“, kriegt Selma Köhler zu hören. Bevor noch „hallo“ über die Lippen der schon Anwesenden kommt.

„Natürlich, Cupcakes mit Kirsch-Gelee und Schlagobers, alles selber gemacht, nur das Schlagobers nicht!“ Letzteres spritzt die Sechste im Bunde dann aus der Dose auf die nach und nach mit dem Gelee beschmierten Küchlein-Hälften während sie noch meint, dass sie „erstens überhaupt gerne bäckt und außerdem war das gar nicht so aufwändig, eine halbe Stunde das war’s!“

Doch nun weg vom Präsentationshöhepunkt zum Objekt, das gefeiert wird und dessen Autorin zur Preisverleihung selber kommt und zu den Beweggründen der viellesenden Kids, gerade Hornfecks Roman ausgewählt zu haben.

Übereinstimmend...

Torte mit Stäbchen und Kulanjango
... meinen alle vier Jurorinnen und zwei Juroren wie Fanny Pech einleitet: „Es hat uns einfach allen am besten gefallen“. Auf Nachfragen gehen die jungen VielleserInnen, die lieber gedruckte Bücher in Händen halten als eBooks („nur wenn etwas in der Bücherei immer ausgeliehen ist, dann lad ich mir das schon aufs eBook“, so Nikola Pilsel), dann doch einzeln ein wenig in die Tiefe: „Es handelt zwar vom 2. Weltkrieg und Inge (sie ist da 9 Jahre), die mit ihrem jüdischen Vater und ihrer christlichen Mutter aus Deutschland flüchten muss. Aber auch von einem ganz anderen Thema: Zu einer Gruppe gehören, zu anderen zu stehen, ausgegrenzt zu werden…, aber es ist einfach eine sehr gut geschriebene Geschichte“, beginnt Sarah Rabong.

„Die Hauptperson ist zuerst in Deutschland als Tochter des jüdischen Vaters ausgegrenzt. Dann in Schanghai fällt sie als Mädchen mit langen blonden Haaren auf und in der jüdischen Schule, die sie wie andere Flüchtlinge besucht, ist sie als Tochter der christlichen Mutter frisch wieder eine Außenseiterin“, ergänzt Nikola Pilsel. „Das wollt ich auch grad sagen!“, meint Fanny Pech.

Leicht und doch hintergründig

Selma Köhler, die Törtchen-Bäckerin: „Das Buch ist wahnsinnig gut geschrieben, sehr einfühlsam und liest sich leicht und schnell, ist aber trotzdem kein Lesefutter, weil es hintergründige Geschichten aufgreift, die doch zum Nachdenken einladen.“

Gregor Schindler greift einen weiteren Aspekt des rund 370 Seiten starken Buchs auf: „So nebenbei erfährt man in „Torte mit Stäbchen“ viel über chinesische Kultur in den 40er Jahren.“

Daran knüpft auch Matthias Neumeister an: „Du kriegst tiefe Einblicke ins Leben in Schanghai zur Zweit des 2. Weltkriegs. Über Deutschland, Österreich, Europa hat man schon viel gehört und gelesen, aber da ist viel Unbekanntes drin. Außerdem ist das Buch atemberaubend und sehr interessant geschrieben.“

Torte mit Stäbchen und Kulanjango
Für viele Lacher oder wenigstens Schmunzler sorgt bei den Jüngsten der 11-jährige Ruben Kastor Morad. Das beginnt mit vielen Grimassen und zieht sich dann auch durch manche Formulierungen. Mit Manuela Sandri (12) war er sich ziemlich schnell „und schon vor langem einig“:Der Ruf des Kulanjango von Gill Lewis (dtv junior)ist ihre Nummer 1. Der dritte verbliebene Jüngst-Juror der 12-jährige Georg Henle hatte ein anderes Buch auserkoren: Felicity Gallant und das Auge des Sturms von Melanie Welsh (Dressler Verlag). „Ich hab es spannender gefunden als Kulanjango“, meint Letzterer. „Weil Ruben und Manuela ja schon seit ein paar Jahren Jury-Erfahrung haben und ich erst in dem Schuljahr dazu gekommen bin, hab ich mich damit abgefunden und ich kann mit der Entscheidung leben. Das andere war ohnehin mein zweitliebstes.“

Wahnsinnig energievoll und emotionsreich

Torte mit Stäbchen und Kulanjango
Und dann kommt vor allem Ruben Kastor Morad ins Schwärmen über Kulanjango: „Das Buch ist wahnsinnig energievoll und emotionsreich, ich will nicht sagen, dass es so viel Power hat wie eine Sonne, aber schon wie ein roter Zwerg. Und trotzdem ist es so weich und rund, während ich Felicity als kalt und eisig empfinde.“

Für Manuela Sandri gab den Ausschlag, „dass ich mich bei Felicity, das ich schon auch gut fand, schon am Ende nicht mehr an alle Details vom Anfang erinnern konnte. Bei Kulanjango hingegen war’s so, dass, obwohl wir’s als allererstes im September gelesen hatten, jetzt noch alles da ist wie in einem bunten Film, während aus vielen anderen Büchern ich zwar den Inhalt noch weiß, aber viele Einzelheiten verblasst sind.“

Und Ruben ergreift noch ein weiteres Mal Partei für seine Wahl: „In der Mitte geht’s zwar ziemlich runter, weil eine Hauptfigur stirbt, aber nachher baut es sich wieder stark und gut auf. Und wenn du ganz unten bist und es wieder rauf schaffst, dann ist das ja noch größer wie wenn du immer nur weiter und weiter raufsteigst.“

Ach ja, irgendeine Szene sollten wir vielleicht bei der Preisverleihung auch spielen“, schlägt er danach vor. „Außerdem will ich was sagen, was die Leute zum Lachen bringt!“

www.juryderjungenleser.at

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