"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"
"aktionstheater ensemble" spielt in "Pension Europa" mit Grenzen und stellt sie in Frage.

Wo ist die Grenze? Zwischen Publikum und Bühne – in den großen Theatern leicht sichtbar. Vor Beginn trennt ein Vorhang sichtbar die Akteur_innen von den Zuschauer_innen. Bei vielen, den meisten kleinen Theatern fehlt der Vorhang. Der Blick auf die Bühne ist von Anfang an frei.

Hinterm "Vorhang"?

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

Was würde sich hinter einem imaginären Vorhang abspielen, bevor die Darsteller_innen in ihre Kostüme geschlüpft sind? Von ihrem ureigensten Metier, ihrer Profession ausgehend stellen fünf Schauspielerinnen des aktionstheater ensembles in „Pension Europa“ diese Frage. Sie sind noch in der Unterwäsche, ihre Kleidungsstücke auf der fahrbaren Garderobe. Die sechste voll in Robe knüpft zwar – nur hin und wieder - als elegante Opernsängerin mit englischen Arien (Aisha Eisa) an Diskursen der anderen fünf an, bleibt aber dennoch am Rande des Geschehens, eine Außenseiterin in einer Art Elfenbeinturm, die von anderen eher höflichkeitshalber angesprochen wird.

(Ent-)Grenzen

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

Grenzen aller Art – zwischen Ländern, Gesinnungen, Körpern und Gefühlen, Mensch, Göttern und Tieren (der Mythos von Hera/Zeus, Europa, Kuhherde und Stier) – werden in den rund 75 Minuten thematisiert, nicht nur kurz angesprochen, sondern oft tiefgehend. Nie aber in Form theoretischer Diskurse, sondern stets auf sehr praktische, persönlich berührende Beispiele runter gebrochen. Bildungsbürgerliches Gut-Sein-Wollen wird hinterfragt und aus Korn genommen: Vom Urlaub in Thailand mit Taxi-Rundfahrt zu Protestdemonstrationen (wogegen/wofür? Keine Ahnung!) bis zu „denen da unten helfen wollen“ bei der ägyptischen Revolution, „weil irgendwo musst du dich doch engagieren. Und außerdem gab's grad billige Flüge“ samt erotischem Abenteuer, „jetzt will er zu mir flüchten, aber nein, da kann ich ihn nicht brauchen!“

Heimat

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

Wohl „ewig“ in Erinnerung bleiben wird der geniale Satz Alev Irmaks: „Heimat ist dort, wo ich am besten scheißen kann...“ Dort fühle sie sich zuhause, am wohlsten.

Dass Grenzen nicht so einfach zu ziehen seien, nicht so eindeutig wären, symbolisiert das Ensemble mit dem Spiel rund um den imaginären (Theater-)Vorhang am Beginn und der Vorstellung, „wenn das jetzt Regen wäre: Da gibt’s doch nicht so eine klare Linie, wo es noch regnet und gleich daneben nicht, der Übergang ist eher fließend.

Herzhaftes Lachen

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

Die Art und Weise wie Michaela Bilgeri, Susanne Brandt, Alev Irmak, die sehr junge Isabella Jeschke und Kirstin Schwab dies zumeist in sehr ironischer, witziger, (selbst)verarschender Weise tun, ruft beim Publikum sehr oft spontanes herzhaftes, manchmal sogar brüllendes Lachen hervor. Und überwindet praktisch die ganze Aufführung lang, das was im Theater oft als sogenannte vierte Wand verhindert, dass der Funke überspringt.

"Heimat ist, wo ich gut sch... kann"

Pension Europa
aktionstheater ensemble in Koproduktion mit Bregenzer Frühling und Kooperation mit WerkX

Konzept, Regie: Martin Gruber Text: aktionstheater ensemble und Claudia Tondl Mit: Michaela Bilgeri, Susanne Brandt, Aisha Eisa, Alev Irmak, Isabella Jeschke, Kirstin Schwab. Musik: Peter Herbert (Songs: Aisha Eisa) Dramaturgie: Martin Ojster Video: Felix Dietlinger Regieassistenz: Annina Weiss

Wann & wo? Bis 17. Dezember; 12. bis 14. Jänner 2015, 20 Uhr Werk X – Eldorado; 1010 Wien, Petersplatz 1 Telefon: (01) 535 32 00 11 reservierung@werk-x.at

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